The Art of Love
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The Art of Love

„The Art of Love“ // Deutschland-Start: 13. Juli 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

So richtig viel Sex hat die Mittfünfzigerin Eva (Alexandra Gilbreath) eigentlich nicht mehr, steckt ihre Ehe mit Ben (Jeremy Swift) doch schon seit einer Weile in der Krise. Das hält sie aber nicht davon ab, regelmäßig für das Unternehmen The Art of Love Bewertungen über Sexspielzeuge zu schreiben. Irgendwo muss das Geld für den Urlaub ja herkommen, nachdem ihre Arbeit bei den Londoner Verkehrsbetrieben dafür nicht reicht. Der rund 20 Jahre jüngere Adam (Oliver Walker) ist ebenfalls für The Art of Love tätig, als Influencer ist er sehr gefragt. Nun sollen die beiden zusammenarbeiten bei einem neuen Sexspielzeug, das besonders echte Gefühle erzeugen soll – so der Plan von Chef Hector (Kenneth Collard). Doch kann das bei so unterschiedlichen Menschen funktionieren?

Das Kreuz mit dem Sex

Wenn in Filmen Humor und das Thema Sex verbunden wird, dann wird es schnell übel. Unzählige derbe Komödien, gerade in den USA, finden es irgendwie prinzipiell schon komisch, wenn über Sex gesprochen wird. Aber es gibt auch Ausnahmen, wo die inhaltlichen Ambitionen ein wenig größer sind. Irina Palm beispielsweise, über eine Großmutter, die des Geldes wegen fremde Männer mit der Hand befriedigt. Oder auch The (Ex)perience of Love, bei dem ein Paar noch einmal mit allen früheren Partnern und Partnerinnen Sex haben soll, um eine Krise zu überwinden. Nun kommt mit The Art of Love ein weiteres gelungenes Beispiel heraus, wo es wie bei den beiden obigen Titeln stärker um die Menschen geht anstatt um eine reine Befriedigung.

Zunächst könnte man dabei meinen, dass es sich hierbei um eine Liebeskomödie handeln könnte. Wenn sich zwei ungleiche Menschen am Anfang eines Films ziemlich kabbeln, dann ist das oft ein untrügliches Zeichen, dass sich diese beiden näherkommen werden. Das wäre hier sogar mal reizvoll gewesen, schließlich ist es noch immer eine absolute Seltenheit, wenn Frauen in Filmen deutlich älter sind als ihre Partner. Wo dies doch geschieht, etwa in Einfach mal was Schönes oder Für eine Nacht … und immer?, wird dies dann auch mit großem Misstrauen betrachtet. Bei The Art of Love findet eine Annäherung zwar ebenfalls statt. Aber es handelt sich um eine rein platonische. Die beiden so unterschiedlichen Figuren werden einander das Leben bereichern, ohne miteinander ins Bett zu gehen – trotz des allgegenwärtigen Sexthemas.

Das gemeinsame Glück

Dabei ist das Thema ohnehin ein anderes. Eigentlich erzählt Regisseur und Drehbuchautor Philippe Weibel von Einsamkeit. Das betrifft nicht nur die beiden Hauptfiguren, die zwar durchaus Kontakte haben – Eva ihren Mann, Adam One-Night-Stands –, und doch irgendwie allein durchs Leben stolpern. Damit sind die nicht allein. Tatsächlich bedienen auch die Sexspielzeuge, die ihr gemeinsamer Auftraggeber herstellt, einsame Menschen. Zwar klingt es erst einmal nach Selbstbestimmung, wenn sich jemand selbst befriedigen kann. Und es wird sicher auch einige geben, die das ganz bewusst einer Zweisamkeit vorziehen. Bei vielen dürfte es dann aber doch nur ein Mittel zum Zweck sein. The Art of Love zeigt uns eine Welt der zunehmenden Isolation. Und eine der fortwährenden Täuschung: So ist Adam als Influencer zwar beliebt, scheint selbstbewusst, ein echter Macher. Aber das ist eben nur Fassade.

Wenn hier zwei zueinanderfinden und sich gegenseitig diese Einsamkeit nehmen können, zumindest ein Stück weit, dann ist das rührend, mit einer Portion Wohlfühlglück. Er hat auch etwas Märchenhaftes, vergleichbar zu Fallende Blätter, bei dem etwas zwei Einsame eine Zweisamkeit entdecken. Dass der Film bei Festivals regelmäßig gut abgeschnitten hat, verwundert nicht weiter. Auch wenn vieles, wovon The Art of Love erzählt, etwa im Hinblick auf die Kommerzkritik, nicht wirklich neu ist, gibt es doch genügend, um sich darin wiederzufinden. Der Film ist angesichts einer zunehmenden Entfremdung ein Plädoyer dafür, wieder aufeinander zuzugehen, hinter Fassaden zu blicken – aber auch hinter Fassaden blicken zu lassen.

Credits

OT: „The Art of Love“
Land: Schweiz, UK
Jahr: 2021
Regie: Philippe Weibel
Drehbuch: Philippe Weibel
Musik: Dan Baboulene, Dean Valentine
Kamera: Brian D. Goff
Besetzung: Alexandra Gilbreath, Oliver Walker, Kenneth Collard, Michelle Greenidge, Jeremy Swift, Jasmine Blackborow

Bilder

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The Art of Love
fazit
„The Art of Love“ ist eine schöne Komödie über zwei ungleiche Menschen, die gemeinsam an einem neuen Sexspielzeug arbeiten. Statt derben Humors gibt es hier viel Menschlichkeit, wenn zwei einsame Seelen zueinanderfinden – ohne dass daraus eine Romanze gemacht würde.
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