Detektiv Conan: Das große kleine Krimi-Genie [Special]

Die Literaturgeschichte hat die unterschiedlichsten kriminologischen Genies hervorgebracht. Da waren der belgische Privatdetektiv Hercule Poirot und altjüngferliche Schnüffelnase Miss Marple von Agatha Christie. Sherlock Holmes von Arthur Conan Doyle ist eine Ikone. Aber auch Figuren wie Jules Maigret von Georges Simenon oder Philip Marlowe aus der Feder von Raymond Chandler waren weltweite Verkaufsschlager, die viele Male als Filme oder Serien adaptiert wurden. Eine etwas andere Genregröße ist Detektiv Conan, der sich gleich in mehrfacher Hinsicht von den obigen Beispielen unterscheidet. So feierte der versierte Rätselknacker im Gegensatz zu den obigen Kollegen und Kolleginnen nicht als Romanfigur seinen Einstand. Stattdessen handelt es sich bei ihm um die Hauptfigur eines Mangas, der ab dem 5. Januar 1994 erschienen ist. 30 Jahre später ist aus dieser ein absoluter Superstar geworden: Mehr als 100 Bände des Comics sind erschienen, die 1996 gestartete Animeserie bringt es inzwischen auf über 1100 Folgen. Und dann wären da noch zwei Dutzend Kinofilme, die jedes Jahr die Kassen klingeln lassen – auch außerhalb von Japan.

Großes Krimi-Vorbild

Gosho Aoyama, der Schöpfer von „Detektiv Conan“, auf dem Comic-Salon Erlangen. (Foto: Chikorita)

Dass seine Schöpfung einmal zu den größten Franchises der japanischen Unterhaltungsindustrie heranwachsen würde, hätte sich Gosho Aoyama seinerzeit wohl kaum zu träumen gewagt. Erfolge hatte der Japaner zuvor bereits gefeiert. So brachte es der angehende Samurai Yaiba im gleichnamigen Manga auch schon auf zwei Dutzend Bände und eine Animeserie. Und dann wäre da ja noch Magic Kaito, alternativ als Kaito Kid bekannt, der ebenfalls in einem Manga begann und als Anime seine Fans fand. Letzteren werden gerade auch Fans von Conan kennen, tauchen die zwei doch immer mal wieder in den Geschichten des jeweils anderen auf. Das ist irgendwo naheliegend. Nicht nur, dass es sich bei beiden Fällen um Krimis handelt. Aoyama verneigte sich dabei auch jeweils vor einer Krimigröße. So stand bei Kaito der Meisterdetektiv Arsène Lupin von Maurice Leblanc Pate, der auch für Lupin III Vorbild war. Detektiv Conan wiederum ist eine Hommage an Sherlock Holmes von Arthur Conan Doyle, das große Vorbild des Protagonisten.

Im Gegensatz zu dem historischen Helden geht Conan aber mit der Zeit. Genauer gibt es dort mehrere Science-Fiction-Elemente. Da ist allen voran ein mysteriöses Gift, welchem der Protagonist seine Gestalt „verdankt“. Fans wissen es natürlich: Eigentlich ist der Junge der Teenager Shinichi Kudō. Doch als der Hobbydetektiv mal wieder jemandem hinterherschnüffelt, legt er sich mit den falschen Leuten an. Diese injizieren ihm eine Substanz mit dem Ziel, ihn zu töten. Stattdessen verwandelt er sich in einen Jungen. Der Manga und der Anime bestehen dann auch aus zwei großen Elementen. Das eine betrifft die Jagd des Helden auf unheimliche in Schwarz gekleidete Männer, deren Rätsel er lösen und damit wieder in seine alte Gestalt zurückfinden will. Das andere sind die Kriminalfälle, die er lösen muss, ohne dass dabei jemand merkt, wer er in Wahrheit ist. Anstatt seinen richtigen Namen zu verwenden, nennt er sich nun Conan Edogawa, inspiriert von seinem Vorbild.

