Griechenland Interview Thomas Stipsits
Johannes (Thomas Stipsits) findet in Griechenland zu sich. (© Filmwelt)

Thomas Stipsits [Interview]

In Griechenland oder Der laufende Huhn folgen wir Johannes, dessen weiteres Leben streng durchgeplant ist. So soll er einmal das Hotel der Eltern übernehmen und genau so führen, wie sie es immer geführt haben. Ganz und gar nicht nach Plan ist aber, als er entdeckt, dass sein vermeintlicher Vater gar nicht sein biologischer Vater ist. Der hat vielmehr in Griechenland gelebt, wovon Johannes nie etwas wusste – bis er von dessen Tod erfährt. Für ihn wird das zum Anlass, auf die kleine Insel zu fahren, wo er nicht nur seine Wurzeln sucht, sondern auch sich selbst. Zum Kinostart am 6. Juli 2023 haben wir uns mit Thomas Stipsits getroffen, der nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern auch am Drehbuch beteiligt war. Im Interview sprechen wir über den Film, familiäre Prägungen und seine Liebe zu Griechenland.

Griechenland oder Der laufende Huhn ist in Österreich einer der meistbesuchten Kinofilme dieses Jahres. Kannst du dir diesen Erfolg erklären?

Es ist schwierig, darauf eine Antwort zu geben. Irgendwie ist es immer leichter zu erklären, warum etwas kein Erfolg war. Ich denke, dass der Zeitpunkt günstig war. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre mit Covid und den vielen Einschränkungen waren die Menschen einfach müde. Und ich denke auch, dass in Österreich viele griechenlandaffin sind. Dass wir im Titel so klar sagen, was der Inhalt des Films ist, dürfte da geholfen haben. Außerdem konnte ich bei dem Film meine Erfahrungen einbringen, die ich in den letzten zwanzig Jahren dort gesammelt habe. Dadurch können sich viele in dem Film wiederfinden. Zumindest haben wir es geschafft, dass die Menschen, die Griechenland mögen, auch den Film mögen.

Und was sind deine Erwartungen an den deutschen Kinostart?

Ich bin schon wahnsinnig dankbar, dass wir überhaupt in Deutschland starten. Das ist für mich ein absoluter Glücksfall. Alles, was jetzt passiert, ist für mich ein Bonus.

Insgesamt bekommt man hierzulande relativ wenig mit vom österreichischen Kino. Woran liegt das deiner Meinung nach?

Das ist eine gute Frage, die ich gar nicht wirklich beantworten kann. Vielleicht haben es österreichische Filme aufgrund der Sprachbarriere schwierig, in Deutschland aufzufallen. Mir wurde immer wieder gesagt, dass ich an meiner Sprache arbeiten muss, wenn ich in Deutschland Erfolg haben will, weil man mich sonst in Norddeutschland nicht versteht.

Siehst du auch einen Unterschied beim Humor? Unterscheidet sich der in Österreich von dem in Deutschland?

Es gibt sicherlich Unterschiede. Aber ich glaube, dass Humor eher regional geprägt ist als national. Ich finde zum Beispiel, dass der bayerische Humor sehr nah am österreichischen Humor ist. Das erklärt auch, warum so viele österreichische Künstler und Künstlerinnen in Bayern gut funktionieren.

Dann kommen wir auf deinen Film zu sprechen. Könntest du uns mehr über die Entstehungsgeschichte von Griechenland oder Der laufende Huhn verraten? Du hast ja auch an dem Drehbuch mitgearbeitet.

Letztendlich basiert das alles auf meiner bedingungslosen Liebe zu diesem Land. Ich wollte wie in Alexis Sorbas davon erzählen, wie jemand ganz unbedarft auf eine griechische Insel fährt und dann von dem Zauber dort gefangen wird. Aber das Projekt hatte natürlich eine große und lange Entstehungsgeschichte. Schon die Frage, ob der Film Griechenland heißen darf, was schon ein plakativer Titel, wurde heiß diskutiert. Dann gab es Diskussionen darüber, dass es das Griechenland, von dem ich erzähle, so gar nicht mehr gibt. Insofern habe ich viele Ideen, die ich hatte, erst noch durchsetzen müssen.

