
Das war knapp, sehr knapp: Bei seiner Operation wäre Dr. Moritz Neiss (Patrick Kalupa) beinahe gestorben, nur durch den Einsatz von Dr. Florian Schmidtke (Maximilian Grill) konnte die Tragödie noch verhindert werden. Inzwischen ist Neiss zwar wieder auf den Beinen, wurde auch aus dem Krankenhaus entlassen. Spurlos ist die Nahtoderfahrung aber nicht an ihm vorübergegangen, wie nicht nur die anderen im Krankenhaus merken, sondern auch Charlie Winkler (Josefine Preuß). Er nimmt sich dennoch eines neuen Falls an: Mette Vestergard (Christin Nichols) will endlich ihre Brüste operieren lassen, bei denen zuvor jemand gepfuscht hatte. Pikant dabei: Sie ist die Partnerin von Jesper Brahmsen (Shenja Lacher), der seinerzeit Janne Andersen (Brigitte Zeh) und den gemeinsamen Sohn Mikkel (Ben Ole Knobbe) im Stich gelassen hatte …
Rückkehr des sarkastischen Arztes
Im Laufe der letzten Jahre hat das ZDF mehrere neue Reihen gestartet, um die sonntägliche Programmschiene Herzkino zu erweitern und neben den bewährten Klassikern ein paar Alternativen aufzubauen. Kaum eine stieß dabei auf eine derart positive Resonanz wie Dr. Nice. Nachdem es 2023 mit zwei Folgen losging, gab es 2024 sogar vier neue. Ganz so umfangreich ist die neue dritte Staffel zwar nicht, es sind aber immerhin drei Episoden geplant, während die meisten anderen Reihen immer nur zwei am Stück bringen. Dieses Mal war die Wartezeit für manche sicher sehr lang, da es letztes Jahr mit Herzflattern einen fiesen Cliffhanger gab: Neiss hatte während seiner Operation einen Herzstillstand, es blieb offen, ob er es schafft. Theoretisch. Praktisch war es natürlich klar, dass er überlebt, da parallel bereits neue Folgen angekündigt wurden, die ohne die Titelfigur kaum vorstellbar waren.
Dr. Nice: Alte Narben nimmt dabei sehr explizit Bezug auf die vorangegangenen Ereignisse. Nicht nur, dass zu Beginn der neuen Folge mit der Erwartung des Publikums gespielt wird, ob der Protagonist überlebt hat oder nicht. Immer wieder wird die Nahtoderfahrung thematisiert und wie sich diese auf Neiss auswirkt. Interessant ist, wie offen dabei mit dem Thema Depression umgegangen wird, die bei ihm diagnostiziert wird. Er ist flamboyant wie immer, ist sich für keinen blöden Spruch zu schade. Er trägt auch nach wie vor die knallbunte Kleidung, mit der er überall heraussticht – also so ziemlich das Gegenteil dessen, was man mit einer Depression in Verbindung bringen würde. Und doch ist da immer wieder eine Nachdenklichkeit, eine Zerbrechlichkeit, die hinter dem Sarkasmus zu erkennen ist.
Schön, aber etwas überfrachtet
Das heißt aber nicht, dass auf Komik verzichtet würde. Der Film ist in erster Linie wieder humorvoll geworden. Dabei verließ man sich wieder in erster Linie auf die Hauptfigur, die es eben schafft, in jeder noch so unpassenden Situation einen Spruch rauszuhauen. Damit ist er wie immer ein idealer Sparringpartner für Schmidtke, zu dem er eine ganz besondere Beziehung hat, irgendwo zwischen Freundschaft und Feindschaft. Dr. Nice: Alte Narben bringt an der Stelle etwas Sentimentalität rein, bietet etwas fürs Herz, ohne sich aber einseitig in Kitsch zu stürzen. Auch die Romanze mit Andersen bleibt ruhiges Beiwerk, ist aber ganz schön. Gleiches gilt für die – leider seltenen – Momente mit Tochter Lea Koch (Maj Borchardt).
Weniger interessant ist der neue „Fall“, ohne den die Reihe nicht auskommt. Mal wieder dreht sich dieser um eine mysteriöse Krankheit, die niemand erklären kann, bis Neiss den rettenden Einfall hat. In der Hinsicht sind diese Filme dann doch nur 08/15-Beiträge, so wie viele andere Arztserien im deutschen Fernsehen. Die Sache mit der Annäherung von Vater und Sohn überzeugt auch nicht so wirklich, da man sich hierfür nicht die Zeit nimmt, die es gebraucht hätte. Dr. Nice: Alte Narben hantiert allgemein mit zu vielen Themen parallel, ohne den nötigen Raum zu haben. Dennoch ist das hier wieder eine schöne Folge geworden, die unterstreicht, dass das hier zu den besten Herzkino-Produktionen gehört. Nächste Woche geht es mit Weiche Knie weiter.
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