
Der Schock ist groß bei der Bevölkerung von Frühling, als ein Bus verunglückt und zahlreiche Menschen schwer verletzt werden. Während sich die Busfahrerin Kristin Schröder (Ricarda Seifried) schwere Vorwürfe macht und dadurch in eine Existenzkrise rutscht, machen sich die bei dem Unfall schwer verletzten Verena (Carin C. Tietze) und Hubert Steinmüller (Wolfgang Maria Bauer) vor allem Sorgen um ihre Tochter. Schließlich hat Mila (Luisa Wöllisch) das Downsyndrom. Zwar ist sie stark und hat sogar eine Stelle in einem Kindergarten, wo sie mit Sascha (Maximilian Klas) zusammenarbeitet. Dennoch ist sie immer wieder auf Unterstützung angewiesen. Und auch Adrian Steinmann (Kristo Ferkic) ist ziemlich mit den Nerven am Ende, aus Sorge um seine Ex Nora (Aniya Wendel), die ebenfalls im Bus saß. Viel Arbeit also für die Dorfhelferin Katja Baumann (Simone Thomalla) …
Ein Dorf voller Katastrophen
Auch wenn die Filmreihe Frühling im Rahmen der ZDF-Sonntagabendsektion Herzkino ausgestrahlt wird, geht es dabei doch recht selten wirklich um Herzschmerz-Angelegenheiten. Im Gegensatz zu Rosamunde Pilcher oder Inga Lindström, die fast ausschließlich von irgendwelchen Beziehungen oder amourösen Turbulenzen erzählen, da ist man in dem Dorf oft anderweitig beschäftigt. Da passieren so viele Katastrophen, gern aus heiterem Himmel, dass für Alltagsliebeskummer oft kein Platz ist. Ein paar Ausnahmen gibt es in der mittlerweile 37 Filme umfassenden Reihe aber natürlich schon, bei denen die Romantik eine größere Rolle spielt. Eine davon ist Liebe hinter geschlossenen Vorhängen, der 26. Teil der seit 2011 ausgestrahlten Dramen.
Der Titel bezieht sich dabei auf die Beziehung zwischen Mila und Sascha, die es offiziell gar nicht gibt, dabei aber so offensichtlich ist, dass das nicht als Spoiler durchgeht. Das Thema ist dabei durchaus interessant, besonders da es so selten angesprochen wird. Ein „normaler“ Mensch, der mit jemandem mit Down-Syndrom zusammenkommt? Geht das überhaupt? Frühling: Liebe hinter geschlossenen Vorhängen spricht dabei offen mehrere Schwierigkeiten an, auch wenn der Film dabei nicht übermäßig in die Tiefe geht. Man bleibt bei diesen Dramen dann meist doch eher ein bisschen an der Oberfläche und arbeitet die Stichwortliste ab. Eine wirkliche Entwicklung entsteht auf diese Weise nicht, dafür ist gar keine Zeit.
Zu viel Drama, zu wenig Tiefgang
Ein Grund für die diese Hektik liegt darin, dass Natalie Scharf, die von Anfang an die Drehbücher geschrieben hat, die unangenehme Neigung hat, die Geschichten bis zum Erbrechen vollzustopfen. Das ist bei Frühling: Liebe hinter geschlossenen Vorhängen nicht anders. Da geht in dem Dorf so viel schief, haben die Leute mit so vielen Problemen zu kämpfen, dass sich das mit dem auf alltäglich getrimmten Setting beißt. Natürlich bietet sich ein Busunfall dafür an, mehrere schwere Schicksale aufzuführen. Es hat aber schon etwas Zynisches an sich, wie die Filme das immer wieder instrumentalisieren und gnadenlos ausschlachten. Das wird zuweilen richtig plump umgesetzt und extradick aufgetragen, weil man dem Publikum offensichtlich nicht zutraut, eigene Schlüsse zu entwickeln oder selbst etwas zu fühlen.
Zum Teil wird das durch die schauspielerischen Leistungen wieder aufgefangen. So hat die aus Tatort bekannte Simone Thomalla immer mal wieder bewiesen, dass sie eigentlich viel zu talentiert ist für die schlechten Drehbücher. Das trifft aber nicht auf alle Schauspieler und Schauspielerinnen zu, die sich in das Dorf verirren. Das Thema des Umgangs mit Trisomie 21 hebt Frühling: Liebe hinter geschlossenen Vorhängen von anderen Filmen der Reihe ab und macht das Drama sehenswerter als viele andere. Umso ärgerlicher ist, dass dieses Thema hier derart verschenkt wird und zu einem reinen Listeneintrag reduziert wird.
OT: „Frühling: Liebe hinter geschlossenen Vorhängen“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Thomas Jauch
Drehbuch: Natalie Scharf
Musik: Siggi Mueller, Sebastian Haßler
Kamera: Clemens Messow
Besetzung: Simone Thomalla, Christoph M. Ohrt, Kristo Ferkic, Johannes Herrschmann, Caroline Ebner, Luisa Wöllisch, Maximilian Klas, Carin C. Tietze, Wolfgang Maria Bauer, Ricarda Seifried
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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