Griechenland oder Der laufende Huhn
In „Griechenland oder Der laufende Huhn“ spürt ein künftiger Hotelerbe seinen Wurzeln nach und lernt sich selbst neu kennen. (© Filmwelt)

Aber warum Griechenland? Was gefällt dir an diesem Land so?

Da ist zum einen das Meer. Das symbolisiert für mich immer Freiheit. Aber es sind vor allem die Menschen, die sich dort bewegen und die mich auf eine Reise mitgenommen haben, die jetzt schon über zwanzig Jahre andauert. Je älter ich werde, umso mehr zieht es mich auch hin zu diesem einfachen und beschaulichen Leben.

Und wie hat das damals angefangen mit dieser Reise?

Das war reiner Zufall. Ich bin damals bei der Matura, das ist das österreichische Abitur, das erste Mal durchgefallen. Also bin ich ins Reisebüro gegangen, wo damals ein bekannter von mir gearbeitet hat, und wollte noch Last Minute nach Griechenland. Am Ende ging es dann nach Karpathos, eine ruhige Insel, bei der es noch ganz traditionell zugeht. Das hat mich so überwältigt dort, es war Liebe auf den ersten Blick.

Du hast auch in deinen Bühnenprogrammen das Land thematisiert. Unter anderem eins, das auch Griechenland heißt. Wurde beim Film etwas daraus übernommen?

Nein, das war inhaltlich eine ganz andere Richtung. Hätten wir das umgesetzt, wäre ein ziemlich seltsamer Film daraus geworden. Wir wollten aber, dass die Menschen nach dem Film glücklicher sind als vorher und haben deshalb auch negative Aspekte, die man sicher auch hätte bringen können, weggelassen haben.

Also ein Gute-Laune-Film.

Genau. Wobei man natürlich sagen muss, dass Griechenland oder Der laufende Huhn trotz allem auch etwas zu sagen hat. Da geht es nicht um nichts. Es gibt eine substantiellere Geschichte, wir haben keinen reinen Urlaubsfilm gedreht.

Du hast wie gesagt beim Drehbuch mitgearbeitet und die Hauptrolle übernommen. Wie sehr warst du bei dem ganzen Rest involviert, also Casting, Settingsuche, Regie?

Beim Cast durfte ich schon mitreden. Wir haben auch tatsächlich alle bekommen, die wir gewollt haben. Das Tolle beim Ensemble war, dass wir uns alle gut kannten und mochten. Da hat das alles super funktioniert. Allgemein durfte ich viel mitreden, zumindest da, wo ich auch wirklich etwas beitragen konnte. Bei den technischen Sachen habe ich mich zurückgehalten, da kenne ich mich einfach zu wenig aus. Wir haben aber schon einiges diskutiert. Manchmal habe ich mich durchgesetzt, manchmal habe ich mich überzeugen lassen, dass wir es besser anders machen sollten. Das war nicht immer einfach, von wegen „kill your darlings“ und so.

Kommen wir auf deine Figur. Wie würdest du Johannes beschreiben?

Er ist jemand, der ein vermeintlich schönes Leben führt, der auch sehr behütet aufgewachsen ist. Das ist einerseits natürlich eine sehr komfortable Situation. Aber er steckt in seinem Leben fest und hat keine Freiheit, weil ihm alles vorgegeben ist und man ihm nichts zutraut. Wenn die die Leute immer sagen, dass du nichts drauf hast, kann es sein, dass du das eines Tages selbst glaubst. Griechenland kitzelt da etwas aus ihm heraus, das schon länger in ihm geschlummert hat. Aber er hat vielleicht auch einfach nicht den Mut gehabt das zuzulassen. Denn Mut brauchst du schon, wenn du etwas anders machen willst. Das kenn ich von mir selbst, ich bin auch jemand, der so seine Probleme damit hat, zu anderen Nein zu sagen. Ich will es anderen immer Recht machen und auf Nummer sicher gehen. Dabei wäre es oft besser, direkt und ehrlich zu sagen, wenn man etwas nicht machen mag.

