Polizeiruf 110: Daniel A. TV Fernsehen Das Erste ARD Stream Mediathek
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Polizeiruf 110: Daniel A.

Polizeiruf 110: Daniel A. TV Fernsehen Das Erste ARD Stream Mediathek
„Polizeiruf 110: Daniel A.“ // Deutschland-Start: 19. Februar 2023 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Für Daniel (Jonathan Perleth) ist es ein wichtiger Schritt: Er hat ein erstes Date als Mann. Im Alltag ist er nach wie vor Daniela, so kennt man ihn bei der Familie und der Arbeit. Dabei steht für ihn schon länger fest, dass er in Wahrheit ein Mann ist, auch wenn der Weg dorthin lang sein wird. Das Date ist dafür umso kürzer, es funkt nicht so wirklich mit der Grundschullehrerin Nathalie Gerber. Als die später ermordet wird, wird Daniel zum wichtigsten Zeugen und auch dem Hauptverdächtigen. Zur Polizei kann er aber nicht, aus Angst, dass sein Vater von seiner Transsexualität erfahren würde. Und so schweigt er, tritt in der Öffentlichkeit weiterhin als Frau aus. Für Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Melly Böwe (Lina Beckmann) wird das zu einem Problem, jagen sie doch auf diese Weise einem Phantom hinterher …

(K)eine Frage der Identität

Zuletzt war der Polizeiruf 110 für Anhänger klassischer Geschlechterbilder eine mindestens schwierige Angelegenheit. So verabschiedete sich mit Adam Raczek ein Kommissar, der noch dem alten Männlichkeitsbild entsprach, inklusive kommunikativer Unzulänglichkeiten und Alkoholproblem, und wurde durch einen ersetzt, der Rock und Make-up trägt. Zunächst traten sie gemeinsam auf, seit Der Gott des Bankrotts ist nur noch der Neuling dabei. Wem das schon zu viel war, der sollte besser auf Daniel A. verzichten, sonst drohen heftige Fälle von Schnappatmung. Im 403. Teil der ARD-Krimireihe dreht sich alles um einen jungen trans Mann, der noch zwischen den zwei Geschlechtsidentitäten steht und eben während dieses sensiblen Übergangs von einem Mord überrascht wird, der von ihm eine Positionierung verlangt.

Zumindest wird das so getan. Da sich Daniela noch nicht als Daniel outen möchte, behält er die Geschichte lieber für sich. Das wird dann gern von dem Sender und auch dem Feuilleton als Identitätsthriller verkauft. So richtig passt das aber nicht. Die Frage, wer die Hauptfigur sein möchte, ist bereits beantwortet. Der Mord ändert daran nichts. Daniel hat keine Zweifel, er hat lediglich Angst. Das ist zwar als Szenario sehr konstruiert, die Reaktion aber durchaus nachzuvollziehen: In einer Zeit, in der Transphobie wieder hip geworden ist, gehört zu dem Schritt des Coming-outs schon einiges an Mut dazu. Polizeiruf 110: Daniel A. befasst sich aber nur zum Teil mit diesem gesellschaftlichen Aspekt. Auch das persönliche und offenkundig schwierige Verhältnis zum Vater wird nur wenig beleuchtet, da bleibt vieles schon recht diffus und unausgesprochen.

Mehr Drama als Krimi

Das passt einerseits zum Thema, wenn die Suche nach einer eigenen Identität mit lauter komplizierten Fragen einhergeht. Es ist auch gut gespielt von Jonathan Perleth, der selbst mitten in der Transition steckt und deshalb entsprechend glaubwürdig auftreten kann. So richtig viel wird aus dem Thema aber nicht gemacht, was auch daran liegt, dass gar nicht die Zeit für eine wirkliche Auseinandersetzung bleibt. Polizeiruf 110: Daniel A. will schließlich auch ein Krimi sein. Dann gibt es das noch komplizierte Verhältnis der beiden Polizistinnen, die weit davon entfernt sind, ein Team zu werden. Zwischendurch erzählt der Film dann auch noch von der Mutter des Opfers, die nicht akzeptieren kann, was mit ihrer Tochter geschehen ist. Das ist schon recht viel Stoff, der pünktlich nach anderthalb Stunden abgearbeitet sein muss.

Der Versuch, das wichtige Reizthema in einen Kriminalfall einzubetten, ist dabei durchaus interessant. Er ist nur nicht wirklich gelungen, weil die Kombination nicht hinhaut. Vor allem Zuschauer und Zuschauerinnen, die am Sonntagabend ein wenig rätseln wollen, wer hinter einem Verbrechen steckt – der klassische Krimi also –, werden kaum bedient. Da wir die Perspektive von Daniel einnehmen, steht dessen Schicksal im Mittelpunkt, nicht der Fall. Der Film ist also mal wieder mehr Drama als Krimi. Und eben nicht einmal ein besonders gutes, da Polizeiruf 110: Daniel A. zwar den Ist-Zustand beschreibt, aber nicht viel dazu zu sagen hat. Das ist dann zwar für Hassnachrichten und Schulterklopfen gut, letztendlich aber nur mäßig interessant.

Credits

OT: „Polizeiruf 110: Daniel A.“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Dustin Loose
Drehbuch: Benjamin Hessler
Musik: Dürbeck & Dohmen
Kamera: Clemens Baumeister, Alex Bloom
Besetzung: Anneke Kim Sarnau, Lina Beckmann, Uwe Preuss, Andreas Guenther, Josef Heynert, Jonathan Perleth, Jörg Witte, Alina Stiegler, Max Krause, Bernd Hölscher

Bilder

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Polizeiruf 110: Daniel A.
fazit
„Polizeiruf 110: Daniel A.“ nimmt sich des Reizthemas Transsexualität an, wenn das Date eines trans Mannes ermordet wird, der gesuchte Zeuge im Alltag aber wieder eine Frau ist. Das ist als Szenario ziemlich konstruiert, aber irgendwie interessant. Der fertige Film ist es nicht, da er zum Thema nicht viel zu sagen hat und als Krimi kaum Spannung erzeugt.
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