Zero Fucks Given Rien à foutre
© Plaion Pictures

Zero Fucks Given

„Zero Fucks Given – Lebe den Tag, lebe das Leben“ // Deutschland-Start: 29. September 2022 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Cassandre (Adèle Exarchopoulos) ist es gewohnt, viel unterwegs zu sein. Als Stewardess ist sie quasi ständig auf dem Sprung. Das stört sie nicht weiter, sie genießt das unstete Leben. Wenn sie nicht gerade im Flugzeug sitzt, stürzt sie sich in Party oder flüchtige Begegnungen. Ihre Arbeit nimmt sie dafür schon ernst. Zwar hat sie keine größeren Ambitionen, will erst einmal nicht mehr erreichen als das, was sie schon hat. Dennoch versucht sie, gut in dem zu sein, was sie tut. Das ist sie auch, sie verkauft sehr viel an Bord, was ihr eigentlicher Sinn und Zweck ist. Mit anderen Menschen tut sie sich dabei etwas schwer. Aus gutem Grund, gibt es doch eine traurige Erfahrung in ihrem Leben, die sie hoch über den Wolken gern vergessen würde …

Aus dem Leben einer Stewardess

Der Beruf einer Stewardess ist einer, bei dem es sehr auf die Fassade ankommt. Immer lächeln heißt die Devise, freundlich sein und dabei hübsch aussehen. Bei vielen Airlines gibt es strikte Regeln, was optisch Pflicht ist. Die Kleidung ist sowieso vorgegeben. Der Mensch verschwindet dabei schnell hinter der Verkleidung, wir nehmen ihn meistens gar nicht wahr, während er uns Getränke bringt oder Sicherheitsanweisungen gibt. Auch in Filmen werden sie meisten auf ihre Funktion reduziert. Wenn wir mehr über sie erfahren, dann aus einem unschönen Anlass. In Thrillern wie Die Entführung des Fluges 601, wo die Stewardessen auf einmal vom Tode bedroht sind, gibt es manchmal Anflüge einer Charakterisierung. Der Alltag dieses Berufs und der Leute, die ihn ausüben, bekommen wir hingegen nur sehr selten zu sehen.

Eine dieser seltenen Ausnahmen ist die belgisch-französische Produktion Zero Fucks Given. Diese feierte 2021 während der Semaine de la Critique in Cannes Premiere, wurde anschließend von Festival zu Festival weitergereicht. Sie war auch für einige Preise im Rennen. Dabei ist der Film alles andere als gefällig. Tatsächlich wird es viele geben, die gar nichts mit diesem anfangen können. Ein Problem ist, dass Emmanuel Marre und Julie Lecoustre über längere Strecken keine wirkliche Geschichte erzählen. Wenn wir der Protagonistin durch ihren Alltag folgen, erfahren wir schon einiges über ihren Beruf. Dokumentarisch halten die beiden fest, wie sie an Bord des Billigfliegers irgendwelche Sachen verkauft und auch verkaufen muss, da es bei dieser Fluglinie Vorgaben für die Verkäufe gibt. So finanzieren sie sich schließlich.

Zwischen Kritik und Tragik

Dabei wird nicht groß kommentiert, die Ereignisse sprechen für sich. Zero Fucks Given muss gar nicht die Geschäftsmethoden offen kritisieren, um zu zeigen, dass die nicht so toll sind. Weniger eindeutig ist die Protagonistin. Zwar steht sie ständig im Mittelpunkt, es gibt praktisch keine Szene, in der wir sie mal nicht sehen. Und doch bleibt sie ein Rätsel. Erst später erfahren wir mehr über ihre Hintergründe und warum sie so ist, wie sie ist. Damit einher geht auch ein Wechsel in der Tonalität. Ist der Film anfangs noch etwas humorvoller, könnte an manchen Stellen auch als Satire durchgehen, wird es später deutlich gefühlvoller. Was als Einblick in einen speziellen Beruf beginnt, wird dann zu einem Porträt einer Frau, die sich nach einer einschneidenden Erfahrung erst einmal wiederfinden muss.

Die Kombination aus beidem ist ein wenig schwierig. Zwar ist das durchaus psychologisch plausibel, was Marre und Lecoustre da erzählen, wenn der Flug über den Wolken immer auch eine Flucht darstellt. Der Wechsel später bedeutet aber auch, dass der Film das berufliche Thema fallenlässt, ohne zu einem wirklichen Schluss zu kommen. Das kann ebenso frustrierend sein wie die Ereignislosigkeit, wenn in den zwei Stunden nur wenig geschieht. Und doch ist Zero Fucks Given sehenswert. Adèle Exarchopoulos (All eure Gesichter, Animalia) überzeugt in der Rolle der rastlosen jungen Frau, die erst lernen muss, sich wieder auf andere Menschen einzulassen und sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen. Das ist letztendlich schön und lebensbejahend, spendet zwischen dem Spott und der Trauer Trost.

Credits

OT: „Rien à foutre“
Land: Frankreich, Belgien
Jahr: 2021
Regie: Emmanuel Marre, Julie Lecoustre
Drehbuch: Emmanuel Marre, Julie Lecoustre, Mariette Désert
Kamera: Olivier Boonjing
Besetzung: Adèle Exarchopoulos

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 2023 Beste Hauptdarstellerin Adèle Exarchopoulos nominiert

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Zero Fucks Given
fazit
„Zero Fucks Given“ folgt einer jungen Stewardess durch den beruflichen wie privaten Alltag. Das ist zunächst eine Kritik an den Geschäftsmethoden, bevor später tragische Aspekte im Mittelpunkt stehen. So ganz klappt das mit dem thematischen Spagat zwar nicht, sehenswert ist der Film aber durchaus als Porträt einer rastlosen Frau, die sich erst wiederfinden muss.
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