Für jemanden, der es gern sicher mag, hast du dir aber einen ziemlich unsicheren Job ausgesucht. Zumindest am Anfang weiß man als Schauspieler und Kabarettist nicht, ob das klappt. Wann wusstest du denn, dass du diesen Beruf machen willst?

Schon relativ früh. Ich hab anfangs Fußball gespielt und war damit gar nicht mal so unerfolgreich. Ich habe es immerhin ins U15-Team der österreichischen Nationalmannschaft geschafft! Zu der Zeit habe ich aber auch angefangen Theater zu spielen. Und da wusste ich relativ schnell, dass das mein eigentlicher Traum ist. Meine Eltern haben mich dabei auch unterstützt und haben gemeint, ich solle das ausprobieren. Und wenn es nichts wird, könne ich immer noch studieren. Es hat aber alles gut geklappt, auch weil ich nicht viel gebraucht habe. In dem Alter hast du keine großen Ansprüche. Zehn Auftritte im Monat, das hat schon gereicht.

Und je Zweifel bekommen an dem, was du tust?

Um ehrlich zu sein nicht, nein. Ich habe mir nie die Frage gestellt, ob das richtig war. Ich habe sicherlich auch Glück gehabt, dass ich von Anfang an die richtigen Leute getroffen habe.

Ein Thema in dem Film ist, dass deine Figur erkennen muss: Mein Vater ist nicht mein biologischer Vater. Was glaubst du ist prägender, die Person, bei der du aufwächst, oder die, von der du abstammst?

Ich glaube, es ist eine Mischung aus beidem. Johannes hat von Friedrich mitbekommen, der ihn aufgezogen hat, als wäre es sein eigener Sohn. Aber tief in seinem Inneren schlummert da dieser Freiheitsdrang, den er von seinem Vater geerbt hat. Deswegen ist es für Johannes wichtig, dass er beides annimmt. Das ist auch für die anderen wichtig, denn durch die Veränderungen im Johannes verändern sich die anderen Figuren. Sie lernen, selbst noch einmal die Welt durch andere Augen zu sehen.

Und hast du selbst etwas für dich mitgenommen?

Auf jeden Fall! Das war eine sehr persönliche Erfahrung. Und ich habe an mehreren Stellen im Film gemerkt, das macht was mit mir. Da bricht aus mir etwas heraus. Ich habe schon bei meinen Bühnenprogrammen immer versucht, dass da etwas Persönliches drin ist. Das macht dich natürlich verletzlicher, weil du etwas von dir teilst. Aber wenn das Publikum darauf reagiert, bekommst du das umso intensiver zurück. Das ist mir sehr wichtig.

Und wie geht es in Zukunft weiter? Welche Projekte stehen an?

Ich werde jetzt erst einmal wieder etwas Kabarett machen. Im Herbst verfilmen wir dann den ersten Stinatz-Krimi. Da freue ich mich auch schon sehr, weil wir direkt im Ort drehen, wo mein Papa herkommt. Das ist ein wirkliches Herzensprojekt von mir.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Thomas Stipsits wurde am 2. August 1983 in Leoben, Österreich geboren. Schon während der Schulzeit stand er auf der Bühne, sein erstes Soloprogramm feierte 2001 Premiere. Er tritt noch immer als Kabarettist auf, arbeitet parallel aber auch als Schauspieler. So war er regelmäßig im Wiener Tatort zu sehen. Zusätzlich hat er mehrere Romane geschrieben, darunter bislang drei StinatzRegionalkrimis.



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