Contra
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Inhalt / Kritik

Contra
„Contra“ // Deutschland-Start: 28. Oktober 2021 (Kino) // 7. April 2022 (DVD/Blu-ray)

Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) ist nicht unbedingt dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Vielmehr beleidigt der Juraprofessor so ziemlich jeden, der ihm ins Schussfeld läuft. Als er jedoch die neue Studentin Naima (Nilam Farooq) im gut besuchten Vorlesungssaal rassistisch und sexistisch diskriminiert, macht ein Video des Vorfalls bald die Runde – und bringt ihn plötzlich in richtige Schwierigkeiten. Auf Druck des Universitätspräsidenten Alexander Lambrecht (Ernst Stötzner) lässt sich Pohl daraufhin auf einen Deal ein, wenn auch widerwillig: Er soll ausgerechnet Naima für einen Debattierwettbewerb vorbereiten und auf diese Weise die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt würdig vertreten. Wenn nicht, stehen die Chancen beim Disziplinarausschuss schlecht. Naima, die dem Angebot skeptisch gegenübersteht und dessen Hintergründe nicht kennt, stimmt ebenfalls zu, in der Hoffnung, auf diese Weise Wichtiges für ihr Studium zu lernen …

Neuauflage eines relevanten Stoffes

Remakes fremdsprachiger Filme sind zwar nicht unbedingt ein Zeichen großer künstlerischer Ambitionen. Aber sie können sehr profitabel sein. Diese Erfahrung hat nicht nur die Traumfabrik Hollywood gemacht, die bekannteste Wiederkäuerin des Filmbereichs. Auch hierzulande greift man zwischendurch gern und erfolgreich auf bewährte Stoffe aus dem Ausland zurück. So liefen sowohl Der Vorname wie auch Das perfekte Geheimnis sehr gut in den Kinos. Nun folgt mit Contra der nächste Versuch, einen fremden Hit zu einem eigenen zu machen. Dieses Mal ist es Die brillante Mademoiselle Neïla, die als Vorlage für eine deutsche Komödie herhalten muss, in der Hoffnung, dass dies mit einem erneuten Geldsegen einhergeht.

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Wie auch immer man zu diesen deutschen Remakes stehen mag, so zeichnen sie sich doch alles dadurch aus, dass ihnen interessante Geschichten zugrunde liegen. Im Fall von Contra ist es zudem eine gesellschaftlich sehr relevante Geschichte. Diskriminierung ist schließlich ein Thema, das nach wie vor erschreckend aktuell ist. Rassismus kann auch andere Formen annehmen, als von der Polizei auf offener Straße erschossen zu werden, wie das Beispiel Pohl zeigt. Er versteckt sich hinter verklausulierten Sätzen, lässt gleichzeitig aber keinen Zweifel daran, wie wenig er von fremden Kulturen hält. Die erste Begegnung zwischen den beiden Hauptfiguren ist mit einer genüsslichen Demontage verbunden, wobei ein wenig dabei offenbleibt, ob der Auftritt nun durch Rassismus, Snobismus oder der Lust an der Machtdemonstration angetrieben ist.

Unterhaltsam, nachdenklich, aber zu gefällig

Am Ende ist Pohl nämlich ein ganz netter. Zum Teil setzte natürlich auch Die brillante Mademoiselle Neïla schon auf Versöhnung, wenn sich die zwei so ungleichen Figuren mit der Zeit näherkommen. Die anfängliche Garstigkeit des Professors musste mit der Zeit dem Verständnis und der Freundlichkeit weichen, das Publikum will es so. Bei Contra wurde diese Gefälligkeit noch weiter verstärkt, indem Pohl zu einer tragischen Gestalt umgedeutet wird, der seine Tochter verloren hat. Das sollte ihn wohl noch sympathischer machen und damit Verständnis bei den Zuschauern und Zuschauerinnen einfordern. Das Motto: Er ist gar nicht wirklich schlecht, er ist nur traurig. Ein bisschen billig ist das schon, zumal das mit dem anfänglichen Rassismus nichts zu tun hat. Da fehlt dann doch die inhaltliche Auseinandersetzung.

Dafür ist Contra wieder sehr spaßig. Gerade die diversen Wortgefechte, seien es die zwischen den zwei Figuren oder auch im Rahmen der Debattierwettbewerbe, sind immer wieder unterhaltsam. Christoph Maria Herbst (Es ist nur eine Phase, Hase) gelingt es, hierbei Gemeinheit mit Charme zu verbinden. Nilam Farooq (Du Sie Er & Wir) wiederum wird zur Identifikationsfigur für die Menschen da draußen, die sich mit der einen oder anderen Form der Diskriminierung auseinandersetzen müssen und dennoch triumphieren dürfen. Da geht es viel um Selbstbehauptung und das Recht, sich in der Welt selbst einen Platz zu erkämpfen, trotz der Widerstände. Aber auch Fragen, wie viel Verantwortung man der Familie schuldet und wie viel sich selbst, schwingen in der Geschichte immer mit. Am Ende funktioniert der Film deshalb trotz des nicht ganz so großen Mutes sowohl als Stoff für einen vergnüglichen Abend wie auch für Diskussionen und Überlegungen.

Credits

OT: „Contra“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Sönke Wortmann
Drehbuch: Doron Wisotzky
Musik: Martin Todsharow
Kamera: Holly Fink
Besetzung: Nilam Farooq, Christoph Maria Herbst, Hassan Akkouch, Ernst Stötzner

Bilder

Trailer

Interview

Hat sie Erfahrungen mit Alltagsrassismus gemacht? Und was kann sie als Schauspielerin dagegen tun? Diese und andere Fragen haben wir Hauptdarstellerin Nilam Farooq in unserem Interview zu Contra gestellt.

Nilam Farooq [Interview]

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Fazit
In „Contra“ gerät eine Jurastudentin mit Migrationshintergrund an einen Professor, der sie rassistisch und sexistisch beleidigt, dann aber von ihm für einen Debattierwettbewerb gecoacht wird. Wie bei der Vorlage gibt es hier eine Mischung aus Unterhaltung und Denkanstoß, die nicht zuletzt wegen des Ensembles gut funktioniert. Schade ist aber, dass der Wohlfühlfaktor noch weiter gesteigert wurde, da fehlte es eindeutig an Mut.
Leserwertung57 Bewertungen
4.7