
Als Jan Steinmann (Christoph M. Ohrt) ankündigt, einen mehrtägigen Pilgerweg ablaufen zu wollen, trifft er auf jede Menge Skepsis. Wie soll er das schaffen, in seiner Kondition? Tatsächlich witzeln sein Sohn Adrian (Kristo Ferkic) und Mitbewohnerin Katja Baumann (Simone Thomalla) darüber, wann er aufgeben und zurückkehren wird. Dabei ahnen sie nicht, dass Jan schwerkrank ist und deshalb diese Reise antreten will, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Während er dort unter anderem die hochschwangere Liliane (Kathrin Anna Stahl) kennenlernt, kümmert sich Dorfhelferin Katja um Alois Untermeyer (Fred Stillkrauth), der gerne noch einmal eine Frau an seiner Seite hätte …
Krankheit und Tod auf dem Pilgerweg
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich in existenziellen Situationen neu sammelt und alles überdenkt, was bislang gewesen ist. Das weiß man natürlich auch bei Frühling. Selbst wenn die ZDF-Filmreihe aus der Herzkino-Sparte an einem sehr idyllischen Ort angesetzt ist, Folge für Folge machen die Figuren irgendwelche katastrophalen Erfahrungen und müssen mit Schicksalsschlägen fertig werden. Das gilt dann auch für Keine Angst vorm Leben. Drehte sich beim vorangegangenen Teil Liebe hinter geschlossenen Vorhängen viel um einen Busunfall sowie die Liebe einer jungen Frau mit Downsyndrom, da geht es dieses Mal um die ganz großen Brocken Krankheit und Tod. Das ist selbst für das sonntagserfahrene Publikum ziemlich viel.
Dass davon eine der Hauptfiguren betroffen ist – Jan Steinmann war immerhin seit Folge 15 dabei – kommt noch hinzu. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet jedoch nicht statt. Ein Grund dafür ist, dass der Sterbenskranke gar nicht darüber reden will und das lieber mit sich allein ausmachen will. Das ist legitim, führt aber dazu, dass Frühling: Keine Angst vorm Leben ein doch recht oberflächliches Drama ist. Nicht dass das übermäßig überraschen sollte, das war bei anderen Teilen auch schon der Fall. Bei Genieße jeden Augenblick etwa löst sich ein Konflikt urplötzlich auf. Warum auch Arbeit investieren? Das ist beim 27. Film nicht anders. Da wird lieber viel aufgetischt, die Feinarbeit bleibt dabei auf der Strecke.
Kaum glaubwürdig
Dass mit der hochschwangeren Liliane „zufällig“ noch ein zweiter Härtefall parallel auf dem Pilgerweg zu finden ist, das ist typische Drehbuchkonstruktion. Zumal auch die anderen mit Tod und Krankheit ringen, was in dieser geballten Form schon sehr auffällig ist. Plausibilität interessierte Drehbuchautorin Natalie Scharf nicht. Bei den Figuren selbst sieht es nicht besser aus. Warum Liliane, die peinlich genau darauf achtet, dass ja niemand mit ihr über Persönliches spricht, die ganze Zeit derart penetrant Jan angeht und für dessen Geheimnisse rügt, wird nicht klar. Die Figurenzeichnung ist in Frühling: Keine Angst vorm Leben schon sehr rudimentär. Immerhin: Die Frage, mit der sich Liliane herumplagt, ist durchaus eine, bei der es sich lohnt, ein wenig länger drüber nachzudenken.
Alternativ kann man sich auch zurücklehnen und die Bilder genießen. Das kleine Dorf Frühling hat bei all dem Mist, der dort geschieht, immer etwas fürs Auge zu bieten. Für den Pilgerweg gilt das ebenfalls. Fans der Reihe, die diese Kombination aus Idylle und Unglück mitgetragen haben, werden das bei Frühling: Keine Angst vorm Leben wohl auch tun. Wer bislang mit den ZDF-Filmen wenig anfangen konnte, findet hier keinen Grund, warum sich das ändern sollte. Es gab zwar schon schlechtere Teile innerhalb der Reihe. Das bedeutet aber nicht, dass das hier tatsächlich gut und sehenswert wäre. Obwohl sich das Drama mit existenziellen Themen beschäftigt, hat es zu diesen nichts beizutragen. Mehr als Berieselungstragik ist hier nicht zu holen.
OT: „Frühling: Keine Angst vorm Leben“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Thomas Jauch
Drehbuch: Natalie Scharf
Musik: Christoph Zirngibl
Kamera: Clemens Messow
Besetzung: Simone Thomalla, Christoph M. Ohrt, Kristo Ferkic, Johannes Herrschmann, Fred Stillkrauth, Julia Dietze, Julia Beautx
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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