Die Regisseure Tyler Gillett (links) und Matt Bettinelli-Olpin (rechts) am Set der Horrorkomödie "Abigail" (© 2024 Universal Studios)

Matt Bettinelli-Olpin / Tyler Gillett [Interview]

Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett sind im Laufe der letzten zehn Jahre als Teil des Regie-Kollektivs Radio Silence einen festen Platz in der Horrorszene erarbeitet. Nachdem sie zunächst mehrere Genrebeiträge im Found-Footage-Umfeld gedreht haben, haben sie sich zuletzt mit humorvollen Horrorfilmen einen Namen gemacht. Zuerst veranstalteten sie in Ready or Not – Auf die Plätze, fertig, tot einen etwas anderen Spieleabend, danach verhalfen sie mit Scream und Scream VI dem bekannten Franchise zu einem Comeback. Und auch bei ihrem neuesten Werk Abigail verbinden sie Horror mit Humor, wenn eine Verbrechertruppe ein kleines Mädchen entführt, um Lösegeld zu erpressen, das sich dummerweise aber als Vampir herausstellt. Wir haben mit den beiden Regisseuren anlässlich des Kinostarts am 18. April 2024 gesprochen.

Was hat euch an dem Projekt gereizt? Warum wolltet ihr Abigail machen?

Matt Bettinelli-Olpin: Nachdem wir zwei Scream Filme gedreht haben, hatten wir große Lust, wieder etwas Frisches und Neues zu machen. Das Konzept eines Heist-Entführungsfilms, der sich in einen Vampirfilm wandelt, klang einfach sehr unterhaltsam und versprach, viel Spaß zu machen beim Dreh.

Aber warum einen Vampir? Ihr hättet jedes Monster für diese Geschichte nehmen können.

Tyler Gillett: Eine Sache, die für uns sehr aufregend war: Es gibt einfach so viele unglaubliche Vampirfilme und Serien, mit ganz unterschiedlichen Herangehensweisen, wie sie das Monster porträtieren. Bei kaum einem Monster gibt es so viele verschiedene Interpretationen und auch Subgenres. Der Film war unsere Chance, unsere Stimme bei diesem Mix noch hinzuzufügen und etwas Eigenes zu machen.

Könnt ihr euch erklären, warum ausgerechnet Vampire so viele unterschiedliche Filme hervorgebracht haben? Was ist besonders an ihm?

Matt Bettinelli-Olpin: Ein Unterschied ist, dass Vampire früher Menschen waren und sie damit etwas Menschliches an sich haben, mit dem wir uns identifizieren können. Du kannst um sie Sorgen und Nöte aufbauen, die vielleicht überzeichnet sind, unseren aber ähnlich sein können. Die Überlegungen zu Leben und Tod sind so existenziell und spannend, dass du viel mehr Möglichkeiten hast. Ein Vampir kann deshalb auch der Protagonist einer Geschichte sein und muss nicht unbedingt das Monster sein.

Als ihr an eurer Version gearbeitet habt, habt ihr euch dann an alten Filmen orientiert, um euch zu inspirieren? Oder wolltet ihr etwas ganz Anderes machen?

Tyler Gillett: Von beidem ein bisschen. Wir haben uns schon die alten Klassiker angeschaut, mit denen wir aufgewachsen sind und die wir so lieben, ebenso neue Vampirfilme. Wir wollten schon fest in dieser Mythologie drin sein und wissen, worauf es ankommt, eben weil wir die Erwartungen unterwandern und eigene Regeln aufstellen wollten. Es hat auch viel Spaß gemacht, uns mit diesen Filmen zu beschäftigt. Es ist schon unglaublich, dass du so unterschiedliche Filme hast wie Dracula und 5 Zimmer Küche Sarg, die alle dieselbe Figur verwenden.

Und wenn ihr euch einen Dracula-Film aussuchen müsstet, was wäre euer Favorit?

Tyler Gillett: Da spreche ich glaube ich für uns beide, wenn ich The Lost Boys sage.

Kommen wir auf Abigail zu sprechen. Wonach habt ihr bei der Besetzung gesucht?

Matt Bettinelli-Olpin: Wir brauchten jemanden, der verletzlich und unschuldig ist, gleichzeitig aber auch kraftvoll und kontrolliert. Als Alisha Weir ihre erste Castingrunde hatte, konnte sie mühelos zwischen diesen beiden Extremen hin und her wechseln. Wir waren schockiert, wie gut sie war. Am Set war sie sogar noch besser, als wir es uns erhofft hatten. Sie kann sehr überzeugend sein als unschuldiges Mädchen, von dem du hoffst, dass es nicht verletzt wird, genauso aber auch dieses Monster, das problemlos eine ganze Gruppe von Verbrechern ausschaltet.

Ich war ziemlich überrascht, als ich sie gesehen habe, weil ich sie aus Roald Dahls Matilda – Das Musical kannte und sie hier kaum wiedererkannt habe. Hattet ihr sie auf dem Schirm für die Rolle?

Tyler Gillett: Sie war Teil eines ganz normalen Castingprozesses mit einer Reihe anderer junger Schauspielerinnen. Es war ein glücklicher Zufall, dass sie Irin ist, genau wie Bram Stoker, der damals Dracula geschrieben hat. Und dann haben wir auch noch in Irland gedreht!

Könntet ihr uns etwas zum Setting verraten? Wo habt ihr den Film gedreht?

Matt Bettinelli-Olpin: Das ist ein Haus namens Glenmaroon in Dublin und war offensichtlich früher das Partyhaus der Guinness Familie. Seither hat es mehrere Wandlungen durchgemacht und ist jetzt ziemlich unheimlich und heruntergekommen. Es lebt auch niemand mehr dort. Für uns war das ideal als Setting, um unsere eigene Version zu erstellen. Das Haus ist auch wirklich so verwinkelt und seltsam, wie es im Film erscheint.

Ihr habt vorhin die Scream Filme erwähnt, die Teil eines großen Franchises sind. Und auch bei Abigail gibt es mit dem Vampir ein bewährtes Element. Was ist einfacher für euch: Mit einem großen Namen zu arbeiten oder etwas komplett Eigenständiges zu machen wie damals bei Ready or Not?

Tyler Gillett: Ich denke, dass es einfacher ist, solche Franchisefilme überhaupt machen zu können. Bei Originalen musst du oft stärker darum kämpfen, sie durchs System zu bekommen und wirklich drehen zu dürfen. Dafür sind sie aus kreativer Sicht einfacher, weil du keine Vorgaben hast, an die du dich halten musst. Du kannst prinzipiell alles machen, worauf du Lust hast. Wobei wir auch bei Abigail große Freiheiten hatten. Klar gibt es diese Verbindungen zu den anderen Filmen. Aber man hat uns freie Hand gelassen. Wir hatten nie das Gefühl, dass wir in unserer Kreativität eingeschränkt waren und bestimmte Punkte erfüllen mussten.

Vielen Dank für das Gespräch!



(Anzeige)