Boogie Nights
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Boogie Nights

Boogie Nights
„Boogie Nights“ // Deutschland-Start: 4. Juni 1998 (Kino) // 21. Mai 2010 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

So richtig toll sind die Aussichten von Eddie Adams (Mark Wahlberg) nicht gerade. Die Highschool hat er abgebrochen, spezielle Fähigkeiten, die ihn im Berufsleben weiterbringen könnten, hat er nicht. Und so lebt er noch bei seinen Eltern und verdient sich in einem Nachtclub ein bisschen hinzu. Dort trifft er auf Jack Horner (Burt Reynolds), einen erfolgreichen Porno-Regisseur, der immer wieder auf der Suche ist nach Nachwuchstalenten. Ein solches meint er auch in Eddie gefunden zu haben und veranstaltet deshalb mithilfe der Rollerskates fahrenden Brandy (Heather Graham) ein ganz spezielles Casting. Tatsächlich stellt sich dabei heraus, dass der vermeintliche Nichtsnutz für diese Aufgabe besonders gut ausgestattet ist. Und so macht dieser unter seinem neuen Künstlernamen Dirk Diggler Karriere …

Faszinierend-schillerndes Kaleidoskop

Auch wenn man sich das heute kaum mehr vorstellen kann, aber es gab tatsächlich eine Zeit, in der Mark Wahlberg darum kämpfen musste, irgendwie ins Filmgeschäft zu kommen. Klar war dieser schon in den 1990ern ein Star, damals noch unter seinem Spitznamen Marky Mark. Dennoch dürften nicht wenige mit der Nase gerümpft haben, als dieser jetzt auch noch Schauspieler werden wollte. Als Fun-Rapper und Unterwäschemodel Karriere zu machen, ist dann doch noch mal etwas anderes, als vor der Kamera in die Rolle anderer Menschen zu schlüpfen. Die ersten Engagements waren auch wenig erwähnenswert. Entweder war er in Nebenrollen zu sehen. Seine erste Hauptrolle in Fear – Wenn Liebe Angst macht war ein Debakel. Doch dann kam mit Boogie Nights ein Film, bei dem er tatsächlich überzeugen und den Grundstein legen konnte für seine Hollywood-Karriere.

Böse Zungen würden an der Stelle behaupten, dass die Darstellung eines dümmlichen Nichtsnutzes, dessen einziges Talent die äußeren Vorzüge sind, ihm auf den Leib geschrieben wurde. Und doch ist an der Figur deutlich mehr dran, als man anfangs meinen würde. So wie vieles in Boogie Nights komplexer ist, als es das Thema Porno erwarten lässt. Regisseur und Drehbuchautor Paul Thomas Anderson (There Will Be Blood, Magnolia), der seinerzeit selbst noch ziemlich am Anfang seiner Karriere stand, schuf mit seinem zweiten Film ein faszinierend-schillerndes Kaleidoskop, das prall gefüllt ist mit interessanten Figuren. Viele von diesen sind auch auf ihre Weise tragisch, wenn sie Träumen hinterherlaufen oder in einer Industrie arbeiten, bei der sich alles um Menschen dreht, das selbst aber oft unmenschliche Züge hat.

Aufstieg und Fall eines Pornostars

Tatsächlich erinnert Boogie Nights sehr an die ganzen Filme, bei denen es um Aufstieg und Fall in künstlerischen Berufen geht. A Star Is Born und Breaking Glass zeigte es anhand des Musikgeschäfts, wie jemand zu Ruhm kommen und anschließend daran kaputtgehen kann. Hier sind es eben Leute, die im Pornogeschäft arbeiten. Die Art der Arbeit ist natürlich nicht ganz zu vergleichen, vom Ablauf der Lebensgeschichten her ist das aber sehr ähnlich. Wobei die diversen Abstürze nur zum Teil auf die Protagonisten und Protagonistinnen selbst zurückzuführen ist. Anderson beschreibt, wie die gesamte Branche sich wandelt. So beginnt der Film während der sogenannten goldenen Jahre des Pornos, als die Filme ambitionierter und größer wurden, alle Wege offenstanden. Beispielsweise wird Eddie in Actionfilmen mitspielen, bei denen die Grenzen zwischen regulärem Film und Porno aufgehoben werden. Doch das Aufkommen eines Heimvideomarkts beendete den Höhenflug.

Anderson kombiniert hier also eine ganze Reihe Einzelschicksale mit einem generellen Zeitporträt. Da gibt es Amber Waves (Julianne Moore), deren Ex-Ehemann ihr wegen ihrer Pornoarbeiten das Sorgerecht wegnehmen will. Buck Swope (Don Cheadle) möchte einen eigenen Elektroladen aufmachen und scheitert daran. Es geht um unerwiderte Liebe, Drogensucht, alle Probleme, die das Leben so hergibt. Und doch ist Boogie Nights kein Betroffenheitsdrama, sondern begegnet den Figuren mit einer Mischung aus Humor und Einfühlungsvermögen. Anderson glorifiziert nicht, verurteilt aber auch nicht. Vieles ist kurios, manches auch irgendwie traumartig, wenn die Männer und Frauen in ihrer eigenen kleinen Welt leben. Nur dass die Außenwelt weiter existiert und jede Begegnung aus beidem zu einer Katastrophe führen kann. So oder so ist die Geschichte um die Erotikindustrie gleichermaßen spannend wie unterhaltsam und zudem ein gutes Beispiel dafür, nicht nur die äußere Hülle anzuschauen.

Credits

OT: „Boogie Nights“
Land: USA
Jahr: 1997
Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson
Musik: Michael Penn
Kamera: Robert Elswit
Besetzung: Mark Wahlberg, Julianne Moore, Burt Reynolds, Don Cheadle, John C. Reilly, William H. Macy, Heather Graham, Nicole Parker, Philip Seymour Hoffman

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1998 Bester Nebendarsteller Burt Reynolds Nominiert
Beste Nebendarstellerin Julianne Moore Nominiert
Bestes Original-Drehbuch Paul Thomas Anderson Nominiert
BAFTA 1998 Bester Nebendarsteller Burt Reynolds Nominiert
Bestes Original-Drehbuch Paul Thomas Anderson Nominiert
Golden Globes 1998 Bester Nebendarsteller Burt Reynolds Sieg
Beste Nebendarstellerin Julianne Moore Nominiert

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Boogie Nights
fazit
„Boogie Nights“ nahm sich das ungewohnte Milieu der Pornoindustrie und begegnet den Menschen, die dort arbeiten, mit viel Humor und Einfühlungsvermögen. Das erinnert zum Teil sehr an die Aufstieg-und-Fall-Dramen, die es zu künstlerischen Berufen zuhauf gibt. Dabei beschreibt der Film eine in sich geschlossene Welt voll spannender Gestalten, deren Träume an der Außenwelt zerplatzen.
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