Unterschiedlicher hätte das bisherige Leben der beiden jungen Männer kaum sein können. Denn während William „Bill“ Pexton (Marvin Linke) in einer intakten, adligen Familie aufgewachsen ist, kommt Marc Oliver „Mo“ Miller (Paul Triller) aus einfachsten Verhältnissen und hat seinen Vater nie kennenglernt. Doch als die beiden sich bei der Aufnahmeprüfung für die Kampftaucher kennenlernen, freunden sie sich rasch an. Bill lädt seinen neuen Freund sogar nach Cornwall ein, auf das Landgut seiner Familie. Lord Frederic (Daniel Morgenroth) und Lady Theresa (Stephanie Japp) heißen den Fremden willkommen, nehmen ihn gern bei sich auf. Aber es dauert nicht lang, bis in ihnen ein schrecklicher Verdacht aufkeimt: Mo ist ihr wahrer Sohn und wurde bei der Geburt mit Bill vertauscht – wovon die Jungs im Gegensatz zu ihren Eltern bis heute nichts wissen …
Streng genormte Erfolgsromanze
Kaum eine Reihe im deutschen Fernsehen ruft wohl derart auseinandergehende Meinungen hervor wie Rosamunde Pilcher. Für die einen handelt es sich dabei um eine Zumutung, die quasi zum Synonym für schwülstigen Hochglanzkitsch geworden ist, für ein Sinnbild eines ewig gestrigen öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Und doch ist die ZDF-Romanzenreihe zu einem festen Pfeiler der sonntäglichen Herzkino-Programmschiene geworden. Dieses Jahr kam mit Wenn ich dich wiederfinde der bereits 169. Film heraus, der auf Geschichten der britischen Autorin basiert. Und der Bedarf ist nach wie vor riesig, jedes Mal schalten Millionen von Menschen ein. Bei Falsches Leben, wahre Liebe waren es rund 5,23 Millionen, die wissen wollten, wie es mit den beiden jungen Männern weitergeht.
Dass im Mittelpunkt des Films männliche Figuren stehen, ist durchaus bemerkenswert. Die Reihe richtet sich nicht nur an Frauen, sondern erzählt primär auch von diesen. Männer sind da oft reine Love Interests. Bei Rosamunde Pilcher: Falsches Leben, wahre Liebe ist das umgekehrt. Natürlich soll auch hier nicht auf Romantik verzichtet werden, weswegen zwei Schwestern eingeführt wurden. Da ist Abigail Collins (Caroline Hartig), die Freundin von Bill. Und da ist deren jüngere Schwester Doreen (Leonie Brill), die gern Bills Freundin wäre. Früher ging das nicht. Da war sie dick und hatte den wenig schmeichelhaften Spitznamen Donut. Jetzt ist sie schlank und damit im Rennen. Die latente Feindlichkeit gegenüber Menschen, die nicht dem Schönheitsideal entsprechen, ist weniger schön, aber keine Seltenheit in dieser Reise. Dort ist alles streng genormt.
Figuren ohne Charakter
Größere Überraschungen gibt es im 157. Teil des Dauerbrenners sowieso nicht. Diese Filme sollen bestätigen, nicht herausfordern oder in Frage stellen. Das bedeutet auch, dass wie zu erwarten die Frauen irgendwann getauscht werden, damit es besser „passt“. Rosamunde Pilcher: Falsches Leben, wahre Liebe ist da typische Konfektionsware, so austauschbar und frei von Persönlichkeit, dass es nahezu unmöglich ist, das Drama von den vielen anderen Teilen dieser Reihe zu unterscheiden. Bei den Figuren ist das sowieso komplett unmöglich. Da hat wirklich niemand so etwas wie Charaktereigenschaften, sieht man einmal davon ab, dass Lord Frederic der Ansicht ist, dass man mit Geld alles machen kann. Das ist nicht sympathisch, soll es auch nicht sein. Immerhin hat man bei ihm aber das Gefühl, es mit einem Menschen zu tun haben zu können.
Und dann wäre da noch das Thema des Babytauschs. In Filmen kommt dieses hin und wieder mal vor. Mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen: Während Hirokazu Koreeda mit Like Father, Like Son ein sensibles und präzise beobachtetes Familiendrama vorgelegt hat, läuft es meistens auf billige Seifenoper hinaus. So eben auch hier. Die Adaption der Kurzgeschichte A Saturday afternoon verpasst es, aus dieser ungewöhnlichen Situation nennenswerte Gedanken abzuleiten. Stattdessen gibt es aufdringliche Musik in Dauerschleife, ganz viel Herzschmerz und konstruierte Konflikte. Der Zielgruppe kann und wird das gefallen. Der Rest wendet sich mit Grauen ab, wenn Rosamunde Pilcher: Falsches Leben, wahre Liebe sogar innerhalb dieser oft so mäßigen Reihe den Bodensatz darstellt.
OT: „Rosamunde Pilcher: Falsches Leben, wahre Liebe“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Stefan Bartmann
Drehbuch: Martin Wilke, Jochen S. Franken
Vorlage: Rosamunde Pilcher
Musik: Andreas Weidinger
Kamera: Holger Greiß
Besetzung: Marvin Linke, Leonie Brill, Paul Triller, Caroline Hartig, Daniel Morgenroth, Stephanie Japp, Claire Cage
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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