Fallende Blätter Kuolleet lehdet Fallen Leaves
© Sputnik Oy / Pandora Film, Foto: Malla Hukkanen

Fallende Blätter

Fallende Blätter
„Fallende Blätter“ // Deutschland-Start: 14. September 2023 (Kino) // 18. Januar 2024 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Im Leben von Ansa (Alma Pöysti) und Holappa (Jussi Vatanen) geht es gerade ein wenig drunter und drüber. So hat Ansa ihre Stelle in einem Supermarkt verloren, weil sie abgelaufene Lebensmittel nicht entsorgt hat. Und auch bei dem Bauarbeiter Holappa steht beruflicher Ärger an, der mit seiner Vorliebe für Alkohol zusammenhängt – jede Menge Alkohol. Per Zufall laufen sich die beiden bei einem Karaoke-Abend über den Weg. Später werde sie sich erneut treffen. Und dabei soll es nicht bleiben, man möchte sich schon gern wiedersehen. Nur ist das Leben nicht so einfach, da warten noch ein paar Hindernisse auf die beiden – fremde wie selbstgeschaffene …

Willkommene Rückkehr des Altmeisters

Willkommen zurück, Aki Kaurismäki! Der finnische Regisseur mag zu den renommiertesten Filmschaffenden Europas zählen, seine Werke sind hoch gelobt, werden grundsätzlich zu den wichtigsten Filmfesten eingeladen. Richtig produktiv ist er hingegen nicht. Zwischen seinen Titeln liegen immer so viele Jahre, dass man sich bei jedem neuen nie sicher sein kann, ob es nicht sein letzter sein wird. So mussten Fans zwischen Le Havre (2011) und Die andere Seite der Hoffnung (2017) sechs Jahre warten. Ebenso lange dauerte es, bis er sich dieses Jahr mit Fallende Blätter zurückmeldete. Aber das Warten hat sich gelohnt. Die in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnete Geschichte um zwei einsame Seelen, die zueinanderfinden, ist ein weiterer Höhepunkt in Kaurismäkis Filmografie, obwohl – oder weil – er größtenteils nur das macht, was er schon immer gemacht hat.

Nein, niemand sollte hier erwarten, dass der Finne sich hier neu erfindet. Wie immer gibt es hier eine ganz eigene Mischung aus Melancholie und lakonischer Komik, wenn wir mit den beiden durch die Gegend schlurfen. Da gibt es starre Einstellungen, wenige Menschen, Dialoge lassen auf sich warten. Selbst ein Lächeln ist mit harter Arbeit verbunden, so als müssten die Figuren erst noch in den Keller gehen und in Dutzenden verstaubten Kisten danach suchen. Wenn zwei solche Leute den Weg zueinanderfinden, ein Ausweg aus den Abenden vor dem Radio oder mit der Flasche winkt, wer kann dazu schon Nein sagen? Grundsätzlich ähnelt Fallende Blätter dabei traditionellen Liebeskomödien, wenn das designierte Paar Hindernisse aus dem Weg räumen muss. Nur läuft das hier ohne Kitsch. Auch der Humor ist zurückgenommen.

Ein Film wie eine Umarmung

Der Film handelt dabei nicht nur von Liebe. Er ist auch selbst eine Art Liebeserklärung, genauer zwei. Die eine ist cineastischer Natur. So lässt es sich Kaurismäki nicht nehmen, immer mal wieder Verweise auf das Kino und die Filmgeschichte einzubauen. Dazu gehört auch ein Date-Film, der gleichzeitig höchst unpassend und doch irgendwie typisch ist. Die zweite Liebeserklärung gilt der einfachen Bevölkerung. Tatsächlich wird Fallende Blätter als Fortsetzung seiner sogenannten proletarischer Trilogie angesehen. Schon in Schatten im Paradies (1986), Ariel (1988) und Das Mädchen aus der Streichholzfabrik (1989) handelte er von Menschen in einfachen Verhältnissen. Menschen, die sonst oft nicht wahrgenommen werden, dürfen hier mal im Mittelpunkt stehen, selbst wenn sie gar nicht dafür gemacht sind.

Das ist alles so klassisch, zeitlos und irgendwie entrückt, dass der Film problemlos auch vor 30 Jahren hätte veröffentlicht werden können, ohne dass man viel dran hätte ändern müssen. Lediglich die Nachrichten zum Krieg in der Ukraine, die immer wieder zu hören sind, erinnern uns daran, dass wir bereits in den 2020ern angekommen sind. So wie Die andere Seite der Hoffnung vor einigen Jahren die Flüchtlingsthematik aufgegriffen hat, ist Fallende Blätter also durchaus in unserer Welt verortet. Nur eben in einer Welt, wie Kaurismäki sie sieht. In diese ist manches nicht so, wie es sein sollte. Es gibt Ungerechtigkeit, es gibt Kriege, es gibt Einsamkeit. Aber es gibt eben auch Hoffnung. Sich den Film anzuschauen, ist wie eine unbeholfene Umarmung: ein bisschen komisch, aber schön.

Credits

OT: „Kuolleet lehdet“
IT: „Fallen Leaves“
Land: Finnland
Jahr: 2023
Regie: Aki Kaurismäki
Drehbuch: Aki Kaurismäki
Kamera: Timo Salminen
Besetzung: Alma Pöysti, Jussi Vatanen, Janne Hyytiäinen, Nuppu Koivu

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir haben bei der Deutschland-Premiere von Fallende Blätter Alma Pöysti und Jussi Vatanen, die in der Tragikomödie die Hauptrolle spielen, zum Interview getroffen.

Alma Pöysti / Jussi Vatanen [Interview]

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Fallende Blätter
fazit
„Fallende Blätter“ ist ein typischer Film von Aki Kaurismäki, irgendwo zwischen Melancholie und lakonischer Komik, zwischen entrückter Nabelschau und nüchternem Blick auf die Welt. Auch wenn der finnische Regisseur damit nichts Neues erzählt, ist es doch schön, noch einmal mit ihm durch die Straßen von Helsinki zu stolpern, wenn zwei einsame Seelen unverhofft das Glück finden.
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