Im letzten Sommer Lete dernier
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Im letzten Sommer

„Im letzten Sommer“ // Deutschland-Start: 11. Januar 2024 (Kino) // 25. April 2024 (DVD)

Inhalt / Kritik

Als Anwältin ist Anne (Léa Drucker) sehr erfolgreich, sorgt dafür, dass Missbrauchsopfer zu ihrem Recht kommen. Auch privat läuft es gut, das Zusammenleben mit Pierre (Olivier Rabourdin) und den beiden adoptierten Töchtern Serena (Serena Hu) und Angela (Angela Chen) ist sehr harmonisch. Wäre da nur nicht Théo (Samuel Kircher), Pierres 17-jähriger Sohn aus erster Ehe, der sich bei ihnen einquartiert hat. Richtig gut war die Beziehung zwischen Vater und Sohn nie. Seit einiger Zeit verschärfen sich die Konflikte jedoch zunehmend, immer wieder macht Théo schwere Vorwürfe. Das Verhältnis zu seiner Stiefmutter ist ebenfalls nicht das beste. Doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, umso näher kommen sie sich – bis es zum Tabubruch kommt …

Die Geschichte einer Tabu-Beziehung

In den letzten Monaten waren gleich zwei französische Dramen bei uns im Kino zu sehen, bei denen eine ältere Frau mit einem deutlich jüngeren Mann zusammen war. Den Auftakt machte Im Herzen jung, bei dem sich der verheiratete Protagonist in eine Frau im fortgeschrittenen Alter verliebte. Im Anschluss war Wild wie das Meer zu sehen. Dort war es eine Fischerin im mittleren Alter, die sich auf eine Affäre mit ihrem selbstbewussten Lehrling einlässt. In eine ähnliche Richtung geht nun ein dritter Film aus unserem Nachbarland. Erneut ist es in Im letzten Sommer eine Frau in mittleren Jahren, die etwas mit einem Jugendlichen anfängt, nachdem sie sich eine Weile dagegen gewehrt hatte und das so eigentlich gar nicht wollte.

Dabei hat die französische Regie-Veteranin Catherine Breillat bei ihrem Film gar nicht die obigen Kolleginnen im Blick gehabt. Stattdessen richtete die Filmemacherin, die sich nach einer zehnjährigen Pause mit dem Drama zurückmeldete, ihren Blick in den Norden. Genauer ließ sie sich von dem gefeierten skandinavischen Werk Königin inspirieren. Dort war es die dänische Schauspielerin Trine Dyrholm, die in der Rolle einer Anwältin das Publikum forderte. Dass Breillat Gefallen an dem Stoff fand, ist nicht wirklich überraschend. Schon bei ihren eigenen Titeln spielte sie gern mit Tabubrüchen. Ein solcher ist Im letzten Sommer sicherlich, wenn eine Anwältin für Missbrauchsopfer eine solche Beziehung eingeht, selbst wenn der Schockeffekt bei einem Remake erwartungsgemäß geringer ausfällt. Die Neuverfilmung hat der alten nicht so wahnsinnig viel hinzuzufügen.

Ein Film voll schwieriger Fragen

Überraschenderweise ist es sogar zahmer als das Original. Das betrifft nicht nur das Ende, das hier deutlich entschärft wurde. Die Protagonistin, die in beiden Filmen den Namen Anne trägt, ist in der französischen Fassung auch passiver, lässt die Affäre über sich ergehen, anstatt sie zu suchen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Beurteilung der Frau. Die schwierigen Fragen sind aber geblieben. Kann eine solche Beziehung Liebe sein? Ist es Missbrauch, selbst dann, wenn die Initiative vom Opfer ausgeht? Und natürlich spricht Im letzten Sommer auch die Frage der Geschlechter an, wenn Parallelen gezogen werden zwischen den Missbrauchsfällen vor Gericht und den privaten Vorkommnissen, wenn weibliche Sexualität ganz besonders unter die Lupe genommen wird, es zu mehreren Maßstäben kommt.

Insofern liefert das Drama, das 2023 im Wettbewerb von Cannes Premiere feierte, genügend Stoff für Diskussionen, ganz so, wie es von Breillat beabsichtigt war. Dabei kann sie sich auf ihr Ensemble verlassen. Drucker mag nicht ganz die Intensität haben, wie es bei Dyrholm der Fall war. Dafür ist Samuel Kircher, der in Im letzten Sommer sein Filmdebüt abgibt, eine echte Entdeckung. Mit seiner Darstellung eines rebellischen, letztendlich einsamen Jugendlichen zeigt er, dass er so wie sein älterer Bruder Paul, der zum selben Zeitpunkt mit dem Fantasydrama Animalia das deutsche Kino bereichert, ein vielversprechendes Nachwuchstalent ist, von dem man hoffentlich in Zukunft noch viel mehr sehen wird.

Credits

OT: „L’été dernier“
Land: Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Catherine Breillat
Drehbuch: Catherine Breillat, Pascal Bonitzer
Kamera: Jeanne Lapoirie
Besetzung: Léa Drucker, Samuel Kircher, Olivier Rabourdin, Clotilde Courau, Serena Hu, Angela Chen

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Im letzten Sommer
fazit
„Im letzten Sommer“ mag zahmer sein als das skandinavische Original „Königin“. Doch auch die französische Fassung des Dramas regt zu Diskussionen an, wenn eine Anwältin in mittleren Jahren sich auf eine Affäre mit ihrem deutlich jüngeren Stiefsohn einlässt.
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