Pambara
© Matto Barfuss / Maleika Film GmbH

Pambara – Brauchen wir einen Boss?

„Pambara“ // Deutschland-Start: 12. Oktober 2023 (Kino)

Inhalt/Kritik

Bei den Besprechungen zu Gladbeck: Das Geiseldrama oder Oskar Fischinger – Musik für die Augen konnten wir uns noch einigermaßen elegant davor drücken, uns auf die Genredebatte einzulassen. Mit Pambara unterzieht Matto Barfuss nun aber unsere Widerstandskraft einem harten Test. Vom Marketing wird das Werk als „Kinoerlebnis“ bezeichnet, was schon einen ganzen Haufen eigener Probleme mit sich bringt, auf die wir hier nicht auch noch eingehen können. Auf den ersten Blick wirkt Pambara jedenfalls wie ein Dokumentarfilm. In diesem Zusammenhang ist „Blick“ allerdings wirklich einmal wörtlich zu verstehen, denn was wir hier zu hören bekommen, hat mit einer Dokumentation nichts zu tun. Wie schon seinerzeit bei Ailos Reise möchte der Regisseur den Film anders verstanden wissen. Barfuss selbst bezeichnet Pambara als „philosophisches Märchen im Disney-Style“.

Eddi, das plappernde Erdmännchen

Pambara eröffnet mit einer als Zitat markierten Aussage: „‚Die Buschleute Afrikas erzählen, dass Gott den Planet [sic] über viele tausend Jahre erschuf [sic]. Am Ende kreierte er den Menschen. […]'“ Ob es sich dabei wirklich um ein Zitat handelt, wird allerdings nicht so ganz klar. Wer das gesagt haben soll, bleibt geheim. Zu Beginn lässt sich jedenfalls noch vermuten, dass diese Entstehungsgeschichte nur zu Informationszwecken hier erwähnt wird. Bald schon wird jedoch klar, dass das hier wirklich durchgezogen werden soll. Das Erdmännchen Eddi Erdmann (Peter Nüesch) kommentiert den Film, erzählt uns davon, wie Gott erst die Tiere und zuletzt den Menschen erschaffen hat, der dann alles ruinierte. Es wird also bewusst eine wissenschaftlich nicht haltbare These kolportiert, von der sich abgesehen von der kurzen Einblendung am Anfang nicht distanziert wird. Das dient natürlich nicht zur gezielten Verbreitung von Fehlinformationen, sondern soll unterhaltsamen Charakter haben, ist also legitimes fiktionales Erzählen.

Das für sich genommen ist kein Problem. Nur kann Pambara damit nicht als Dokumentation klassifiziert werden. (Aber als was dann? Die Frage kann natürlich auch wieder keiner beantworten, zumindest niemand, der sich im Kosmos der Genrebegriffe bewegt. Hier wurde sich für eine Einordnung als Abenteuerfilm entschieden.) Wenn es jetzt eine Auseinandersetzung mit der afrikanischen Sage wäre, dann sähe die Sache ja noch einmal anders aus. Das Voiceover besteht jedoch nur aus krampfhaft auf witzig, leider komplett unlustigen Kommentaren; es wird nicht gegen die These argumentiert, stattdessen wird sie als Blaupause herangezogen. Das Skript ist leider echt nicht gut geworden, und das ist schon die euphemistischste Formulierung dafür. Ziemlich zu Beginn wird sich direkt über den Begriff Erdmännchen ausgelassen, und Eddi fragt ironisch, ob er denn heute noch erlaubt sei, und ob es bei seiner Gattin nicht eher Erdmännin oder Erdfrau heißen müsste. Das ist halt genau die Art von Strohmann (jaja, oder Strohperson, Eddi), die von der Gegenseite fälschlicherweise als Standardauseinandersetzung mit dem Thema hingestellt, aber zu recht nicht ernstgenommen wird. Was hat so etwas denn in einem Tierfilm verloren? Es bleibt ja auch nicht bei dieser einen Instanz, der „Gag“ gefiel den Machern offensichtlich so gut, dass er noch einige Male verwendet wird.

Das Tier als Mensch

Was ist überhaupt los mit 2023? Pambara ist jetzt nach Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann schon die zweite Dok- schon der zweite Film von jemandem, der doch eigentlich in der Vergangenheit solide abgeliefert hat, und nun einige Jahre später ein weiteres Werk nach dem gleichen Muster abliefert, dabei aber völlig scheitert. 2017 legte Barfuss mit Maleika einen interessanten Film vor, in welchem die Tiere vermenschlicht, gar „nachsynchronisiert“ wurden. Das war zwar auch damals ein wenig unausgegoren und hat das Werk runtergezogen, aber wie dieses Prinzip in Pambara auf die Spitze getrieben wird, ist nicht zu fassen. Wer bei der Sichtung nicht gerade hilflos im Kino sitzt oder aus Rezensionsgründen mit der Tonspur des Pressescreeners vorlieb nehmen muss, der sollte zu Hause einfach die Disc einlegen, sie stummschalten, auf YouTube nach „african wildlife background music“ oder Ähnlichem suchen und eines der gefundenen Videos dazu abspielen.

Die Bilder in Pambara sind jedenfalls einen Blick wert. Dass das hier nicht mit Produktionen wie Frozen Planet – Eisige Welten II mithalten kann, sollte jedem klar sein. Barfuss hat kein gewaltiges Team hinter sich, keine Megakonzerne; er ist im Prinzip eine Art Ein-Mann-Armee. Wie schon bei Maleika basiert seine Filmerei auf einem friedlichen Zusammenleben mit den jeweiligen Tieren; so wenig wie möglich versucht er sie mit seiner Anwesenheit und Tätigkeit bei ihren täglichen Abläufen zu stören. Es wird auch durchaus deutlich, was Barfuss hier bezwecken wollte. Eisige Welten II kam nun einmal stellenweise sehr oberlehrerhaft daher, auf so etwas hat einfach niemand mehr Lust. Barfuss versucht, dem Publikum den Klimawandel auf emotionalere, einfühlsamere Weise näherzubringen. Das ist ja ein lobenswerter Ansatz, aber die Ausführung ist einfach völlig gescheitert.

Credits

OT: „Pambara“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Matto Barfuss
Drehbuch: Peter Nüesch
Musik: Miroslav Vobořil
Kamera: Matto Barfuss
Mitwirkende: Peter Nüesch

Bilder

Trailer

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Pambara – Brauchen wir einen Boss?
Fazit
"Pambara" liefert gute Bilder der afrikanischen Tierwelt, wird jedoch nahezu komplett vom begleitenden Kommentar ruiniert. Wenn der Film mit dem Nachwuchs rezipiert wird, sollte der Ton am besten stummgeschaltet werden. Für Erwachsene ist er zwar nicht besser, diese können sich aber immerhin kritischer mit dem Gesagten auseinander setzen.
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