Hamam – Das türkische Bad Il bagno turco
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Hamam – Das türkische Bad

Inhalt / Kritik

Hamam – Das türkische Bad Il bagno turco
„Hamam – Das türkische Bad“ // Deutschland-Start: 29. Oktober 1998 (Kino) // 11. Juni 2010 (DVD)

In Rom hat sich das Ehepaar Francesco (Alessandro Gassman) und Marta (Francesa d‘Aloja) ein sehr gutes Leben aufgebaut. Sie verkehren in den gehobenen Kreisen der Stadt und verdienen viel Geld mit ihrer Design-Firma. Seit geraumer Zeit ist die Ehe jedoch alles andere als harmonisch, sodass es wegen jeder Kleinigkeit zu einem Streit kommt, auch, als Francesco vom Tod seiner Tante hört, die zeit ihres Lebens in Istanbul gelebt hat und ihm ihren Besitz vererbt hat. Widerwillig reist er in die türkische Metropole, um den Besitz zu verkaufen: ein Haus sowie ein türkisches Bad, einen Hamam, welches bereits seit Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Dabei lernt Francesco die Familie kennen, die sich in den letzten Lebensjahren um seine Tanten gekümmert hat. Über sie, besonders über deren Sohn Mehmet (Mehmet Günsür), lernt er Istanbul kennen, das Essen, die Menschen und die Hamams der Stadt. Zeitgleich entdeckt er unter den Dokumenten seiner Tante einen Stapel Briefe, die an seine Eltern in Italien adressiert sind, aber ungeöffnet wieder zurück nach Istanbul kamen. In ihnen erklärt die Verstorbene ihre Liebe zu der Türkei und wie sie durch den Kauf der Wohnung wie auch des Hamams sich ein neues, besseres Leben in dieser neuen Kultur aufbaute.

Die Liebe und die Stadt

Seine Karriere begann Ferzan Özpetek (Das Geheimnis von Neapel) als Regieassistent in Italien, wo er unter Filmemachern wie Maurizio Ponzi und Ricky Tognazzi arbeitete, bis er schließlich 1997 mit Hamam – Das türkische Bad seinen ersten Spielfilm drehte, welcher mit großem Erfolg in vielen Programmkinos lief. Sowohl auf dem Ankara International Film Festival wie auch dem Istanbul International Film Festival wurde der Film ausgezeichnet und ebnete den Weg für Özpetek weitere Karriere. Wie in seinen späteren Werken geht es auch in Hamam um Beziehungen auf dem Prüfstand, um sexuelle Identitäten sowie den Konflikt zwischen Moderne und Tradition.

Im Grunde ist Hamam vor allem ein Film über Istanbul, deren verschiedene Facetten in vielen Aufnahmen von Pasquale Mari gezeigt werden. In Kombination mit der Filmmusik von Pivio und Aldo De Scalzi entsteht ein Bild der türkischen Metropole, deren Verbindung zu europäischen wie der osmanischen Kultur, doch zugleich ein Spiegel für die Veränderung des Protagonisten, der zu Beginn keinerlei Bezug zu dieser Stadt hatte und am liebsten so schnell es geht diese wieder verlassen hätte. Im Gegenzug dazu wirkt Rom geradezu anonym, vielleicht auch eher als Kulisse für das Leben Francescos und Martas, welche die meiste Zeit über in ihrer großzügigen Wohnung verbringen und  Wohnungen als Rückzugsort gestalten. Das Emotionale bleibt dabei schon lange auf der Strecke, was durch die Kameraarbeit und die Trennung der beiden Figuren mehrmals betont wird, und einen Kontrast bietet zu den Szenen voller Intimität im türkischen Bad, welches aufgrund seiner Architektur keinerlei Rückzugsmöglichkeiten bietet. In Kombination mit dem Bild der Stadt spiegelt es jene Tradition wider, die Verbindung zum Körper und damit der Sexualität oder der Intimität, was in der Moderne, wie sie der Film präsentiert, nur noch wenig Platz hat.

Tradition, Moderne und Sehnsucht

In der Hauptrolle spielt Alessandro Gassman eine Figur, welche die bereits genannten Aspekte aus dem Leben verbannt hat, sowie den Bezug zur Familie und zur Kultur generell. Diese ist mehr Dekor oder wird versteckt hinter dem Neuen, wenn nicht sogar gleich ganz vernichtet, wie es die Immobilienfirma mit der Wohnung und dem Hamam in Istanbul plant. Über seine Spaziergänge durch die Stadt und die damit verbundenen Bilder, sowie die Briefe seiner Tante, deren Texte per Voice-Over eingesprochen werden, begleitet man einen Prozess der Verwandlung, an deren Ende sogar Marta einsehen muss, dass sich ihr Mann verändert hat und nicht mehr derselbe ist. Auf einmal packt er mit an, engagiert sich mit großer Leidenschaft für jedes Detail des Hamam und lebt auf unter der Obhut der türkischen Familie, die ihn letztlich als einen der ihren akzeptieren.

Innerhalb der Geschichte wird das türkische Bad zu einem Sehnsuchtsort, sexueller wie auch emotionaler Natur. Die Nähe zu anderen, das Geheimnisvolle und die generelle Offenheit ziehen sowohl Marta wie auch Francesco an und bringen sie näher. Über die Bildsprache und das Schauspiel wird gerade in diesen Szenen einiges geleistet.

Credits

OT: „Il bagno turco“
Land: Italien, Türkei, Spanien
Jahr: 1997
Regie: Ferzan Özpetek
Drehbuch: Ferzan Özpetek
Musik: Pivio, Aldo De Scalzi
Kamera: Pasquale Mari
Besetzung: Alessandro Gassman, Francesca d’Aloja, Carlo Cecchi, Halil Ergün, Serif Sezer, Mehmet Günsür, Basak Köklükaya, Albert Molinari

Bilder

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Hamam – Das türkische Bad
Fazit
"Hamam – Das türkische Bad" ist eine Mischung aus Drama, Liebesfilm und Stadtporträt. Ferzan Özpetek erzählt von der Begegnung mit der eignen Geschichte, der Entdeckung einer neuen oder unterdrückten Parts der eigenen Identität und der damit einhergehenden Verwandlung eines Menschen. Dies geschieht über eine interessante Bildsprache, die vor allem in ihren Aufnahmen Istanbuls zu überzeugen weiß, sowie die Darsteller.
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