Die Geschichte meiner Frau
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Die Geschichte meiner Frau

Inhalt / Kritik

Die Geschichte meiner Frau
„Die Geschichte meiner Frau“ // Deutschland-Start: 4. November 2021 (Kino) // 11. März 2022 (DVD)

Europa in den 1920ern: Der niederländische Schiffskapitän Jakob Störr (Gijs Naber) beschließt in einem Café die nächstbeste Frau zu heiraten, die das Lokal betritt. Diese stellt sich als die launenhafte Französin Lizzy (Léa Seydoux) heraus. Aus der spontanen Idee wird tatsächlich mehr, die beiden werden zu einem Paar. Doch das Glück der beiden wird in den folgenden Jahren immer wieder vor eine große Herausforderung gestellt. Denn Störr, der seines Berufes wegen immer wieder monatelang unterwegs ist, traut seiner schönen Gattin nicht so recht. Und so ist die Ehe der beiden von starken, oft widersprüchlichen Gefühlen geprägt. Die Beziehung droht an der Eifersucht Störrs zu zerbrechen.

Filmisches Fingerspitzengefühl

Nach ihrem letzten gefeierten Film Körper und Seele widmet sich die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi einmal mehr einer Geschichte über zwei menschliche Seelen. Basierend auf der gleichnamigen Novelle von Milán Füst aus dem Jahr 1942, die zu Beginn der 1920er Jahre spielt, erleben wir erneut eine schicksalhafte Beziehung zweier Menschen. Das interessante dabei: obwohl die Welt von damals noch ganz anders aussah, gleicht die Beziehung des Paares einer modernen, wie wir sie heutzutage vorfinden – mit jeder Menge Passion, wie auch dem typischen Chaos zwischen Mann und Frau.

Die Geschichte meiner Frau wird zu einer tatsächlich innigen Liebesgeschichte der etwas anderen Art. Und auch wenn man jetzt den Eindruck hat, dass das nicht sonderlich eminent klingt, so erzählt die Romanvorlage zwischen den Zeilen so viel mehr. Dies merkt man schon alleine im Gespräch mit Enyedi, die von mehreren Ebenen in der Erzählstruktur spricht: Neben der gewöhnlichen Ich-Erzählung findet eine ständige Selbstanalyse und -reflexion des Protagonisten als innerer Monolog statt. Enyedi hätte es sich in der Hinsicht aber einfach machen können. Genau für so etwas bieten sich Off-Kommentare à la Terrence Malick ja bestens an. Bis auf zwei Ausnahmen gibt es in ihrem neuesten Werk jedoch so gut wie keine Gedanken aus dem Off. Stattdessen wird viel ausformuliert, wodurch sich Die Geschichte meiner Frau als recht dialoglastig entpuppt. Statt eines 90-Minüters mit unzähligen Off-Kommentaren bekommen wir das Gegenteil: Fast drei Stunden geht Enyedis Film und das ist auch gut so. Aber um fair zu bleiben, an einigen Stellen gibt es schon ein paar Ecken und Kanten. Das zeigt aber auch, wie viel Fingerspitzengefühl Enyedi mitbringen musste, denn: Da hätte auch sehr viel schief gehen können.

Das Individuum gegen den Rest der Welt

Streng genommen ist der Filmtitel jedoch irreführend, da es nicht wirklich um die Ehefrau geht, sondern viel mehr über den Kapitän, der Monat für Monat den Wirrungen des Lebens strotzen muss – daher auch der Untertitel „Die Wirrungen des Jakob Störr in sieben Lektionen“. Kapitel für Kapitel werden so elementare Themen der Menschen beleuchtet, die von der sozialen Interaktion bis hin zu Kontrollverlust und dem Loslassen reichen. Und auch wenn da viele Fässer aufgemacht werden, so schafft es Enyedi trotzdem alle gelungen zusammenzubringen und einen Bezug zur Gegenwart herzustellen. Durch das tendenziell eher langsamere Tempo des Films kann man das Gesehene dabei wunderbar verarbeiten. Die Kleinigkeiten in den Dialogen oder besser gesagt zwischen den Zeilen, die einem tatsächlich nahe gehen, runden das europäische Melodram in der Gesamtheit bestens ab. Enyedi hält dabei ein paar Lebensweisheiten parat, verzichtet aber auf Klischees und generische Sprüche.

Mit ästhetischen Bildern aus insgesamt vier unterschiedlichen Ländern und einer generell üppigen Ausstattung beschert Enyedi dem ungarischen Kino somit ein weiteres Mal alle Ehre. Dem absolut meisterlichen Vorgängerfilm Körper und Seele kann Die Geschichte meiner Frau dabei aber in keiner Weise das Wasser reichen.

Credits

OT: „A feleségem története“
IT: „The Story of My Wife“
Land: Ungarn, Deutschland, Italien, Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Ildikó Enyedi
Drehbuch: Ildikó Enyedi
Vorlage: Milán Füst
Musik: Ádám Balázs
Kamera: Marcell Rév
Besetzung: Gijs Naber, Léa Seydoux, Louis Garrel, Jasmine Trinca, Sergio Rubini

Bilder

Trailer

Interview

In unserem Interview zu Die Geschichte meiner Frau unterhalten wir uns mit Regisseurin Ildikó Enyedi über ihre Romanadaption und toxische Beziehungen.

Ildikó Enyedi [Interview]

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Mit ästhetischen Bildern und ausführlichen Dialogen erzählt „Die Geschichte meiner Frau“ von dem Schiffskapitän Störr und seiner stürmischen Liebe zu einer jungen schönen Frau. Das Drama lässt sich dabei sehr viel Zeit, baut diverse Lebensweisheiten ein, verzichtet dabei jedoch auf Klischees und generische Sprüche.
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