Einfach mal was Schönes
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Einfach mal was Schönes

„Einfach mal was Schönes“ // Deutschland-Start: 17. November 2022 (Kino) // 20. April 2023 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Bei Karla (Karoline Herfurth) läuft es gerade nicht besonders gut. Dass sie bei ihrer Arbeit als nächtlicher Radiomoderatorin kaum ein Publikum findet und ihre Finanzen entsprechend überschaubar sind, daran hat sie sich gewöhnt. Dass ihr Freund sie nach drei Jahren sitzen lässt, kommt für sie dann aber doch aus heiterem Himmel. Und dann muss sie sich auch noch um ihre alkoholkranke Mutter Marion (Ulrike Kriener), die nicht darüber hinwegkommt, dass ihr Ex-Mann Robert (Herbert Knaup) die deutlich jüngere Sandy (Kathrin Angerer) heiraten will. Eigentlich würde sich Karla viel lieber erst einmal um ihr eigenes Leben kümmern. Da ihre Schwestern Jule (Nora Tschirner) und Johanna (Milena Tscharnkes) aber Marion ignorieren und anderweitig beschäftigt sind, bleibt ihr nicht anderes übrig. Und als wäre das alles nicht schon kompliziert genug, verliebt sie sich in den 10 Jahre jüngeren Krankenpfleger Ole (Aaron Altaras) …

Die Frage nach den Erwartungen

Nachdem sich Karoline Herfurth als Schauspielerin einen Namen gemacht hatte, scheint sie zuletzt primär daran interessiert zu sein, eigene Stoffe zu erzählen – mit sich als Hauptdarstellerin. Ihr Einstieg SMS für dich war dabei 2016 eine nicht übermäßig originelle Liebeskomödie, die beim Publikum aber gut ankam. Knapp 750.000 Menschen ins Kino zu locken, das muss man hierzulande mit dem Debütfilm erst einmal schaffen. Das actionreiche Sweethearts war 2019 schon ein künstlerischer Schritt nach vorne, enttäuschte aber an den Kinokassen. Mit dem mehrfach verschobenen Wunderschön gelang ihr dafür 2022 ein Volltreffer. Die Geschichte traf mit ihrem Body-Positivity-Thema und drei Generationen von Frauen einen Nerv, war nicht nur ihr bislang bester Film, sondern mit mehr als 1,5 Millionen Besuchern und Besucherinnen ein echter Überraschungshit.

Bei Einfach mal was Schönes würde ein kommerzieller Erfolg hingegen wohl niemanden überraschen. Herfurth, die wieder Regie führte, am Drehbuch mitarbeitete und die Hauptrolle übernahm, kehrt dabei auf der einen Seite zu ihrem beliebten Erstling zurück. Erneut geht es um eine Frau in der Krise, die sich neu verliebt und dabei auch ihr eigenes Leben überdenken muss. Verbunden wird dies wie bei Wunderschön mit ernsten Themen und den hässlichen Seiten des Lebens. Dabei geht es weniger um das körperliche Aussehen als vielmehr die Frage, was wir vom Leben erwarten und erwarten dürfen. Und vor allem darum: Was wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden? Wenn unsere Träume nicht wahr werden und es anstatt eines Märchenschlosses nur eine karge Wohnung im Sozialbau gibt?

Das Leben darf auch mal Mist sein

Davon ist einiges natürlich überzogen, entweder weil die Figuren nah der Karikatur sind – beispielsweise ist das Nesthäkchen Johanna ziemlich eindimensional – oder es zu Slapstick-Momenten kommt. Dennoch ist vieles so nah am Leben, dass sich viele im Publikum mit den Ereignissen werden identifizieren können. Einfach mal was Schönes behauptet dabei nicht, wie es Liebeskomödien gern tun, dass am Ende alles gut wird. Vielmehr ist der Film ein Plädoyer dafür, das Leben auch dann zu lieben, wenn es nicht so gelaufen ist, wie man es gern hätte. Wenn Pläne scheitern, die Beziehung ausbleibt oder kaputt geht, dann ist das alles nicht schön. Aber es ist eben normal und sehr viel mehr die Regel, als es einem viele Leinwand- oder Fernsehmärchen weismachen wollen. Der Film ist da wie eine tröstliche Umarmung, wenn wir hier erfahren dürfen, dass es völlig okay ist, wenn es zwischendurch hässlich ist und die Perspektive fehlt.

Leider fehlt Herfurth sowie Monika Fäßler und Tim Hebborn, die zusammen das Drehbuch geschrieben haben, in letzter Konsequenz aber der notwendige Mut. So will Einfach mal was Schönes einerseits eine Abkehr von der klassischen Liebeskomödie sein und doch auch eine Hommage. Während an manchen Stellen Klischees aufs Korn genommen werden, werden diese an anderen dafür umso stärker selbst gesucht. Ärgerlich ist zudem, dass der Film auf dramatische Zuspitzungen zurückgreift, um die Handlung voranzubringen und eine Entwicklung zu erzwingen. Das ist meistens ein Zeichen für Hilflosigkeit, vielleicht auch mangelnde Kreativität, um damit Konflikte aufzulösen. Hier geschieht das sogar mehrfach.

Sympathisch und stark gespielt

Dabei hätte der Film das gar nicht nötig gehabt. Der Verzicht hätte zudem bewirkt, dass die Länge weniger ausufernd gewesen wäre, womit man sich hier keinen Gefallen tat. Dennoch, der Film ist sympathisch, zudem von den meisten so gut gespielt, dass damit inhaltliche Schwächen nicht wirklich auffallen. Gerade Ulrike Kriener in der Rolle der ungeliebten Mutter hat einige starke Auftritte, wenn hinter dem krakeelenden Rausch Einsamkeit und die Sehnsucht nach Anerkennung hervorscheint. Selbst wenn Nummer vier ein Rückschritt gegenüber Wunderschön darstellt, ist er aufgrund solch sehenswerter Momente sowie einiger schön skurriler Einfälle doch gut genug, um auf weitere Werke von Herfurth hoffen zu dürfen, die sicher zu den interessanteren Stimmen des deutschen Mainstreams gezählt werden darf.

Credits

OT: „Einfach mal was Schönes“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Karoline Herfurth
Drehbuch: Karoline Herfurth, Monika Fäßler, Tim Hebborn
Musik: Annette Focks
Kamera: Daniel Gottschalk
Besetzung: Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Jasmin Shakeri, Milena Tscharntke, Ulrike Kriener, Herbert Knaup, Kathrin Angerer, Aaron Altaras

Bilder

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Preis Jahr Kategorie Ergebnis
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Einfach mal was Schönes
fazit
„Einfach mal was Schönes“ erzählt von einer Familie, bei der irgendwie nichts wirklich klappt. Das ist sympathisch und tröstlich, wenn es auch einfach mal okay ist, wenn Pläne scheitern und das Leben hässlich wird. Leider fehlt am Ende die Konsequenz, wenn doch zu viele Klischees bestätigt werden und der Film durch dramatische Zuspitzungen unnötig in die Länge gezogen wird.
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