Grump Mielensäpahoittaja Eskorttia etsimässä
Szenenbild aus Mika Kaurismäkis Tragikomödie "Grump"

Mika Kaurismäki [Interview]

Grump (Kinostart: 24. November 2022) erzählt die Geschichte eines älteren Griesgrams (Heikki Kinnunen), dessen Auto eines Tages kaputt geht. Da er kein Neues will, begibt er sich auf die Suche nach einer identischen Ausgabe, die ebenso feuerrot ist und Baujahr 1972 haben muss. Einfach ist das nicht, die Suche führt ihn nach Deutschland, wo sein Bruder Tarmo (Kari Väänänen) lebt. Viel Kontakt hatten sie zuvor nicht. Und das ist nicht das einzige Problem, mit dem sich die Familie herumplagt und das sie im Laufe der Reise lösen muss. Anlässlich der Deutschland-Premiere auf dem Filmfest Hamburg 2022 haben wir uns mit Regisseur Mika Kaurismäki im Interview über die Arbeit an der Tragikomödie unterhalten.

 

Wie sind Sie zu dem Film Grump gekommen? Könnten Sie uns etwas über die Entstehungsgeschichte verraten?

Der Film basiert auf einer Romanreihe von Tuomas Kyrö, die in Finnland sehr populär ist. Angefangen hat er eigentlich mit Hörspielen. Als die immer beliebter wurden, fing er an, auch Bücher rund um die Figur Grump zu schreiben. Später wurden diese verfilmt, meiner ist der dritte Film in der Reihe. Wobei jeder Film etwas Eigenes erzählt. Ich hatte auch sehr viele Freiheiten und durfte meine eigenen Ideen einbringen. Insgesamt ist es aber natürlich die Geschichte von jemand anderem und es war sehr nett, mich zur Abwechslung mal rein auf die Regie konzentrieren zu können und mich nicht mit anderen Punkten wie der Finanzierung beschäftigen zu müssen. Ich war schon überrascht, als man mich gefragt hat, ob ich den Film übernehmen möchte. Aber ich hatte gerade Zeit und es war eine sehr angenehme Erfahrung für mich, auch weil ich das erste Mal mit Heikki Kinnunen arbeiten durfte, der in Finnland ein sehr bekannter Schauspieler ist.

Ist es leichter, die Geschichte eines anderen zu erzählen als die eigene?

In dem Fall ja. Die Figur war bekannt, ich musste da nicht viel machen und wie sonst üblich von Null anfangen.

Spielte der Roman auch schon in Deutschland?

Ja, das war schon beim Roman so. Auch die Suche nach dem Auto und der Bruder gab es da schon. Andere Sachen haben wir aber für den Film eingefügt.

Wie war es denn für Sie, in Deutschland zu arbeiten? Sie haben hier schließlich seinerzeit studiert.

Das war tatsächlich ein bisschen so, als wäre ich nach Hause gekommen. Ich habe lange in Deutschland gelebt und verbinde viele schöne Erinnerungen damit. Wahrscheinlich hat das auch dazu beigetragen, dass ich bei dem Film zugesagt habe.

Wie sind Sie auf Rosalie Thomass gekommen, die in dem Film die Tochter des Bruders spielt. Kannten Sie sie schon?

Nur aus Filmen. Ich hatte sie in Doris Dörries Grüße aus Fukushima gesehen und fand sie sehr gut. Als ich sie gefragt habe, hat sie sofort zugesagt, und ich bin sehr froh, dass sie mitgemacht hat. Sie ist eine ganz tolle Schauspielerin. Ihre Rolle ist zwar eher klein, aber sie hat mehrere sehr wichtige Szenen.

In Grump spricht sie an mehreren Stellen Finnisch. Hat sie das für den Film gelernt oder konnte sie vorher schon Finnisch?

Das hat sie tatsächlich extra für den Film gelernt und hat das sehr gut gemacht. In der synchronisierten Fassung geht das natürlich verloren, aber im Original spricht sie tatsächlich Finnisch und kann das jetzt ein bisschen.

Die Geschichte von Grump beginnt damit, dass das Auto der Hauptfigur kaputt geht und er unbedingt noch einmal eins wie das alte haben will. Warum ist ihm das so wichtig? Warum nimmt er kein beliebiges andere Auto, anstatt diese Strapazen auf sich zu nehmen?

