Jazzfieber
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Jazzfieber

Jazzfieber
„Jazzfieber“ // Deutschland-Start: 7. September 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Wer sich ein wenig für die Entwicklung von Musikstilen interessiert, gerade auch im historischen Kontext, bekommt momentan ziemlich viel Stoff. So beleuchtete Ladies First: Eine Geschichte der Frauen im Hip-Hop die letzten Jahrzehnte weiblicher Rapmusik, von den Anfängen in den 1970ern bis in die Gegenwart. Und auch in Le Mali 70 begibt man sich auf eine Spurensuche. Die ist diesmal sogar über Ländergrenzen hinweg, wenn eine Berliner Bigband in das westafrikanische Land reist, um dort mehr über die Wurzeln ihrer eigenen Musik zu erfahren. Nun steht mit Jazzfieber ein weiterer Dokumentarfilm in den Kinos an, der von deutscher Musik und ihren Einflüssen berichtet. Dieses Mal ist es, der Titel verrät es bereits, der Jazz.

Quellensuche des deutschen Jazz

Auch hier steht am Anfang die Frage: Was für eine Musik spielen wir hier eigentlich? Woher kommt sie? Wie hat sie sich im Laufe der Zeit verändert? Zu dem Zweck begleitet Regisseur Reinhard Kungel die jungen Jazz-Musiker und Musikerinnen Alma Naidu, Jakob Bänsch, Caris Hermes, Mareike Wiening und Niklas Roever. Die Fahrt mit dem Tourbus wird zum Aufhänger für einen eigenen Rückblick. Doch während die obige Afrikareise auch von einer aktuellen kulturellen Begegnung erzählte, wenn deutsche auf afrikanische Muszierende treffen, da bleibt man in Jazzfieber unter sich. Eine vergleichbare Horizonterweiterung steht unter diesen Bedingungen dann natürlich nicht an. Zwar wird auch hier von Einflüssen gesprochen, die aus dem Ausland kommen. Logisch, Jazz ist nun einmal keine deutsche Erfindung. Aber es bleibt doch ein hiesiger Blick.

Dafür ist der zeitliche Umfang größer, und das gleich in doppelter Hinsicht. Nicht nur, dass ein sehr weiter Bogen gespannt wird, wir beispielsweise von dem Jazz zu Zeiten des Dritten Reichs oder der Situation im Nachkriegsdeutschland erfahren. Der Film selbst ist über einen langen Zeitraum entstanden: 2011 hat das Projekt angefangen, bis 2023 hat Kungel an der Dokumentation gearbeitet. Das hat zur Folge, dass in Jazzfieber auch Künstler zu Wort kommen, die inzwischen längst gestorben sind. So zählen der Filmkomponist Peter Thomas und der Sänger Paul Kuhn zu den 16 Protagonisten und Protagonistinnen, die ihr Wissen mit dem Publikum teilen. Filmfans dürfen sich auch über die Interviews mit dem legendären Klaus Doldinger freuen, der durch seine Titelmelodien zu Das Boot und Tatort unsterblich geworden ist und auch die Musik für Die unendliche Geschichte komponierte.

Viel für die Ohren

Neben den zahlreichen Interviews gibt es in dem Dokumentarfilm, der auch auf dem Fünf Seen Film Festival 2023 läuft, natürlich noch die eine oder andere Kostprobe. So sind eine Reihe von Konzertaufnahmen integriert, dazu mehrere Jam Sessions. Dadurch bekommt das Publikum einen Einblick in die Vielfalt des musikalischen Genres, gerade auch im historischen Verlauf. Für Jazz-Fans ist Jazzfieber damit auf jeden Fall empfehlenswert. Wer sich nicht dazu zählt, hat es schon etwas schwieriger. Zwar sind da die besagten Passagen vor und nach dem Krieg, die von den Kontexten erzählen, vor denen musiziert wurde. Für die späteren Jahre findet sich aber nichts Vergleichbares. Die Frage, ob der Jazz überhaupt eine Zukunft hat, wird dabei begeistert bejaht. Das war es aber auch schon.

Was nicht so ganz dabei herauskommt, ist der Grund, warum das alles so toll ist. Da hier Jazz-Muszierende unter sich bleiben, fehlt ein wenig der Blick von außen. Zwischendurch ist da zwar mal die Rede von dem Image dieses Genres, das nicht auf der Stufe mit klassischer Musik steht. Weiter verfolgt wird dieses Thema aber nicht, auch wenn es spannend gewesen wäre. Doch selbst ohne das gibt es hier eines an Stoff. Ein Interesse an dem Thema vorausgesetzt, spricht nichts dagegen, sich ein bisschen von Jazzfieber anstecken zu lassen.

Credits

OT: „Jazzfieber“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Reinhard Kungel
Drehbuch: Reinhard Kungel
Musik: Michael Augustin
Kamera: Reinhard Kungel, Hans-Peter Eckardt, Andreas Heinrich, Thomas Holzhäuser, Martin Hans Schmitt

Bilder

Trailer

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fazit
„Jazzfieber“ beleuchtet die Geschichte des deutschen Jazz von der Nazi-Zeit bis zur Gegenwart. Diese historische Komponente ist spannend, zumal der Film selbst auch über 12 Jahre entstanden ist. Die Doku richtet sich aber schon an Fans, die etwas mit der Musik und auch den zahlreichen Künstlern und Künstlerinnen etwas anfangen können, die hier zu Wort kommen.
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