The Lost King
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The Lost King

The Lost King
„The Lost King“ // Deutschland-Start: 5. Oktober 2022 (Kino) // 7. Dezember 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Es läuft nicht besonders gut im Leben von Philippa Langley (Sally Hawkins). Ihre Ehe mit John (Steve Coogan) ist gescheitert. Auch beruflich geht es nicht voran, bei der aktuellen Beförderung wurde sie – mal wieder – übergangen. Kündigen ist aber auch keine Option, dafür sind sie zu sehr auf das Geld angewiesen. Und dann wäre da noch die gesundheitlichen Probleme, leidet sie doch unter dem chronischen Erschöpfungssyndrom. Als sie eines Tages eine Aufführung von William Shakespeares Richard III. besucht, fühlt sie sich auf Anhieb zu dem König hinzugezogen, empfindet ihn als einen Leidensgenossen. Fasziniert von dessen Lebensgeschichte sowie den diversen Legenden, die sich um ihn ranken, hat sie immer wieder Visionen von dem Verstorbenen (Harry Lloyd). In Folge trifft sie sich mit Gleichgesinnten und fasst einen kühnen Plan: Sie will die sterblichen Überreste des Königs finden, von denen niemand sagen kann, wo sie sind …

Die wahre Geschichte einer unglaublichen Suche

Auch wenn Stephen Frears in seiner langen Karriere natürlich die unterschiedlichsten Filme gedreht hat, so zeigte sich in den letzten Jahren eine kaum zu übersehende Vorliebe für wahre Geschichten. Ob er nun in The Program – Um jeden Preis (2015) von dem umstrittenen Radrennfahrer Lance Armstrong erzählte, mit Florence Foster Jenkins (2016) an die gleichnamige legendär untalentierte Möchtegernsängerin erinnerte oder in Victoria & Abdul (2017) von der Freundschaft zwischen Königin Victoria und deren Diener Abdul sprach, all diese Filme beruhen auf wahren Begebenheiten. Und das gilt auch für The Lost King, mit dem sich der britische Regisseur nach einigen Jahren Pause wieder zurückmeldet. So hat Philippa Langley tatsächlich vor rund zehn Jahren die sterblichen Überreste des Königs Richard III. gesucht, von denen Jahrhunderte lang niemand sagen konnte, wo sie sind. Wobei nicht nur die Suche an sich einen Film wert ist, sondern auch die Begleitumstände.

So beschreiben Frears und das Drehbuchduo Steve Coogan und Jeff Pope, mit denen er schon bei Philomena (2013) zusammengearbeitet hat – ein weiterer Film, der auf einer realen Person basiert – die Protagonistin als reizvoll widersprüchliche Figur. So ist sie einerseits zerbrechlich, auch wegen ihrer gesundheitlichen Verfassung, dazu noch leise. Ein Mensch, der inmitten einer Gruppe völlig verschwindet. Gleichzeitig zeigt sie in The Lost King eine beeindruckende Hartnäckigkeit, die bis ins Absurde geht. Immer wieder ist man als Zuschauer bzw. Zuschauerin versucht, sie als Irre abzustempeln. Eine, die sich völlig verbeißt und auch noch mit Toten spricht. Dass ihre Suche auf einer Intuition basiert, droht, aus ihr endgültig eine Witzfigur zu machen. Zumindest gibt es genug Figuren, die sich in der Geschichte über sie lustig machen.

Skurriler Crowdpleaser mit Wohlfühlfaktor

Der Film selbst bleibt dabei ambivalent, lässt es offen, ob man die Frau und bewundern oder verspotten sollte. Sally Hawkins (Shape of Water – Das Flüstern des Meeres, Maudie) ist eine sehr gute Besetzung für die willensstarke und zugleich sanfte Träumerin. Sehr schön sind aber auch die gemeinsamen Szenen mit Harry Lloyd (Manhattan), der als königlicher Geist immer wieder auftaucht und sich mit seiner unscheinbaren Bewunderin unterhält. Das hat auch etwas Rührendes. Wenn sich eine Außenseiterin mit dem Establishment anlegt, von allen unterschätzt und belächelt wird, nur um am Ende zu triumphieren, tut das immer gut. The Lost King hat da durchaus Crowdpleaser-Qualitäten, kombiniert das Skurrile mit einem Wohlfühlfaktor.

Richtig viel zu sagen hat Frears dabei jedoch nicht, zumindest für ein Publikum, das eine weitergehende Relevanz erhofft. Auch wenn beispielsweise eine Beschäftigung mit dem Konzept der Geschichtsschreibung naheliegend gewesen wäre – in The Lost King werden schließlich alte Überzeugungen rund um den König auf den Kopf gestellt –, wird diese Richtung nicht weiter verfolgt. Auch der Gegensatz von Wissenschaft und Intuition wird nur kurz angesprochen, daraufhin aber wieder fallengelassen. Insofern ist die Tragikomödie, die auf dem Toronto International Film Festival 2022 Premiere feierte, dann doch „nur“ ein Film, der mit einer ungewöhnlichen Geschichte unterhalten möchte. Das gelingt ihm aber gut. Frears hat noch immer ein Gespür für ungewöhnliche Schicksale, die zugleich einiges an Identifikationsfläche bieten.

Credits

OT: „The Lost King“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: Stephen Frears
Drehbuch: Steve Coogan, Jeff Pope
Musik: Alexandre Desplat
Kamera: Zac Nicholson
Besetzung: Sally Hawkins, Steve Coogan, Harry Lloyd, Mark Addy, Lee Ingleby, James Fleet

Bilder

Trailer

Interview

Ihr möchtet mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, den bekannten Regisseur Stephen Frears zu treffen und uns über sein Werk zu unterhalten. Im Interview zu The Lost King sprechen wir über tote Könige, hartnäckige Frauen und verlogene Politiker.

Stephen Frears [Interview]

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The Lost King
fazit
„The Lost King“ erzählt die wahre Geschichte einer Frau, die einer persönlichen Intuition folgend, die sterblichen Überreste von König Richard III. suchte. Die Tragikomödie kombiniert dabei Skurriles mit einem größeren Wohlfühlfaktor, wenn eine belächelte Außenseiterin selbst Geschichte schreibt. Der Fokus liegt dabei jedoch auf dem Unterhaltungsfaktor, weiterführende Diskussionen werden hier kaum folgen.
Leserwertung9 Bewertungen
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