Dr. Nice: Alte Wunden TV Fernsehen ZDF Streamen Mediathek online Herzkino
© ZDF/Rudolf Wernicke

Dr. Nice: Alte Wunden

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„Dr. Nice: Alte Wunden“ // Deutschland-Start: 23. April 2023 (ZDF)

Inhalt / Kritik

Eigentlich hatte Dr. Moritz Neiss (Patrick Kalupa) nur kurz in dem Dorf bleiben wollen, um zu regeln, dass seine ihm bis dahin unbekannte Tochter Lea Koch (Maj Borchardt) bei Charlie Jansen (Josefine Preuß) bleiben darf, der Partnerin ihrer kürzlich verstorbenen Mutter. Irgendwie kam es anders. Während seine Reise nach Australien, wo er sich Hilfe für seine nach dem Unfall unbrauchbar gewordene Hand erhofft, erst einmal aufgeschoben ist, kümmert er sich darum, eine Praxis vor Ort zu eröffnen. An potenziellen Patienten und Patientinnen mangelt es ihm dabei nicht. Gerade leidet Desna Shan (Sogol Faghani), Küchenchefin des Hotels, in dem er wohnt, an Nierensteinen. Und das ist nicht das Einzige, was den Chirurgen sorgt …

Rückschritt zum ersten Film

Aller Anfang ist schwer. Das gilt nicht nur für Neiss, der bei seiner Ankunft in dem norddeutschen Dorf kräftig aneckt und sich mit praktisch allen Menschen schwertut. Es gilt auch für Dr. Nice. Mit diesem soll in Zukunft die sonntägliche ZDF-Programmschiene Herzkino verstärkt werden, als eine von mehreren neuen potenziellen Reihen. Der Einstieg Hand aufs Herz war dabei von gemischter Qualität. So war das Ensemble gut gewählt, der Humor – eine Seltenheit auf diesem Programmplatz – fiel ebenfalls positiv auf. Dafür wurden in der Geschichte zahlreiche Klischees verbraten, die Figurenzeichnung war zum Teil schlampig. Glaubwürdigkeit interessierte sowieso niemanden. Dennoch, ein brauchbares Fundament ist vorhanden. Umso betrüblicher ist, dass der zweite Teil Alte Wunden darauf nicht aufzubauen versteht, sondern sogar ein Rückschritt ist.

Eine erste Irritation ist, dass viele Figuren des ersten Films kaum noch auftreten, es nicht mehr als Gastauftritte sind. Für eine Reihe, die zum Teil zumindest das dörfliche Leben feiern will und Wert auf Zusammenhalt legt, ist das nicht ganz glücklich. Das wäre weniger schlimm, wenn die übrigen Charaktere stärker ausgebaut würden. Doch dabei geht nichts voran. Beispielsweise versteift sich Dr. Nice: Alte Wunden darauf, Konflikte zwischen Moritz und Lea sowie zwischen ihm und Dr. Florian Schmidtke (Maximilian Grill) zu konstruieren, obwohl man sich eigentlich zum Ende des Vorgängers nähergekommen war. Das ist nicht nur ziemlich einfallslos. Es ist auch nicht sonderlich plausibel. Aber in der Hinsicht muss man seine Ansprüche ohnehin ganz weit nach unten schrauben. Dass zum Beispiel ein Chirurg eine Praxis für Allgemeinmedizin aufmachen will, obwohl er davon keine Ahnung hat, ist schon absurd genug. Dass er die rechtlichen Bestimmungen nicht kennt, ist dann endgültig idiotisch.

Humorloses Ärztedrama

Während diese unfreiwillige Komik für Ärger sorgt, fällt auch das Fehlen der freiwilligen Komik auf. Auch wenn das Spiel mit den Kontrasten beim Auftakt nicht das originellste war, gab es doch immer mal wieder amüsante Momente. Auf diese muss man in Dr. Nice: Alte Wunden völlig verzichten, da ist gar nichts mehr dabei, was Anlass für Unterhaltung wäre. Stattdessen wurde der Drama-Anteil noch einmal nach oben geschraubt. Der war natürlich auch letztes Mal schon da, wenn gleich zwei Figuren schwer erkrankt waren und nur Neiss ihnen helfen konnte. Dieses Mal ist es Desna, die ohne die heilende Hand des Protagonisten ihrem sicheren Tod entgegensieht. Und weil das noch nicht heftig genug ist, wird das auch noch mit dem Thema der Beschneidung verbunden, wie sie in manchen Ländern an Mädchen durchgeführt wird ohne deren Einwilligung. Dieses Thema ist zweifelsfrei wichtig, ist in dem Zusammenhang aber wieder dick aufgetragen. Mit Alltag hat das nicht mehr viel zu tun.

Das ist schade, weil die Reihe wie oben geschrieben durchaus das Potenzial hat, eine interessante Ergänzung innerhalb des Herzkinos zu werden. Wie kürzlich bei Familie Anders, das ebenfalls vom ersten Film Willkommen im Nest zum zweiten Zwei sind einer zu viel qualitativ abbaute, fehlt da offensichtlich das Bewusstsein dafür, was die Besonderheit des jeweiligen Auftakts ausmachte. Während es bei obigen Kollegen aber immerhin noch für den Durchschnitt reichte, ist Dr. Nice: Alte Wunden darunter angesiedelt. War beim letzten Mal die Hoffnung noch groß, dass hier eine Bereicherung fürs Segment entsteht, verkommt schon der zweite Film zu einem herkömmlichen Arztdrama, das es so nicht braucht.

Credits

OT: „Dr. Nice: Alte Wunden“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Constanze Knoche
Drehbuch: Elke Rössler
Musik: Martina Eisenreich
Kamera: Clemens Baumeister, Hendrik A. Kley
Besetzung: Patrick Kalupa, Josefine Preuß, Maximilian Grill, Maj Borchardt, Brigitte Zeh, Sogol Faghani, Idil Üner

Bilder

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fazit
War der erste Film noch amüsant, versteift sich „Dr. Nice: Alte Wunden“ zu stark auf das Drama. Zumal dieses noch nicht einmal glaubwürdig ist: Die Geschichte um einen Arzt, der auf dem Land eine Praxis aufmacht und seine ihm bis dahin unbekannte Tochter kennenlernt, ist eine typische Drehbuchkonstruktion ohne Bezug auf die Welt da draußen. Schade um die gute Besetzung.
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