Schräge Figuren und sonderbare Fälle

Detektiv Conan Band 1 Manga
Zu Beginn ist der Protagonist noch der Jugendliche Shinichi Kudō. Erst durch ein experimentelles Gift verwandelt er sich in den Jungen Detektiv Conan. (© Egmont Manga)

Dieser Identitätswechsel war gerade zu Beginn mit einigem Humor verbunden. Zum einen taucht er bei seinem großen Schwarm Ran Mōri unter, die keine Ahnung hat, dass im Körper des Jungen in Wahrheit ihr Freund steckt, was immer wieder für peinliche Situationen sorgt. Aber auch deren Vater Kogorō ist zum Zweck des Comic Reliefs dabei. Denn der ist auch Privatdetektiv, allerdings kein guter. Ein Running Gag der Reihe ist, wie sich der Möchtegern-Kriminologe regelmäßig an den Fällen überhebt, dabei jedoch von Conan gerettet wird – ohne es zu merken. Kogorō ist dabei nicht die einzige überzeichnete Figur, mit der Zeit kommen andere hinzu. Tatsächlich sind es mittlerweile mehrere Dutzend Charaktere, die mal mehr, mal weniger regelmäßig auftauchen. Das macht den Einstieg bei späteren Geschichten schwierig: Wer nicht die ganze Zeit drüber dranbleibt, darf schon mal überwältigt sein.

Und noch etwas sorgte zumindest zeitweilig für Verwirrung: So basierten diverse Rätsel in den Kinofilmen auf japanischen Wortspielen. Diese wurden zwar immer erklärt, sodass auch ein westliches Publikum Einblick in die Gedankengänge erhält. Es machte es jedoch nahezu unmöglich, selbst auf die Lösung zu kommen. Andererseits ist Detektiv Conan in der Hinsicht ohnehin etwas eigen. Die Fälle und die Geschichten sind oft abgefahren. Schwerpunkt ist der Unterhaltungsfaktor, weniger nachvollziehbare Ermittlungen. Und dieser stimmt aus Sicht der Millionen von Fans, welche den Jungen seit mehreren Jahrzehnten begleiten und noch viele weitere Abenteuer in Aussicht haben.

Manga

Mir der 1994 gestarteten Mangareihe ging das Phänomen los. Noch immer erscheinen neue Bände, mit mehr als 270 Millionen verkauften Exemplaren steht die Reihe auf Platz 4 der erfolgreichsten Mangas aller Zeiten nach One Piece, Dragon Ball und Golgo 13. Neben der Hauptreihe gibt es noch ein paar Spin-offs, die sich um Nebenfiguren drehen und zum Teil ebenfalls als Anime adaptiert wurden. Abgesehen von Police Academy Arc – Wild Police Story werden diese jedoch von anderen Mangaka geschrieben und illustriert.

Serie

Die Animeserie nahm 1996 ihren Anfang und orientiert sich an dem Manga. So wie dieser ist die Serie inzwischen ein absoluter Dauerbrenner. Tatsächlich gehört sie mit mehr als 1100 Folgen zu den 15 längsten Animeserien aller Zeiten. Verantwortlich für die Umsetzung ist das Traditionsstudio TMS Entertainment, früher als Tokyo Movie Shinsha bekannt, das auch die Lupin III Animes produziert.

Filme

Die Filmreihe wurde 1997 begonnen. Seither erscheint jedes Jahr ein neuer Teil. Diese sind von demselben Team gefertigt wie die Serie und greifen die dortigen Figuren auf. Prinzipiell sind die Geschichten aber immer in sich abgeschlossen, weshalb man sie theoretisch auch ohne Vorkenntnisse schauen kann, zumal ein kurzer Vorspann das Grundszenario erklärt. Ungewöhnlich ist, dass die Reihe mit der Zeit immer populärer wurde. Das gilt nicht nur für Japan, sondern auch Südkorea und China, wo der Anime regelmäßig in den Top 10 steht.

Sonstige Titel

Neben den Hauptfilmen gibt es noch eine Handvoll weiterer Titel, die im Laufe der Zeit entstanden sind, darunter zwei Crossover mit Lupin III und ein paar Direct-to-Video-Produktionen. Hinzu kommen einige Spin-offs.



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