Was uns hält Lacci
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Was uns hält

Was uns hält Lacci
„Was uns hält“ // Deutschland-Start: 20. Juni 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Neapel, Anfang der 1980er: Die ausgelassene Faschingsfeier mit den Kindern war ein großer Erfolg. Doch schon da zieht Aldo (Luigi Lo Cascio) ein abwesendes, verwirrtes, irgendwie trauriges Gesicht. Abends, nachdem er den Kleinen ein Gute-Nacht-Märchen vorgelesen hat, erfährt man, warum. „Ich habe mit einer anderen geschlafen“, gesteht er seiner Frau Vanda (Alba Rohrwacher) aus heiterem Himmel. Sie wirft ihn raus und Aldo zieht zur jüngeren Lidia (Linda Caridi). Damit könnte die Ehe zwischen Aldo und Vanda enden. Aber etwa nach einer halben Stunde macht der Film einen Zeitsprung von 30 Jahren. Aldo, nun gespielt von Silvio Orlando, und Vanda (Laura Morante) sind wieder zusammen, nun in ihren 60ern – ein äußerlich vertrautes, aber oft gereiztes Paar. War es richtig, es nach dem Bruch noch einmal zu versuchen, mehr aus Loyalität denn aus Liebe?

Muster des Unglücks

Emotionale Bande, so erfahren es Kinder und Eltern beim Anschauen einer TV-Tierdoku, sind schon im Tierreich zentral. Das gemeinsame Spiel der Löwenjungen und der Kontakt mit der Mutter helfen beim Aufbau von Vertrauen, Respekt und Zuneigung. Der Blick in den Fernseher ist ein erster Hinweis auf eine verspielte und doch todernste Szene etwa eine Stunde später, in der es um Bindungen im doppelten Sinne geht. „Zeig uns, wie du deine Schuhe bindest“, ermuntert Tochter Anna (als Erwachsene von Giovanna Mezzogiorno gespielt) ihren Vater. Angeblich schnürt er nämlich die Schnürsenkel auf eine total abnormale Art, die er nur mit seinem Sohn Sandro (Adriano Giannini) teilt. Und tatsächlich, das Muster bestätigt sich. Sandro tut es wie sein Vater, Anna wie ihre Mutter, ein Hinweis auf Vorbilder, unbewusste Prägungen und die verwickelte Gemengelage im vierköpfigen Haushalt. So erinnert die ganz besondere Verwicklung der Bändel an das berühmte Diktum von Leo Tolstoi: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“

Wie sich das ganz alltägliche Unglück von Aldo, Vanda, Anna und Sandro entspinnt, wo und wann jemand an der falschen Schnur zieht, was sich dadurch verheddert und verknäult – das erzählt Was uns hält mit schneidender Präzision und unerbittlichem Blick. Wäre der Film chronologisch aufgebaut, ergäbe das eine recht triste und vielleicht langatmige Angelegenheit. Aber Regisseur Daniele Luchetti (Mein Bruder ist ein Einzelkin“, 2007) schildert das Geschehen nicht linear, ebenso wenig wie es die Vorlage der Literaturverfilmung tut, der schmale Roman Auf immer verbunden von Domenico Starnone. Beide springen in der Zeitebene vor und zurück und wechseln zudem die Perspektive, sehr zum Vorteil des Spannungsbogens. Erst ist es Vanda, aus deren Sicht die Ereignisse interpretiert werden, dann Aldo und schließlich die inzwischen erwachsenen Kinder – getreu der Einsicht, dass gerade in intimen Konflikten jede und jeder an seiner eigenen Version der Geschichte festhält.

Unangebrachte Schuldfragen

Allzu gerne möchte man als Zuschauer die Schuldfrage klären. Ruiniert der passive Intellektuelle Aldo das Familienglück, der sich besser mit Büchern auskennt als mit seinen eigenen Gefühlen und dem Leben als solchem? Oder ist Vanda im Unrecht, wenn sie ihren untreuen Mann mit Drohungen, Erpressungen und Eifersuchtsszenen an sich binden will? Antworten hierauf zu verweigern, gehört zu den Pluspunkten des Films, der sich auf das genaue Registrieren all der Fallstricke des Lebens konzentriert, nicht nur in dieser Familie. Sicher kennt jede und jeder ein ähnliches Beispiel, in dem sich ein Paar wieder zusammen zu raufen versucht, vor allem der Kinder wegen.

Der Romanautor und der Filmemacher haben nichtsdestotrotz eine klare Meinung von den Fehlern, die Aldo und Vanda begehen. In einem furiosen Finale lassen sie es an Deutlichkeit nicht fehlen. Aber den Überraschungscoup sollte man keinesfalls verraten, denn die verschachtelte Erzählweise, die eleganten Übergänge und Schnitte sind die größte Stärke des realitätsnahen Films, neben der manchmal erstaunlich beschwingten Tonalität und einer zuweilen bissigen Ironie. Der Schluss jedenfalls setzt einen Paukenschlag, über den man vielleicht noch lange diskutieren und nachdenken möchte.

Credits

OT: „Lacci“
Land: Italien
Jahr: 2020
Regie: Daniele Luchetti
Drehbuch: Domenico Starnone, Francesco Piccolo, Daniele Luchetti
Vorlage: Domenico Starnone
Kamera: Ivan Casalgrandi
Besetzung: Alba Rohrwacher, Luigi Lo Cascio, Laura Morante, Silvio Orlando, Giovanna Mezzogiorno, Adriano Giannini, Linda Caridi

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Was uns hält
fazit
„Was uns hält“ erzählt von den fatalen Folgen eines Seitensprungs, von dessen missglückenden Verdrängungsversuchen, mangelnder Ehrlichkeit und unzureichender Konfliktkultur. Regisseur Daniele Luchetti hat von den Ursachen des Unglücks einer ganz normalen italienischen Familie eine dezidierte Meinung, verrät sie dem Publikum aber erst in einem fulminanten Schluss.
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