Am Abgrund TV Fernsehen Das Erste ARD Streamen online Mediathek Video on Demand DVD kaufen
© ARD/SWR/diwafilm/Daniel Harrich/Schlicht

Am Abgrund

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„Am Abgrund“ // Deutschland-Start: 6. März 2024 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Schon seit einer Weile setzt sich Bloggerin Leyla Kasparjan (Luna Jordan) für mehr Menschenrechte in Aserbaidschan ein, scheut sich nicht davor zurück, die Regierung für ihre Taten anzuprangern. Bislang ließ diese sie gewähren, zumal die Referentin Valentina Akhmedowa (Alina Levshin), mit der sie eine heimliche Liebesbeziehung führt, ihr immer wieder hilft. Doch dieses Mal ist sie zu weit gegangen, als Oppositionelle wird sie festgenommen und auf unbestimmte Zeit festgehalten. Ihre Mutter Alina (Jasmin Tabatabai), die gebürtige Aserbaidschanerin ist und nach Deutschland geflohen war, ist in großer Sorge, weiß sie doch um die Gefährlichkeit der despotischen Regierung. Ihr Lebenspartner Gerd Meineke (Hans-Jochen Wagner), Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung im Europarat, verspricht, alles dafür zu tun, damit sie wieder freikommt – ohne zu ahnen, dass der Feind überall sitzt …

Wohlstand vs. Menschenrechte

Das Thema kam spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine immer wieder zur Sprache: Wie viel sind wir bereit für unseren Wohlstand zu opfern? Sollten wir mit Diktatoren kooperieren und über ihre Verbrechen hinwegsehen, wenn unsere eigene Gesellschaft davon profitiert? Insofern überrascht es nicht wirklich, wenn auch im Fernsehen dieses Thema nun aufgegriffen wird. Dabei nimmt sich die ARD-Produktion Am Abgrund nicht die beiden üblichen Verdächtigen Russland und China zur Brust, bei denen die Gefahren der Abhängigkeit mittlerweile auch bei der Bevölkerung bekannt ist. Stattdessen wird das Thema anhand von Aserbaidschan durchgesprochen. Dieses ist aufgrund großer Erdölvorkommen schon länger ein bedeutender Handelspartner. Die Bedeutung wuchs noch weiter, als man sich von russischem Öl unabhängig machen wollte, obwohl die ständigen Menschenrechtsverletzungen im asiatischen Land kein Geheimnis sind.

Regisseur und Drehbuchautor Daniel Harrich, der schon bei früheren Filmen wie Bis zum letzten Tropfen und Der blinde Fleck – Täter. Attentäter. Einzeltäter? gesellschaftliche und politische Fehlstellungen anprangerte, zeichnet dann auch kein besonders schmeichelhaftes Bild. Am Abgrund beschreibt das Land, welches durch den gleichermaßen skrupellosen wie brutalen Europaratsabgeordneten Tofik Gasimov (Navid Neghaban) repräsentiert wird, als Höllenloch, das die eigene Bevölkerung unterdrückt und opfert. Pressefreiheit gibt es nicht, Intimsphäre auch nicht. Aserbaidschan ist ein Überwachungsstaat, der sich nach außen hin als Freund präsentiert, die Rechte der Menschen aber mit Füßen tritt. Wer sich nicht fügt, wird weggesperrt oder gar mundtot gemacht. Da kann man dann schon mal auf offener Straße erschossen werden, ohne dass es jemanden juckt.

Als Diskussionsgrundlage zu dünn

Sonderlich nuanciert ist das natürlich nicht. Im weiteren Verlauf lässt Am Abgrund diese Punkte auch immer weiter eskalieren, bis es am Ende richtig absurd wird. Gerade beim Finale wird richtig dick aufgetragen, Harrich zeigt da keinerlei Zurückhaltung. Man sollte sich den Thriller daher nicht unbedingt anschauen, wenn man eine alltägliche Geschichte aus dem Politbetrieb sehen möchte. Vielmehr handelt es sich hier um einen Thriller, der mit Verschwörungs- und Paranoia-Elementen arbeitet. Die Gefahr lauert überall, so wird zumindest behauptet. Ganz konsequent umgesetzt wird das aber nicht, es ist eher willkürlich, wann diese Faktoren eine Rolle spielen und wann nicht.

Interessanter als das recht einseitige Porträt Aserbaidschans ist aber ohnehin, wie sehr sich europäische Abgeordnete haben kaufen lassen. Selbst Politiker und Politikerinnen, die im Bereich der Menschenrechte arbeiten, halten im Zweifel die Hand auf. Gutes Gewissen hat nun einmal seinen Preis. Ob ein solcher Film in einer Zeit, in der sowieso ständig auf „die da oben“ geschimpft wird, auch von Leuten, die selbst dazugehören, ist natürlich diskutabel. Zumal Am Abgrund keine wirklichen Erkenntnisse daraus ableitet bis auf den Klassiker, dass es in der Politik Korruption gibt. Wem das reicht, kann sich von dem Thriller unterhalten lassen. Für einen Film, der sich im Rahmen des ARD-Thementags „#unsereErde – Kampf um Rohstoffe“ als Diskussionsgrundlage versteht, ist das inhaltlich dennoch ein bisschen arg dünn.

Credits

OT: „Am Abgrund“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Daniel Harrich
Drehbuch: Daniel Harrich
Musik: Jörg Lemberg
Kamera: Daniel Harrich, Walter Harrich
Besetzung: Hans-Jochen Wagner, Jasmin Tabatabai, Luna Jordan, Alina Levshin, Heiner Lauterbach, Navid Negahban, Johanna Christine Gehlen

Bilder

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Am Abgrund
fazit
„Am Abgrund“ nimmt sich eines aktuellen Themas an, wenn sich westliche Staaten an autoritäre Regimes binden, um an deren Rohstoffe zu kommen. Der mit Verschwörungs- und Paranoia-Elementen arbeitende Thriller will dabei inhaltlich relevant sein, hat letztendlich aber nicht wirklich viel zu sagen, das über das Klischee der korrupten Politik hinausgeht. Als Diskussionsgrundlage ist das zu dünn.
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