Black Box – Gefährliche Wahrheit Boîte Noire
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Black Box – Gefährliche Wahrheit

Inhalt / Kritik

Black Box Gefaehrliche Wahrheit
„Black Box – Gefährliche Wahrheit“ // Deutschland-Start: 28. Oktober 2021 (Kino)

Früher, da wollte Mathieu Vasseur (Pierre Niney) einmal selbst Pilot werden. Nur waren dafür seine Augen zu schlecht. Dafür hat er gelernt, seine Ohren einzusetzen: Er ist ein gefragter Blackbox-Analyst, der immer dann zu Rate gezogen wird, wenn es zu einen Flugzeugabsturz kommt. So auch, als ein noch sehr neuer Flieger verunglückt und mehr als 300 Menschen sterben. Zwar findet Mathieu früh Hinweise, dass es sich um einen terroristischen Anschlag gehandelt hat. Doch es bleiben Zweifel, etwas scheint an der Geschichte nicht zu stimmen. Je mehr er über alles nachdenkt, umso seltsamer erscheint ihm das Ganze. Immer besessener sucht er nach alternativen Erklärungen, worunter auch seine Ehe mit Noémie (Lou de Laâge) zu leiden beginnt …

Die Angst vorm Fliegen

Obwohl das Flugzeug eigentlich als sehr zuverlässiges Verkehrsmittel gilt, so ist es doch wie kein anderes mit großen Ängsten verbunden. Das mag zum einen daran liegen, dass die seltenen Vorfälle immer mit hohen Opferzahlen einhergehen. Wenn ein Flugzeug abstürzt, dann bedeutet das oft für die meisten den Tod. Aber auch das Gefühl ausgeliefert zu sein, im Fall der Fälle keine Kontrolle zu haben, dürfte dazu beitragen, dass ein Flug vielen nicht ganz geheuer ist. Hinzu kommt, dass gerade im Nachklang des 11. Septembers 2001 die Furcht vor terroristischen Anschlägen oder sonstigem menschlichen Eingreifen groß ist. Kein Wunder also, dass es im Genrebereich immer wieder Filme gibt, die von einem solchen Flugzeugszenario erzählen, seien es 7500 oder Non-Stop bis hin zum grotesken Vampir-Gemetzel Blood Red Sky.

Black Box – Gefährliche Wahrheit spielt ebenfalls mit diesen Ängsten, findet aber einen ganz anderen Zugang zu dem Thema. Hier hat der Absturz bereits stattgefunden, wenn wir als Zuschauer und Zuschauerinnen dazustoßen. Abgesehen von rekonstruierten Szenen bekommen wir auch keine Einblicke in das Geschehen an Bord. Denn darum geht es im Grunde: die Frage, was tatsächlich im Flugzeug geschehen ist. Statt eines Echtzeitthrillers ähnelt der französische Film da mehr einem Krimi, wenn Mathieu versucht, die Wahrheit herauszufinden. Da werden Spuren gesucht, Leute befragt, Hypothesen bemüht. Nach und nach setzt sich aus diesen einzelnen Puzzleteilen ein Bild zusammen. Bis dieses aber tatsächlich zu erkennen ist, dauert es natürlich, das Publikum soll schließlich neugierig bleiben.

Zwischen Krimi und Paranoia-Thriller

Diese klassischen Elemente verbindet Regisseur und Co-Autor Yann Gozlan (Burn Out) aber mit einem sehr ungewöhnlichen Drumherum. Nicht nur dass ein Blackbox-Analyst in diesem Genre ein doch eher seltener Protagonist ist. Auch die Vorgehensweise ist ganz eigen: Ein Großteil der Ermittlungen in Black Box – Gefährliche Wahrheit findet rein akustisch statt. Auch wenn Mathieu irgendwann doch aktiver wird und in der Gegend herumfährt, zu Beginn zumindest sehen wir ihn überwiegend, wie er mit Kopfhörern vor dem Bildschirm sitzt und aus Geräuschfetzen Sinn zu machen versucht. Visuell ist das naturgemäß wenig aufregend. Spannend ist diese alternative Spurensuche aber durchaus, wenn die Antwort auf die Fragen in abstrakten Grafiken und brummendem Lärm verborgen ist.

Mit der Zeit bewegt sich Gozlan aber von diesem Krimiaufbau weg. Stattdessen verwandelt sich Black Box – Gefährliche Wahrheit zunehmend in einen Paranoia-Thriller mit kleineren Drama-Elementen. So hat Mathieu eine Vorgeschichte: Schon einmal wollte er in einem Absturz mehr erkennen und verrannte sich dabei völlig. Wenn er nun verschiedenen Theorien nachrennt, dann bleibt dabei bis zum Schluss offen, ob an diesen etwas dran ist. Ist Mathieu einfach nur ein Spinner, der irgendwelche Wahnvorstellungen hat? Oder sind da tatsächlich irgendwelche finsteren Hintermänner am Werk, die vor nichts zurückschrecken, um die Wahrheit zu verbergen?

Verloren in einer überzogenen Fantasiewelt

Auch das ist sehenswert, da sich Hauptdarsteller Pierre Niney (Frantz) ganz in der Welt verliert, die sich Mathieu zusammenbaut. Immer wieder werden die Grenzen zwischen der Realität und der Vorstellungskraft der Hauptfigur aufgehoben. Er versucht sich derart stark die Ereignisse im Flugzeug vor Augen zu führen, dass er selbst zu einem Teil davon wird. Leider gehen dabei nicht nur mit dem Analysten die Pferde durch. Auch Gozlan kennt dabei kein Halten, wenn er zum Schluss die Geschichte so richtig eskalieren lässt. Das ist schon ziemlich over the top, was er seinem Publikum da auftischt. Unnötig over the top. Davon einmal abgesehen ist Black Box – Gefährliche Wahrheit aber ein interessanter Thriller, der zeigt, dass man auch auf anderen Wegen Spannung erzeugen kann. Nur das mit dem Fliegen, das überlegt man sich im Anschluss dann doch noch ein zweites Mal.

Credits

OT: „Boîte Noire“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Yann Gozlan
Drehbuch: Nicolas Bouvet, Yann Gozlan, Jérémie Guez
Musik: Philippe Rombi
Kamera: Pierre Cottereau
Besetzung: Pierre Niney, Lou de Laâge, André Dussollier, Sébastien Pouderoux, Olivier Rabourdin

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 2022 Bester Hauptdarsteller Pierre Niney Nominierung
Bester Schnitt Valentin Féron Nominierung
Bestes Original-Drehbuch Yann Gozlan, Simon Moutaïrou, Nicolas Bouvet-Levrard Nominierung
Beste Filmmusik Philippe Rombi Nominierung
Bester Ton Nicolas Provost, Nicolas Bouvet-Levrard, Marc Doisne Nominierung

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Ein Flugzeug ist abgestürzt, ein Blackbox-Analyst versucht, den Grund zu rekonstruieren. „Black Box – Gefährliche Wahrheit“ beginnt als klassischer Krimi mit ungewöhnlichem Setting, bevor sich der Film zunehmend in einen Paranoia-Thriller verwandelt. Das ist durchweg spannend und gut gespielt, auch wenn es zum Schluss schon ein bisschen arg over the top ist.
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