Keiner schiebt uns weg TV Fernsehen Das Erste ARD Mediathek
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Keiner schiebt uns weg

Keiner schiebt uns weg TV Fernsehen Das Erste ARD Mediathek
„Keiner schiebt uns weg“ // Deutschland-Start: 14. November 2018 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Gelsenkirchen, 1979. Eigentlich sollte es erfreulich für Lilli Czipowski (Alwara Höfels) sein, dass ihr Mann Kalle (Karsten Antonio Mielke) so gut verdient. Die Sache hat nur einen Haken: Er macht dieselbe Arbeit wie sie im Fotolabor und erst seit Kurzem dort angestellt, während sie seit Jahren dort arbeitet. Wie kann er dann mehr Geld verdienen als sie? Und das ist kein Einzelfall, wie sich herausstellt: Systematisch wird die weibliche Belegschaft schlechter gestellt als die männliche. Für Lilli ist klar, dass sich da dringend etwas ändern muss. Und so nimmt sie mit ihren Freundinnen und Kolleginnen Gerda Rapp (Imogen Kogge) und Rosi Kessler (Katharina Marie Schubert) den Kampf gegen die Geschäftsführung auf, unterstützt von Betriebsratsmitglieds Ritschi Blaschke (Christoph Bach). Doch dieser Kampf gegen die Ungerechtigkeit hat unerwartete Folgen …

Gleichberechtigung nur auf dem Papier

Als im Zuge von #MeToo über die Erfahrungen von Frauen gesprochen wurde, ging es dabei nicht ausschließlich um die sexuellen Übergriffe, die sie zu erleiden hatten. Vielmehr folgte eine Gesamtdiskussion darüber, dass Frauen noch immer nicht gleichberechtigt sind, nicht dieselben Chancen erhalten und in vielen Bereichen als Menschen zweiter Klassen durchs Leben gehen müssen. Insofern ist die ARD-Komödie Keiner schiebt uns weg trotz ihres historischen Settings Ende der 1970er ein ziemlich aktueller Film. Denn auch wenn sich in den Jahrzehnten seither einiges getan hat, so ist es doch erschreckend, wie viel noch immer gleich ist. Und dazu zählt eben auch die Bezahlung, die trotz aller Bekenntnisse zur Gleichberechtigung noch immer stark vom Geschlecht bestimmt ist.

Inspiriert wurde die Geschichte dabei von dem realen Fall der Heinze-Frauen. Damals zogen 29 beschäftigte des Gelsenkirchener Foto-Unternehmens Heinze vor Gericht, um bessere Bedingungen für sich zu erstreiten. Keiner schiebt uns weg nimmt diese Vorlage, tauscht dabei zwar Namen und Figuren aus, hält sich aber den groben Ablauf. Der Fokus liegt dabei jedoch auf den Figuren selbst. Genauer pickt sich der Film aus diesem Kreis an benachteiligten drei Frauen heraus und beschreibt deren jeweiligen Lebensumstände. Die Diskriminierung beginnt dabei nicht erst bei der Arbeit. Auch daheim liegt da einiges im Argen. Wenn da für bessere Lebensumstände gekämpft wird, dann geht das Gesellschaftliche und das Persönliche daher immer Hand in Hand. Die einzelne Unzufriedenheit verwandelt sich in eine Geschichte, die größer ist als die der Einzelnem.

Ernstes Thema humorvoll verpackt

Das hört sich nach einem schweren Drama mit hohem Betroffenheitsfaktor an. Stattdessen hat der österreichische Regisseur Wolfgang Murnberger (Nichts zu verlieren, Das ewige Leben) eine Komödie vorgelegt, welche das Thema in einer Mischung aus Ernst und Lockerheit angeht. So besteht einerseits zwar nie ein Zweifel daran, wie wichtig der Kampf ist, den diese Frauen hier so austragen. Dennoch kommt es in Keiner schiebt uns weg immer mal wieder zu amüsanten Situationen. Maßgeblich für diese verantwortlich ist dabei Hauptfigur Lilli. Wie eine Dampfwalze schiebt sich Alwara Höfels (Mein Freund, das Ekel) durch die Gegend, versucht in ihrer verständlichen Wut alles umzufahren, was sich ihr in den Weg stellt. Dass dabei manchmal auch andere in Mitleidenschaft gezogen werden, bleibt da nicht aus.

Der Film versucht hier und an anderen Stellen, für ein bisschen Ambivalenz zu sorgen. Zwischendurch dürfen viele mal schwanken, auf beiden Seiten. Zu viel sollte man aber nicht in der Hinsicht erwarten, Keiner schiebt uns weg positioniert sich insgesamt schon recht eindeutig. Auch der Tiefgang hält sich in Grenzen: Wir haben es trotz aller gesellschaftlicher Relevanz dann doch mit Abendunterhaltung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu tun. Wer gar nicht mehr braucht als das, findet hier eine durchaus nette Sozialkomödie, die neben dem Thema mit einem gut aufgelegten Ensemble glänzt und auch einige schöne Retrobilder mit auf den Weg gibt. Ein Film, dem es auch gut gelingt, die Absurdität dieser Ungleichheit aufzuzeigen, ohne groß ins Theoretische gehen zu müssen.

Credits

OT: „Keiner schiebt uns weg“
Land: Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Wolfgang Murnberger
Drehbuch: Sebastian Orlac, Ulla Ziemann
Musik: Becktone, Michael Beckmann
Kamera: Peter von Haller
Besetzung: Alwara Höfels, Imogen Kogge, Katharina Marie Schubert, Karsten Antonio Mielke, Christoph Bach, Johanna Gastdorf, Martin Brambach, Anna Lucia Gualano, Vico-Simone Magno

Bilder

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Keiner schiebt uns weg
Fazit
Gleiches Geld für gleiche Arbeit? Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. „Keiner schiebt uns weg“ erzählt anhand eines historischen Beispiels, dass Frauen in der Hinsicht Menschen zweiter Klassen sind. Das ist trotz des ernsten Themas ganz amüsant, auch dank eines spielfreudigen Ensembles.
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