20000 Days on Earth

20.000 Days on Earth

20.000 Days on Earth
„20,000 Days on Earth“ // Deutschland-Start: 16. Oktober 2014 (Kino) // 20. Februar 2015 (DVD)

Nach ihrer ersten Zusammenarbeit für das Video zur Single Dig, Lazarus, Dig!!! aus Nick Caves gleichnamigem Album waren die Regisseure Jane Pollard und Iain Forsyth begeistert, als sie die Gelegenheit bekamen, den Künstler und seine Band The Bad Seeds bei den Studioaufnahmen zu ihrem neuen Album filmen zu dürfen. Weniger erfreut waren die beiden von der Aussicht, ihren Film als eine Nacherzählung Nick Caves Leben zu gestalten, was der Musiker zudem auch als unbefriedigend empfand. Bei der Sichtung der ersten Aufnahmen zu dem Album, welches letztlich Push the Sky Away (2013) genannt werden sollte, entstand so die Idee zu einem teils fiktiven Rahmen des Filmes, der nicht nur das Leben Nick Caves zeigt, sondern Interviews mit Weggefährten wie Kylie Minogue, Ray Winstone und Blixa Bargeld nahtlos miteinbezieht.

Angefangen beim Aufstehen sehr früh am Morgen verfolgt der Zuschauer den – wie der Titel 20.000 Days on Earth andeutet – Tag Nr. 20.000 aus dem Leben Nick Caves. Zusätzlich begleitet durch das Voice-Over des Musikers sieht man neben der täglichen Routine des Schreibens und der Studiosessions auch einen Termin beim Therapeuten sowie einen Besuch beim Nick Cave Archive in Brighton, der Wohnstätte des Künstlers. Hierbei verhandelt der Film, unterstützt durch die erwähnten Interviews und Begegnungen mit Bandkollegen wie Warren Ellis, die Rolle des Künstlers, der Kunst und des Auftritts wie sie Cave für sich definiert hat über die Jahre.

Ein Tag unter vielen
Durch einen interessanten Kniff lösen sich Pollard und Forsyth bereits nach wenigen Sekunden von dem Anspruch, eine Art Biopic zu der Person Nick Cave zu entwerfen. So werden die vorherigen 19.999 Tage im Schnelldurchlauf durchgejagt, bis man bei jenem Tag angelangt ist, der für die Dokumentation relevant ist. Ob dies nun tatsächlich genau Tag Nummer 20.000 Caves auf Erden ist, weiß man nicht, aber das zählt wohl nur nach, wer an übermäßiger Pedanterie leidet.

Selbst für Cave ist dieser Tag Teil einer Routine, der er sich mit Beginn des 20. Jahrhunderts überlassen hat, wie er bereits zu Anfang sagt. Per Voice-Over wird man begleitet zu den Stationen dieses Tages, die im Gesamtkontext bald schon alles andere als routiniert erscheinen, sondern Teil des Lebens eines Menschen sind, für den die Vorstellung und damit das Künstlertum alles sind. Dies hat nichts mit einem Mangel an Authentizität zu tun, sondern liegt in der Natur des Lebens, für das sich Cave entschieden hat. Dies ist das Leben, was er kennt und liebt, wie die Mitschnitte aus Konzerten sowie die Studioaufnahmen belegen.

Der Künstler auf der Suche nach dem besonderen Moment
„Wenn ich auf der Bühne stehe, passiert etwas Besonderes mit mir.“ Wie beim Eintauchen in die fiktive Welt eines Romans geht es Cave für sich und seine Zuhörer um jenen Moment des Aufgehens in dieser Welt, die er kreiert und die nicht von ihm lassen kann. Nicht mehr schaffen zu können, seiner Erinnerung beraubt zu sein, ist ein dem Tod gleichzusetzender Zustand, der für Cave die größte existenzielle Bedrohung darstellt.

Konsequenterweise beschreitet auch der Film Forsyths und Pollards diese Welt des Künstlers Nick Cave. Dabei bewegt er sich, insbesondere bei den Bildern Erik Wilsons und der unvergleichlichen Musik Warren Ellis‘ auf jenem schmalen Grat zwischen schwarzer Romantik, Erinnerung und Melancholie, der sich in den berührend schönen Songs Caves wiederfinden lässt.



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"20,000 Days on Earth" ist ein Muss für jeden Fan des Künstlers Nick Cave. Andere werden fasziniert sein von den Ausführungen über die Figur des Künstlers und seinen Bezug zur Menge, wie Kunst geschaffen wird und wie sich diese mit den bisweilen dunklen Wolken der Realität verträgt.