Little Palestine
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Little Palestine, Diary of a Siege

Little Palestine
„Little Palestine, Diary of a Siege“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Im Zuge der Revolution in Syrien und dem Krieg, den das Assad-Regime als Reaktion gegen das eigene Volk führte, kam es zu einer der größten humanitären Katastrophen der Neuzeit, deren Folgen bis heute noch lange nicht vollständig ermessen sind. Als Europäer konnte man bestenfalls erahnen, was in dem Land geschah, von dem uns über diverse Kanäle teils sehr widersprüchliche Nachrichten erreichten. Die Strategie Assads hatte zur Folge, dass man keinen Einblick in das Land bekam, sodass erst im Laufe der Zeit, man einen Einblick auf das wirkliche Ausmaß an Zerstörung richten konnte. Dank einiger mutiger Menschen, die nicht nur in Damaskus und anderen Städten blieben, um ihren Mitmenschen zu helfen, diese zu versorgen oder einfach an ihrem, selbst aufgebauten Leben festhalten wollten, gelingt es immer mehr ein Bild zu erhalten, was dort vor sich geht. Neben den Augenzeugenberichten sind es auch Dokumentationen wie Für Sama von Waad Al-Kateab, die zeigen, welches Leid das syrische Volk durch den Krieg durchmachen musste, wie von Tag zu Tag erst die Geräusche des Konflikts immer näher kamen und zuletzt man noch nicht einmal eine Warnung mehr bekam, wenn es zu einem erneuten Angriff kam. Darüber hinaus merkt man, wie die zum Leben notwendigen Ressourcen immer knapper werden, bis letztlich kein Ausweg mehr bleibt und man die Flucht ergreifen muss.

Neben Waad Al-Kateab gehört nun auch Filmemacher Abdellah Al-Khatib zu jenen, die uns als Zuschauern einen Einblick davon vermitteln wollen, was in ihrer Heimat Damaskus während des Bürgerkrieges passierte. Geboren wurde er 1989 im Stadtteil Yarmouk, einem Bezirk, der seit vielen Generationen vor allem von palästinensischen Flüchtlingen und ihren Familien bewohnt wird, die sich dort ein Leben abseits der eigentlichen Heimat Palästina geschaffen haben. Während des Krieges vermutete das Regime in Yarmouk Rebellen und andere Widerstandskämpfer, sodass er belagert und von der Außenwelt abgeschnitten wurde. Bis zu seiner Ausweisung aus dem Land 2015 dokumentierte Al-Khatib die Belagerung Yarmouks mit seiner Kamera und schnitt einen Teil des Materials zusammen zu der Dokumentation Little Palestine, Diary of a Siege, die auf dem Hamburg Film Festival 2021 als Bester Film vom dortigen Publikum ausgezeichnet wurde und auf dem War on Screen International Film Festival den großen Preis der Pressjury entgegennehmen durfte. Der Film, der aktuell im Rahmen des ALFILM Festival gezeigt wird, zeigt den Alltag der Menschen im Bezirk und die Wege, die sie finden, mit einer nicht aushaltbaren Situation irgendwie zu leben.

Unmöglicher Alltag

Es ist eine der wenigen heiteren Szenen in einem ansonsten sehr niederschmetternden und bedrückenden Film, wenn Al-Khatib und sein Team eine Schule besuchen und mit einigen der Kinder spielen und sie interviewen. Für einige von ihnen haben sie sogar noch ein paar Süßigkeiten, was nicht so leicht sein kann, wenn man bedenkt, dass zu der Zeit wohl schon alle Ressourcen aufgrund der Belagerung knapp waren. Für die Kinder ist es für einen Moment so, als sei die Belagerung nicht da und sie könnten Kinder sein, bis auf einmal ein Mädchen Al-Khatib berichtet, sie wünsche sich ihre Kindheit zurück, und man wieder zurück ist in jenem Alltag der Belagerung, wie ihn der Filmemacher und sein Team festhalten. Nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen haben sich solche Fluchten geschaffen, gehen die Straßen des Bezirks auf und ab und versuchen alles, um sich abzulenken oder zu beschäftigen, was der Regisseur als eine „Demonstration der Freiheit“ beschreibt, wollen sich die Menschen doch schließlich nicht alles von der Belagerung und der damit einhergehenden Notsituation diktieren lassen.

Immer stärker und für den Zuschauer fühlbarer wird jedoch die Anspannung in dem Bezirk, durch die Bilder wie auch die Gesichter der Menschen. Die Belagerung wird als Zustand beschrieben, der „in den Wahnsinn oder den Suizid“ treiben kann, der einen sein Menschsein vergessen machen kann, wenn man nicht auf sich selbst achtgibt, wie der Filmemacher an einer Stelle kommentiert. Letztlich bemerkt man den Trotz der Bewohner, ihren Frust über die Situation, doch zugleich ihre Gemeinschaft, die sie keinesfalls bereit sind aufzugeben, auch wenn ihre Lage mit jeder Minute immer schlimmer wird.

Credits

OT: „Little Palestine, Diary of a Siege“
Land: Libanon, Frankreich, Katar
Jahr: 2021
Regie: Abdellah Al-Khatib
Drehbuch: Abdellah Al-Khatib
Kamera: Abdellah Al-Khatib

Bilder

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Little Palestine, Diary of a Siege
Fazit
„Little Palestine, Diary of a Siege“ ist eine Dokumentation über die Belagerung des Bezirks Yarmouks in Damaskus. Abdellah Al-Khatib beschreibt in seinen Bildern, wie die Bewohner versuchen, sich eine tägliche Routine aufzubauen, um nicht wahnsinnig zu werden angesichts einer unvorstellbaren Notsituation.
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