Er hat kurze Zeit vorher seine Frau verloren. Als er dann auch noch sein Auto verliert, ist ihm das einfach zu viel. Er hat es so viele Jahre gehabt und verbindet so viele Erinnerungen damit. Gekauft hatte er es sich, als er seinen ersten Sohn bekommen hat. Das Auto war also über viele Jahre Bestandteil seines Lebens und das will er nicht einfach so aufgeben.

Können Sie das denn nachvollziehen, wenn ein Objekt einen solchen sentimentalen Wert hat für jemanden?

Doch, ja. Ich kenne Leute, für die das Auto einen solchen Wert hat. Wobei es früher bei Autos auch noch mehr Unterschiede gab. Da machte es wirklich einen Unterschied, welches Auto man hatte. Da hatte jedes eine eigene Persönlichkeit. Heute sind die oft ziemlich gleich.

Im Laufe des Films lernen wir neben Grump noch die Familie kennen. Dabei fällt auf, dass die alle irgendwelche Schwierigkeiten miteinander haben. Grump hat welche mit seinen Söhnen. Die wiederum mit ihren Söhnen oder der Ehefrau. Bei Grumps Bruder ist es die Tochter. Was stimmt bei dieser Familie nicht, dass wirklich alles ein Problem ist?

Das stimmt schon. Grundsätzlich haben aber alle Familien ihre Probleme, die einen mehr, die anderen weniger. Wir wollten mit unserem Film aufzeigen, wie schwierig es mit den verschiedenen Generationen sein kann. Aber das ist alles lösbar. Uns war es wichtig, dem Publikum zu sagen, dass man alte Fehler wiedergutmachen und alles reparieren kann. Das war die Aussage unseres Films. Das Leben gewinnt. Dafür haben wir das Drama stärker betont als die Vorgänger, bei denen die Komödie doch wichtiger war. Für mich war die Figur des Grump schon komisch genug, da musste ich nicht viel machen. Da war ich mehr an der Linie zwischen dem Komischen und dem Traurigen interessiert.

An einer Stelle sagt der Sohn des Protagonisten, dass er nie wie sein Vater werden wollte und deshalb immer versucht hat, alles anders zu machen. Dennoch findet er keinen Zugang zu seinen Kindern. Ist die richtige Kommunikation etwas, das angeboren ist, oder lernen wir das über unsere Eltern?

Das ist eine schwierige Frage. Unsere Eltern sind natürlich das Muster, an dem wir uns orientieren. Das geschieht anfangs noch unbewusst. Erst später fangen wir an zu verstehen, warum sie sich auf ihre Weise verhalten haben. Das ist ein Lernprozess, den wir alle durchmachen. Bei mir ist das nicht anders. Wenn Eltern keinen Zugang zu ihren Kindern finden, heißt das aber nicht automatisch, dass sie etwas falsch machen. Die Entwicklung ist heute so schnelllebig, dass es für viele schwierig ist, da noch Schritt halten zu können. Wer heute jung ist, der ist damit aufgewachsen, dass Handys überall sind und ein fester Bestanteil unseres Lebens. Das kannst du als Vater nicht ändern. Sie kennen das gar nicht anders, ihre Realität ist eine ganz andere. Umso wichtiger ist es, trotzdem im Gespräch zu bleiben und offen miteinander zu reden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Mika Kaurismäki wurde am 21. September 1955 in Orimattila, Finnland geboren. Von 1977 bis 1981 studierte er an der Hochschule für Film und Fernsehen in München und schloss sein Studium mit der Tragikomödie Der Lügner ab (1981). Die Hauptrolle spielte darin sein jüngerer Bruder Aki, der später selbst Filmemacher wurde. Mit diesem und Freunden gründete er die Produktionsfirma Villealfa Filmproductions, die im Laufe der Zeit zu einer der erfolgreichsten in Finnland wurde. Sein größter internationaler Spielfilm war die Komödie L.A. Without a Map (1998) mit Johnny Depp, ein weiterer international besetzter Film war das Historiendrama The Girl King (2015) über Christina von Schweden.



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