Gunpowder Milkshake
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Inhalt / Kritik

Gunpowder Milkshake
„Gunpowder Milkshake“ // Deutschland-Start: 2. Dezember 2021 (Kino) // 14. April 2022 (DVD/Blu-ray)

Sam (Karen Gillan) arbeitet wie schon ihre Mutter Scarlet (Lena Heady) als Auftragskillerin für „Die Firma“. Schließlich ist das das Einzige, was sie seit ihrer Kindheit kennt und sozusagen schon in ihrem Blut liegt. Als ein Deal schief geht und Sam den Sohn einer anderen kriminellen Organisation tötet, kann sie ihr Boss Nothan (Paul Giamatti) nicht mehr schützen. Sam muss fliehen. Das aber nicht allein. Denn kurz zuvor tötete sie einen vermeintlichen Dieb, dessen Tochter Emily (Chloe Coleman) nun ohne nahe Verwandte zu ihrer Fluchtbegleitung wird.

Einmal bitte alles

Wer kennt es nicht: vor einer Eistheke stehen und vor lauter ausgefallener Sorten nicht zu wissen, was und in welcher Form man etwas bestellen soll. Im Becher, in der Waffel, als Smoothie, als Milchshake oder doch mit nur mit Zuckerstreuseln oder Früchten? Gunpowder Milkshake von Regisseur Navot Papushado verfällt leider genau solcher Unentschlossenheit und hinterlässt nach den sättigenden Bildern einen merklich faden Nachgeschmack.

Zuvor hatte der in Israel geborene Regisseur mit seinem 2010 erschienenem Erstlingswerk Rabies und dem 2013 veröffentlichtem Nachfolger Big Bad Wolves auf sich aufmerksam gemacht. Kein Geringerer als Quentin Tarantino betitelte das Zweitwerk sogar als Film des Jahres. Das schürt natürlich gewisse Erwartungen an einen jungen Regisseur, der bisher mit Co-Autor und Co-Regisseur Aharon Keshales zusammenarbeitet und jetzt für Gunpowder Milkshake die Zügel erstmals selbst in die Hand nahm. Der neue Film von Papushado ist nun nicht mehr dem Horrorgenre zuzuordnen, sondern zeigt sich als knallbunter Neo(n)-Noir Action Thriller in deutlich abgespeckter John Wick Manier, allerdings unter komplett weiblicher Führung und erinnert damit auch ein wenig an den schlagfertigen Atomic Blonde mit Charlize Theron.

Starke Frauen, schwaches Drumherum

Nur hat Papushado für sein Actionspectakel nicht nur eine kampferprobte Frau vor seiner Kamera, sondern gleiche eine ganze Truppe, die die Männer dominierte Welt der Untergrundkriminalität aufmischt. So lässt Guardians of the Galaxy Star Karen Gillan die Fäuste sprechen, Lena Heady aus Games of Thrones beweist ungemeines Geschick im Umgang mit der Waffe und auch die drei Bibliothekarinnen, gespielt von Carla Gugino (Watchmen – Die Wächter), Angela Bassett (Black Panther) und Michelle Yeoh (Tiger & Dragon) sind nicht zu unterschätzende Gegnerinnen. Aber wenngleich hier eine starke Gruppe in den Kampf zieht, so lassen die von Neonlichter durchsetzten Actionsequenzen doch einiges an Durchschlagskraft und geschmeidigem Tempo vermissen. So ist die allererste Konfrontation von Karen Gillan mit einer Erpresserbande und einem eigenes auf sie angesetzten Auftragskommando aus den eigenen Reihen in einem abendlichen Bowlingcenter zwar schon nett anzusehen (immerhin wird ein kleiner Pandakoffer zur praktischen Kampfwaffe umfunktioniert), so richtig Spannung und ein gewisses Maß an erwartungsvollem Enthusiasmus mag sich aber dennoch nicht einstellen.

Das liegt vor allem an der etwas behäbigen Inszenierung, die auch die nachfolgenden Kampfszenen immer wieder hinter ihren Möglichkeiten zurücklassen. Ungelenke Schnitte und eine oft unpassende Songauswahl nehmen unnötig Tempo aus den Choreografien, die hin und wieder versuchen, mit einer absurd amüsanten Tonalität zu punkten. Denn wenn Karen Gillan sich plötzlich mit zwei betäubten Armen gegen einen Trupp aus lachgasbenebelten Auftragskillern behaupten muss, ist der Anblick, wie sie ihre Arme umher schwingt, natürlich so ungewöhnlich wie originell. Trotzdem bleibt von den handgemachten Effekten, die im oft sehr beengten Raum stattfinden und vielmehr einer sehr guten Stuntshow im Vergnügungspark gleichen, wenig in Erinnerung.

Das liegt eben nicht nur an der wenig spektakulären Ausarbeitung der Action, auch die Figurenzeichnung bleibt deutlich zu schwach und entwickelt kaum ernsthaftes Interesse an den Charakteren. Zu stoisch und zu ausdruckslos schlägt sich Gillan durch eine comicartige Fantasiestadt, unter der sich ein bisschen Berlin und ganz viel Studio versteckt. So zündet dann auch die Familiengeschichte um das Mutter-Tochter-Profikiller-Gespann Sam und Scarlet nie so richtig und verwehrt schlussendlich den Zugang zu den Figuren, um mit ihnen mitzufiebern zu können. Am Ende bleibt nicht viel übrig, mit dem der Regisseur noch gehörig Eindruck schinden könnte. Selbst die Intension des Filmemachers, seinen gewählten Farben eine tiefere Bedeutung zukommen zu lassen, bleibt aufgrund der Oberflächlichkeit von Story und Charakteren schlichtweg verwirkt.

Credits

OT: „Gunpowder Milkshake“
Land: Frankreich, Deutschland, USA
Jahr: 2021
Regie: Navot Papushado
Drehbuch: Navot Papushado, Ehud Lavski
Musik: Haim Frank Ilfman
Kamera: Michael Seresin
Besetzung: Karen Gillan, Lena Headey, Paul Giamatti, Carla Gugino, Angela Bassett, Michelle Yeoh, Chloe Coleman, Adam Nagaitis

Bilder

Trailer

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Gunpowder Milkshake
Fazit
„Gunpowder Milkshake“ wirkt trotz einiger zwischenzeitlich unterhaltsamer Ideen von Anfang bis Ende zu unentschlossen. Selbst satte neondurchflutete Bilder und die ordentliche Choreografie der Kampfszenen können nicht über blasse Figuren, eine zuweilen träge Inszenierung und eine oberflächliche Story hinwegtäuschen.
Leserwertung10 Bewertungen
5.5