All to Play For Rien à perdre
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All to Play For

All to Play For Rien à perdre
„All to Play For“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Als alleinerziehende Mutter zweier Kinder hat Sylvie (Virginie Efira) im Alltag eine Menge zu kämpfen. Mit ihrem Job als Barfrau in einem Nachtclub schafft verdient sie nur wenig Geld, es reicht gerade mal zum Überleben. Es bedeutet zudem, dass sie oft nicht zu Hause ist. Das wird ihr zum Verhängnis, als ihr jüngster Sohn Sofiane (Alexis Tonetti) sich selbst Pommes Frites machen will, sich dabei aber so sehr verbrennt, dass er ins Krankenhaus gebracht wird. Das ruft das Jugendamt auf den Plan, das Sofiane erst einmal in ein Heim bringt, aus Sorge um die Sicherheit des Jungen. Während Sylvie verzweifelt darum kämpft, ihr Kind wiederzubekommen, hat ihr älterer Sohn Jean-Jacques (Félix Lefebvre) ganz eigene Probleme, die in dem Trubel untergehen …

Wenn Eltern und Kinder getrennt werden

Kinder zu bekommen, geht immer auch mit Verpflichtungen einher, sowohl moralischen wie auch rechtlichen. Man erwartet von Eltern einfach, dass sie sich um den Nachwuchs kümmern. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sie dies auch können. Geschichten um Väter und Mütter, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht in der Lage sind, sind bekannt. Von Verwahrlosung bis zu Missbrauch, es gibt viele Fälle, in denen ein Eingreifen notwendig ist, um die Kinder zu schützen. Doch wo zieht man da die Grenze? Ab wann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem es besser ist, die Jungen und Mädchen wegzunehmen? Das ist eine der Fragen, die das französische Drama All to Play For unweigerlich aufwirft, welche in der Sektion „Un Certain Regard“ bei den Filmfestspielen von Cannes 2023 Premiere feierte.

Dass die Lebensumstände der Kleinfamilie nicht übermäßig beständig sind, steht außer Frage. Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass bei Sylvie und den Jungs Chaos herrscht. Da wird eher improvisiert als geplant. Lediglich das ständige Proben von Jean-Jacques für eine wichtige Musikvorführung, die eine spätere Karriere ermöglichen soll, verweist auf eine längerfristige Perspektive. Ansonsten lebt man für den Moment. All to Play For erzählt von keiner Vorzeigefamilie. Stattdessen stehen drei Menschen im Mittelpunkt, die sich einfach irgendwie mit dem arrangieren müssen, was sie haben. An Gefühlen mangelt es nicht, das wird immer wieder deutlich. Sylvie liebt ihre Kinder abgöttisch, würde alles für sie tun. Dabei ist sie impulsiv und irrational, was die Situation weiter verschlimmert. In ihrer Verzweiflung tut sie immer wieder etwas, was zur Eskalation beiträgt.

Zwischen Familienporträt und Gesellschaftskritik

Auf diese Weise gibt Regisseurin und Co-Autorin Delphine Deloget ihrer Geschichte die notwendige Ambivalenz mit. So ist der Film durchaus Kritik an einem System, das zwar das Gute der Kinder im Sinn hat, dabei aber den Menschen aus den Augen verliert. Wenn Sofiane wegen eines häuslichen Unfalls der Mutter weggenommen wird, dürften sich nicht wenige fragen: Ist das noch angemessen? All to Play For versteift sich aber nicht darauf, einfach nur die Behörden zu kritisieren. Vielmehr zeigt der Film auf, wie sich eine Krisensituation auf tragische Weise immer mehr verschärft. Sylvie verliert in ihrem Kampf die Kontrolle über sich. Sie verliert aber auch den Blick für ihren älteren Sohn, der eine ganz eigene Krise durchmacht, ohne dass sie es bemerkt. Welche Auswirkungen ihr Verhalten auf andere hat, übersieht sie sowieso.

Das ist sehr gut gespielt. Virginie Efira (Warten auf Bojangles) überzeugt in der Rolle der zunehmend verzweifelten Mutter, die nicht weiß, wie sie die Situation wieder richten soll. Auch Félix Lefebvre (Sommer 85) hat schon mehrfach sein Talent bewiesen und gefällt hier als Teenager, der in einer auseinanderbrechenden Welt einen Platz für sich finden muss. Eine echte Entdeckung ist hingegen Alexis Tonetti in der Rolle des Jungen, über den alle bestimmen, der selbst aber kein Mitspracherecht bekommt. All to Play For wird auf diese Weise zu einem sehenswerten Drama zwischen Familienporträt und Gesellschaftskritik, das ohne Wohlfühlfallschirm, aber auch ohne manipulative Zuspitzung funktioniert. Ein Film, der sehr nüchtern in Szene gesetzt wurde und doch das Publikum zu bewegen versteht.

Credits

OT: „Rien à perdre“
Land: Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Delphine Deloget
Drehbuch: Delphine Deloget, Olivier Demangel, Camille Fontaine
Musik: Astrid Gomez-Montoya
Kamera: Guillaume Schiffman
Besetzung: Virginie Efira, Félix Lefebvre, Alexis Tonetti, Arieh Worthalter, India Hair, Mathieu Demy

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All to Play For
fazit
„All to Play For“ ist ein stark gespieltes Drama um eine alleinerziehende Mutter, deren Sohn vom Jugendamt weggenommen wird und die alles dafür tut, diesen wieder zurückzubekommen. Nüchtern erzählt und doch bewegend wird daraus eine Mischung aus Familienporträt und Gesellschaftskritik, die auch durch die Ambivalenz gefällt.
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