
Eigentlich war die Idee nett gemeint, als Daniel Himmelberg (Marek Erhardt) die Familie einlädt, gemeinsam über Weihnachten auf einem Kreuzfahrtschiff zu zu den Malediven zu reisen. Doch der wild zusammengewürfelte Patchwork-Haufen gerät immer wieder aneinander, diverse Beziehungen kriseln kräftig. Und als wäre das nicht schon anstrengend genug, taucht auch noch Daniels entfremdeter Vater Stefan (Reiner Schöne) auf und drängt auf eine Aussöhnung. Währenddessen lädt Kapitän Max Parger (Florian Silbereisen) sein engstes Team dazu ein, die Feiertage auf Coco Island zu verbringen, wo sein guter Freund Oliver Brand (Wayne Carpendale) als Chef de Cuisine bei seinem Bruder Phillip (Luke Mockridge) arbeitet. Doch Hanna Liebhold (Barbara Wussow) will davon nichts wissen …
Weihnachtliches Fernweh
Eigentlich hat man bei Das Traumschiff immer das Gefühl, dass die im Rahmen des ZDF Herzkinos ausgestrahlte Reihe immer ein wenig außerhalb der Realität spielt. Und damit auch außerhalb der Zeit, wenn es sich das Publikum ein einer schönen kleinen Blase gemütlich machen kann. Coco Island ist da gleich in zweifacher Hinsicht eine Ausnahme. So hätte der Film eigentlich schon Ende 2021 ausgestrahlt werden sollen. Als jedoch die Vorwürfe an Luke Mockridge noch einmal an Fahrt aufnahmen, demzufolge er Frauen sexuell missbraucht haben soll, wurde die Folge aber erst einmal in den Giftschrank weggesperrt. Kontroversen darf es in der heilen Welt des Kreuzfahrttourismus nun einmal nicht geben. Das zweite zeitlich gebundene Element: Es handelt sich hierbei um eine Weihnachtsfolge, weshalb sie auch nur Ende Dezember ausgestrahlt werden kann.
Mit den üblichen Bildern solcher Weihnachtsfilme sollte man aber besser nicht rechnen. Wer solche möchte, sollte dann doch lieber auf Schrille Nacht, Das Weihnachtsschnitzel oder Ein Taxi zur Bescherung zurückgreifen, um nur einige der neueren deutschsprachigen Weihnachtsfilme zu nennen. Der Reiz der Reihe lag schließlich immer in den Bildern weit entfernter Länder, durch die das Publikum selbst in Urlaub fahren darf – zumindest in der Vorstellung. Das ist bei Das Traumschiff: Coco Island nicht anders, welches mit Traumstrand, Palmen und schicken Hotelinnenaufnahmen auf jeden Fall ein schönes Urlaubsgefühl erzeugt. Vor allem wenn der Blick auf das gleichzeitig vorherrschende Grau da draußen fällt, das allein schon Grund genug für etwas Fernweh ist.
Mehr Schein als Sein
Verbunden wird das – auch das ist Tradition dieser Filme – mit viel Beziehungs- oder Familiendrama, das die Gäste, zum Teil auch die Besatzung mit aufs Schiff geschmuggelt hat. Bei Das Traumschiff: Coco Island geht es ganz besonders rund. So ist die Familie rund um Daniel nicht nur wild zusammengewürfelt, sondern besteht aus lauter schwierigen Verhältnissen. Probleme mit dem Vater. Probleme in der Ehe. Alternativ Probleme mit der Ex. Probleme mit den Kindern. Tatsächlich ist das ein derart dysfunktionaler Haufen, dass man sich fragen muss, wie die überhaupt noch in einem Zimmer sein können. In dieser Häufung ist das eher weniger glaubwürdig. Wobei diese Passagen noch harmlos sind im Vergleich zum Trauma von Liebhold, das sich mehr nach einer Parodie auf Seifenopern anhört.
Das dürfte den Zuschauern und Zuschauern aber wohl egal sein. Schließlich sind praktisch alle Teile auf solch überzogenen Dramen aufgebaut, warum sollte der 95. Film da anders sein? Das Traumschiff: Coco Island leidet dabei zuweilen aber an einem nicht wirklich überzeugenden Schauspiel, was die Unglaubwürdigkeit der Geschichten noch weiter verstärkt. In der Hinsicht ist der Folgefilm Das Traumschiff: Bahamas dann doch die bessere Wahl. Immerhin, an manchen Stellen scheint man sich selbst dabei nicht allzu ernst zu nehmen. Wo andere Herzkino-Tragödien richtig dick auftragen und keine Grenzen kennen, da ist die Kreuzfahrt doch entspannter. Für den Inhalt lohnt sich das dann zwar trotz allem nicht. Aber er stört auch nicht so sehr beim Anschauen der Urlaubsvideos.
OT: „Das Traumschiff: Coco Island“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Helmut Metzger
Drehbuch: Jürgen Werner
Musik: Hans Günter Wagener
Kamera: Meinolf Schmitz
Besetzung: Florian Silbereisen, Barbara Wussow, Daniel Morgenroth, Collien Ulmen-Fernandes, Tina Ruland, Marek Erhardt, Gaby Dohm, Reiner Schöne, Patricia Meeden, Jan Sosniok, Emilia Djalili, Wayne Carpendale, Luke Mockridge, Annemarie Carpendale, Leander Pütz
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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