Die unendliche Geschichte
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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte
„Die unendliche Geschichte“ // Deutschland-Start: 6. April 1984 (Kino) // 5. Dezember 2019 (Mediabook)

Geschichten sind die besten Freunde des jungen Bastian Bux (Barret Oliver). Gerade nach dem Tod seiner Mutter flüchtet er sich lieber in die Seiten eines Buches, als die vielen Unannehmlichkeiten des Alltags zu ertragen, zu denen die zähen Gespräche mit seinem Vater gehören, aber auch die Schikanierungen seiner Klassenkameraden. Auf der Flucht vor diesen landet er in einem Buchladen, in welchem er auf ein geheimnisvolles Buch stößt, welches er in seinem Versteck auf dem Dachboden seiner Schule zu lesen beginnt. Das Buch namens „Die unendliche Geschichte“ handelt vom sagenumwobenen Reich Phantásien, beherrscht von der Kindlichen Kaiserin, welches von einer unheimlichen Macht, die nur „das Nichts“ genannt wird, bedroht ist. Auserwählt von ihren Gefolgsleuten sowie den anderen Völkern ihres Reiches entsendet man den Krieger Atréju (Noah Hathaway), der nach einem Heilmittel für die Kaiserin, die schwer erkrankt ist, suchen soll und damit nach einem Weg, „das Nichts“ aufzuhalten. Auf seiner gefährlichen Reise durch Phantásien muss Atréju viele Prüfungen bestehen und um sein Leben kämpfen, und während Bastian weiter in dem Buch liest, merkt er, wie seine Geschichte mit der Phantásiens verknüpft ist und welche Rolle er für das Überleben dieser Welt spielt .

Die Sucht nach Geschichten
Für viele, besonders jene, die in den 80er Jahren ihre Kindheit durchlebt haben, ist Wolfgang Petersens Die unendliche Geschichte einer jener magischen Kinomomente jener Zeit, die man nicht vergessen kann. Wie Filmkritiker Nando Rohner im Booklettext des kürzlich erschienen Mediabooks erklärt, war der große Erfolg des Film letztlich auch so etwas wie eine Bastion gegen ein Unterhaltungskino, welches, ähnlich wie heute, fest in der Hand von Konzernen wie Disney lag. Da die Geschichte um das Fantasiereich Phantásien einen großen finanziellen Aufwand bedeutete, wurde schlussendlich der damals aufstrebende Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Wolfgang Petersen (Das Boot) betraut.

Auch wenn Romanautor Michael Ende alles andere als zufrieden mit dem Film war, wurde die Verfilmung zu einem großen Erfolg, ähnlich wie seine Vorlage, erzählt sie doch im Kern von unserer eigenen Sucht nach Geschichten. Ähnlich einem Don Quijote ist Bastian Bux jemand, der sich in Geschichten flüchtet und letztlich von ihnen abhängig wird, was für den einen reiner Eskapismus ist und für den anderen wiederum ein Weg mit der grauen Realität umzugehen. Wie in seinen anderen Werken, am deutlichsten vielleicht in Momo, stellt das Fiktionale eine Art Spiegel der Wirklichkeit und der inneren Hemmnisse des Protagonisten dar.

Innerhalb der Verfilmung dominieren daher konsequent eher die Dunkelheit. Phantásien wird als eine Welt am Abgrund betrachtet, seine Bewohner größtenteils, wie die Schildkröte Morla oder der Steinbeißer, gefangen in einer Art Lethargie oder Ohnmacht, die sie nicht abschütteln können. Das wohl eindrucksvollste Bild, auch aus tricktechnischer Sicht, ist der Steinbeißer, ein gewaltiger Koloss, der seine eigene Nutzlosigkeit beweint, haben doch seine „großen, starken Hände“ keineswegs dem Nichts Einhalt gebieten können. Phantásien ist eine Welt geprägt von jener Hoffnungslosigkeit, jener Trauer, die man nur schwer abschütteln kann und die einen handlungsunfähig macht. Ein eindrucksvolles, sehr verständnisvolles Bild menschlicher Emotionen und wie wir mit diesen umgehen.

Die Erschaffung einer neuen Welt
Auch aus heutiger Sicht kann man über den Detailreichtum dieser filmischen Verarbeitung der Vision Endes staunen. Gedreht in den Babelsberger Filmstudios gelingt ein sehr plastisches Bild dieser Fantasiewelt, die gerade durch die Vermeidung von CGI, was zu jener Zeit noch in den Anfängen stand, besticht und dieser Welt und ihren Bewohnern, vom Nachtalb bis zur Kindlichen Kaiserin, eine gewisse Unschuld verleiht. Ein Wesen wie der Werwolf Gmork, nach wie vor wie die Ausgeburt der Albträume und Ängste eines Kindes, selbst wenn die Effekte heutzutage etwas veraltet wirken.

Zusätzlich zu den Effekten trägt die atmosphärische Musik aus der Feder Klaus Doldingers sehr zur Wirkung dieser Welt bei. Immer wieder findet man den richtigen Ton, um jenes Schwanken zwischen Hoffnung und Zweifel deutlich zu machen, welches sowohl Bastian als auch Atréju durchleben.



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„Die unendliche Geschichte“ ist auch nach vielen Jahren ein packender, berührender Film über die Macht von Hoffnung und der Wichtigkeit der Fantasie für unser Leben. Mit nach wie vor tollen Effekten und der meisterlichen Musik Klaus Doldingers kann man, selbst wenn man kein Kind der 80er ist, immer wieder in dieses Reich abtauchen, wie es Bastian im Film und im Buch tut, und sich verzaubern lassen.
9
von 10