
Sonja (Karoline Herfurth) und Milan (Friedrich Mücke) leben mittlerweile getrennt und betreuen ihre Kinder im Wechsel. Aber emotional ist der Ofen noch nicht ganz aus. Milans Schwester Julie (Emila Schüle) hat einen neuen Job als Aufnahmeleiterin einer Fernsehsendung. Dort wird sie von Redaktionsleiter Paul (Samuel Schneider) sexuell bedrängt, was weder die Moderatorin Regine (Anja Kling) noch Kolleginnen schlimm finden. Sonjas Freundin Vicky (Nora Tschirner) fällt wegen ihres Kunstunterrichts, der Schülerinnen auf die Idee bringt, überall Aufkleber mit Klitorisbildchen im Gymnasium anzubringen, in Ungnade. Auch ist ihr Freund Franz (Maximilian Brückner) lieber auf Reisen, als mit ihr über die Beziehung zu sprechen. Für die 50-jährige Nadine (Anneke Kim Sarnau) bricht eine Welt zusammen, als sie erfährt, dass ihr Mann Phillipp (Godehard Giese), der neue Berliner Finanzsenator, in Begleitung einer jungen Escort-Dame fotografiert wurde. Sie beschließt, diese Frau kennenzulernen.
Das Problem toxische Männlichkeit
Die Schauspielerin Karoline Herfurth hat sich längst auch als Regisseurin erfolgreicher Komödien bewährt. Diese beobachten oft ziemlich treffend, mit welchen individuellen Nöten und gesellschaftlichen Erwartungen sich Frauen so herumschlagen. Wunderschön aus dem Jahr 2022 drehte sich um die Probleme mehrerer Frauen in verschiedenen Lebensphasen mit ihrer körperlichen Attraktivität. Der Film lockte fast 1,7 Millionen Besucher*innen in die Kinos. In der Fortsetzung erzählen Herfurth und ihre Co-Autorin Monika Fässler von Frauen, die sich den sexuellen Bedürfnissen der Männer nicht mehr unterordnen wollen. So spielt toxische Männlichkeit eine große Rolle, die schon bei Teenagern verbreitete Vorstellung vom starken Geschlecht, das keine Tränen vergießt, das weibliche Wesen erobert. Nicht nur einmal bedrängt in diesem Film ein Mann eine Frau, ein Junge ein Mädchen und küsst, ohne zu fragen. Ganz explizit lehnt sich eine Szene an den Fall des in Spanien angeklagten Ex-Fußballverbandschefs an, der einer Spielerin bei der WM-Siegesfeier 2023 einfach einen Kuss auf den Mund gedrückt hatte.
Aktuell sind die Themen bei Herfurth also schon. Julie erfährt in ihrem neuen Job beim Fernsehen, dass ein übergriffiger Umgang von vielen geduldet wird. Die Moderatorin Regine sagt ihr, sie könne das ganze MeToo-Gerede ohnehin nicht mehr hören. Nadine erfährt, wie schlecht es der Zwangsprostituierten geht, mit der sich ihr Mann vergnügte. Spätestens bei diesem Thema verlässt der Film aber auch das Komödiengenre. In der Rolle der Sonja konnte Herfurth beim Poledance noch einmal ihr Talent für physische Comedy ausspielen und fand sich auch in einem schön grotesk inszenierten nächtlichen Albtraum wieder, mit Riesenbaby und fremdgehendem Mann. Aber im Verlauf werden die Episoden doch sehr ernst. Auch das wäre ja noch nicht so schlimm, gäbe es nicht erhebliche Probleme beim Spannungsaufbau und müsste man nicht rätseln, warum so viele Charaktere auftreten, deren Relevanz sich kaum erschließt.
Ernste Krisenstimmung
Wer sich noch erinnern kann, was beispielsweise Sonja, Milan, Vicky, Julie in Wunderschön erlebten, dem dürfte die Orientierung hier vielleicht eine Spur leichter fallen. Julie ist offenbar immer noch labil, ihr Bruder versucht, sie aufzubauen. Immerhin weiß man, was ihr im neuen Job zu schaffen macht, aber was eigentlich Sonjas und Milans Problem miteinander jetzt ist? Ohnehin lenkt einen oft die Frage ab, in welcher Wohnung sich Sonja oder Milan gerade befinden, in Vickys Hausboot, im Familiendomizil, in dem sie die Kinder im Wechsel betreuen, oder im Haus von Milans und Julies Eltern. Wer von den zahlreichen Figuren – manche sind neu – mit wem verwandt, verschwägert oder bekannt ist, bleibt lange knifflig, worauf aber die schnell herunter geratterten Dialoge keine Rücksicht nehmen. Etliche Charaktere sind chronisch missgelaunt und zugleich wild entschlossen, ihre Standpunkte wortreich zu behaupten.
Manchmal wirken die Beziehungskrisen reichlich banal oder forciert und in ihnen stecken oft langweilige Figuren. Diese sind vor allem oberflächlich gezeichnet und ihr Erleben rührt nur selten an. Nora Tschirners Vicky regt sich auf, dass ihr Franz einfach monatelang flüchtete, ohne auszudiskutieren, was sie will: sexuell nicht darauf angewiesen zu sein, wann und wie oft er Lust hat. Ach Menno! Irgendwann sitzen ein paar der Hauptcharaktere betrübt und ratlos da und sinnieren – jede*r für sich in einzelnen Szenen. Da könnte man kurz im Kinosaal auf dem Handy mit jemandem chatten, um auch ein wenig herumzunörgeln. Es regt eher auf als an, wenn sich der Eindruck verfestigt, dass der Film mit seinen plakativen Geschichten moralisch belehren will.
OT: „Wunderschöner“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Karoline Herfurth
Drehbuch: Karoline Herfurth, Monika Fässler
Musik: Annette Focks
Kamera: Daniel Gottschalk
Besetzung: Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Anneke Kim Sarnau, Emilia Schüle, Friedrich Mücke, Godehard Giese, Anja Kling, Samuel Schneider, Maximilian Brückner, Jasmin Shakeri, Emilia Packard
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