Die Unschuldsvermutung
© SWR/ORF/David Steinbach

Die Unschuldsvermutung

Inhalt / Kritik

Die Unschuldsvermutung
„Die Unschuldsvermutung“ // Deutschland-Start: 8. September 2021 (Das Erste)

Die neue Aufführung von Mozarts „Don Giovanni“ in Salzburg steht unmittelbar bevor, es herrscht bereits große Aufregung vor und hinter den Kulissen. Auf diese Aufregung hätten die Veranstalter aber gern verzichtet: In einem spontanen Wutanfall schmeißt Opernregisseur David Roth (Simon Schwarz) hin. Doch wer könnte so kurzfristig für diesen übernehmen? Die Wahl fällt am Ende auf Beate Zierau (Catrin Striebeck), was nicht bei allen auf Begeisterung stößt. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass die Regisseurin recht schwierig im Umgang ist. Sie ist auch noch die Exfrau von Marius Atterson (Ulrich Tukur), dem Dirigenten der Aufführung, und als solche auf diesen nicht sonderlich gut zu sprechen. Das hat sie mit der Journalistin Franziska Fink (Marie-Christine Friedrich) gemeinsam, die nur darauf wartet, die diversen Vergehen des bekannten Frauenverführers Atterson offenzulegen …

Überall nur Schweine

Bald vier Jahre ist es her, dass der Skandal um den berüchtigten Produzenten Harvey Weinstein in allen Medien war und sich in Folge zahlreiche Frauen unter dem Hashtag #MeToo mit ähnlichen Erfahrungen zurückmeldeten. Seither taucht das Thema immer mal wieder in Filmen und Serien auf, etwa in The Morning Show oder The Assistant. Dabei geht es in diesen Fällen nicht nur darum, wie Frauen übergangen, bedrängt oder gar ausgenutzt werden. Oftmals wird auch untersucht, wie es dazu kommen kann. Nicht der einzelne Übeltäter steht im Mittelpunkt, sondern eine Gesellschaft, die ein solches Fehlverhalten mindestens toleriert, manchmal sogar fördert.

Ganz so weit gehen die Ambitionen in Die Unschuldsvermutung nicht, was auch mit der unterschiedlichen Tonalität zusammenhängt. Handelte es sich bei obigen Beispielen aus den USA um Dramen, welche die ernsten Situationen emotionalisierten und damit greifbarer machen wollten, da ist der österreichische TV-Film sehr viel heiterer. Zumindest versucht er es, das Thema irgendwie auf komisch zu drehen. Die Figuren sind alle ein bisschen überzeichnet, der selbstverliebte Dirigent eine Karikatur, viele neigen zur Hysterie. Mit #MeToo hat das dann weniger zu tun. Stattdessen will Regisseur und Drehbuchautor Michael Sturminger mit seiner Komödie zugleich den Opernbetrieb als solchen bloßstellen, bei dem es fast immer nur um Egos und Moneten geht, weniger um die Kunst an sich.

Wenn zwei sich streiten, langweilt sich der dritte

Ob eine komödiantische Herangehensweise an das Thema nun passend ist oder nicht, darüber lässt sich natürlich streiten. Wenn man sich für diese entscheidet, sollte das Ergebnis aber wenigstens komisch sein. Das ist Die Unschuldsvermutung jedoch nur sehr vereinzelt. Klar, mit Ulrich Tukur (Meeresleuchten) ist die Figur des Frauenverführers prominent und gut besetzt. Er schafft den Spagat aus Charmeur und Widerling, aus anziehend und abstoßend. Ein Mann, der so viel Selbstvertrauen ausstrahlt, dass ihm fast alles gelingt, und der sich deshalb auch über andere hinwegsetzen kann. Wenn sich ein paar Frauen zusammentun, um den Gockel dann mal vom Sockel zu holen, dann bringt das eigentlich alles mit, was man für einen Crowdpleaser so braucht.

Nach einem vielversprechenden Einstieg, der die spätere Eskalation vorwegnimmt, plätschert Die Unschuldsvermutung aber bis zum Schluss nur vor sich hin. Es fehlt der Biss, den die satirische Ausrichtung des Films bräuchte. Oder wenigstens witzige Szenen. Stattdessen gibt es lediglich langweilige kleine Albernheiten rund um Menschen, die einem wenig Grund dafür geben, weshalb man mit ihnen Zeit verbringen wollte. Der in der ARD ausgestrahlte Film ist eine dieser vielen TV-Komödien, bei denen man sich fragt, wann wir endlich zu der Stelle kommen, an denen sie ihrem Namen gerecht werden und komisch sind. Das reicht dann zum Berieseln, wer das möchte. Oder eben zum Aufregen, dass aus diesem Material so wenig gemacht wurde. Ein tatsächlicher Grund zum Einschalten sieht anders aus.

Credits

OT: „Die Unschuldsvermutung“
Land: Österreich
Jahr: 2021
Regie: Michael Sturminger
Drehbuch: Michael Sturminger
Musik: Kyrre Kvam
Kamera: Wolfgang Thaler
Besetzung: Ulrich Tukur, Catrin Striebeck, Laura de Boer, Marie-Christine Friedrich, Daniela Golpashin, Michou Friesz

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„Die Unschuldsvermutung“ nimmt uns mit nach Salzburg und erzählt von dem Chaos hinter den Kulissen der Oper. Der Film greift dabei die #MeToo-Thematik auf, weiß damit aber nichts anzufangen. Es fehlt der Biss, den eine solche Komödie bräuchte. Stattdessen gibt es viel Langeweile und anstrengend-hysterische Menschen.
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