Das Geheimnis von Neapel
© Prokino

Das Geheimnis von Neapel

„Napoli Velata“, Italien, 2017
Regie: Ferzan Ozpetek; Drehbuch: Ferzan Ozpetek, Gianni Romoli, Valia Santella; Musik: Pasquale Catalano
Darsteller: Giovanna Mezzogiorno, Alessandro Borghi, Biagio Forestieri

Das Geheimnis von Neapel
„Das Geheimnis von Neapel“ läuft ab 16. August 2018 im Kino

Wie gewonnen so zerronnen. Leidenschaftlich war die Nacht, sehr leidenschaftlich sogar. Als Adriana (Giovanna Mezzogiorno) auf einer Party den jüngeren Andrea (Alessandro Borghi) kennenlernt, funkt es sofort und beide verbringen einige aufregende Stunden miteinander. Die sollen am nächsten Tag fortgesetzt werden, doch so lange Adriana am verabredeten Platz im Museum auch wartet, von ihrem Liebhaber fehlt jede Spur. Dafür gibt es an anderer Stelle ein Wiedersehen: bei der Arbeit. Denn als die Gerichtsmedizinerin die Leiche eines jungen Mannes untersuchen soll, der auf grausige Weise ermordet wurde, kommt ihr diese erschreckend bekannt vor …

Ein bisschen fühlt man sich hier ja an Der andere Liebhaber erinnert. Dort gab es zwar keinen Mord, dafür aber eine ähnlich mysteriöse Begegnung einer Frau, bei der sich viel um Dopplungen, Spiegelungen drehte, um das Spiel mit Wahrnehmungen und Persönlichkeiten. Ganz zu schweigen davon, dass sowohl der französische Thriller wie auch das italienische Pendant nicht mit nackter Haut geizen. Schon nach wenigen Minuten geht es hier ganz ordentlich zur Sache, auch später werden Klamotten ganz gerne mal vor der Kamera ausgezogen – ohne dass man wüsste warum.

Kunstvolle Szenen einer Stadt
Zu sehen gibt es aber auch im angezogenen Zustand jede Menge. Vor allem Neapel wird hier großartig in Szene gesetzt: Die süditalienische Hafenstadt präsentiert sich hier als Ort der Magie, der Geheimnisse. Ein Ort der makellosen Schönheit, die sich in den Statuen, Gemälden und anderen Kunstwerken aus alter Zeit manifestiert, aber auch in den kleinen Gässchen, pittoresk und elegant. Und natürlich in den attraktiven Darstellern.

Aber wie das so ist mit dem schönen Schein, er ist dann doch nicht alles. Das Geheimnis von Neapel, das auf dem Filmfest München 2018 Deutschlandpremiere feiert, macht sich einen Spaß daraus, das Publikum auf falsche Fährten zu locken, in mehr als einer Hinsicht. Was wie ein Erotikthriller beginnt scheint sich daraufhin in einen Krimi zu verwandeln, wenn sich die Gerichtsmedizinerin in die Ermittlungen einmischt – Quincy lässt grüßen. Die Aufgabe scheint klar, ohne sie gibt es keine Lösung für den ebenso rätselhaften wie grausamen Mord.

Lasst die Toten ruhen
Aber auch das ist Augenwischerei, wenn der Fokus von dem Toten zu der Lebenden wandert. Regisseur und Co-Autor Ferzan Ozpetek (Männer al dente) ist weniger daran interessiert, Adriana auf eine ausgeklügelte Mörderjagd zu schicken. Viel wichtiger ist ihm, wie die Unglückliche denn mit der Situation umgeht. Das Geheimnis von Neapel ist ein Film über den Tod. Es ist aber auch ein Film über Trauer, über das Verarbeiten, über eine Vergangenheit, die immer wieder in die Gegenwart einfällt und die Menschen darin gefangen nimmt. Das ist durchaus interessant, teilweise auch kraftvoll. Einen wirklichen Gefallen tut sich Das Geheimnis von Neapel aber nicht damit, sich als Thriller zu verkleiden, wenn die eigentlichen Stärken im Dramabereich liegen.

Der Film ist auch etwas zu lang, Adrianas Suche entführt uns zwar in einige spannende Szenen, lässt sich in anderen aber doch recht viel Zeit, ohne dabei irgendwohin zu führen. Dafür kündigen sich Wendungen zu früh an, sodass man eher darauf wartet, dass endlich dann auch die erwartete Katze aus dem Sack gelassen wird. Das wiederum tut Ozpetek auf eine effektive und emotionale Weise. Die Gerichtsmedizinerin, die mit tragischen Verlusten zu kämpfen hat, wird selbst zu einer tragischen Figur, wenn der Zauber, der über Neapel liegt, sich langsam hebt, der Morgen danach nicht nur mit einer Leiche endet, sondern mit einer Erkenntnis, die ebenso grausam ist – und irgendwie auch tröstlich.



(Anzeige)

„Das Geheimnis von Neapel“ beginnt als Erotikthriller, wandelt sich in einen Krimi, nur um dann doch eher ein Drama zu sein. Die zauberhaft bebilderte Geschichte um eine heiße Nacht, die mit einer kalten Leiche endet hat dabei einige interessante und auch emotionale Aspekte, lässt sich jedoch etwas viel Zeit und tut sich nicht mit jeder falschen Fährte einen Gefallen.
6
von 10