
Viele Jahre schon hat Kommissar Jules Maigret (Jean Gabin) die Gräfin von Saint-Fiacre (Valentine Tessier) nicht mehr gesehen, die er noch aus seiner Kindheit kennt. Das freudige Wiedersehen hat jedoch einen finsteren Hintergrund: Jemand hat der alten Dame einen Drohbrief geschrieben, in dem ihr Tod für den kommenden Tag ankündigt. Maigret ist fest entschlossen, dieses Verbrechen zu verhindern. Und doch stirbt sie tatsächlich: Als sie die Messe in der Kirche besucht, erleidet sie einen Herzinfarkt. Alles lässt auf einen natürlichen Tod schließen. Doch der erfahrene Polizist vermutet, dass jemand nachgeholfen hat. Nur wie? Und wer profitiert davon? Sowohl Maurice (Michel Auclair), der leichtlebige Sohn der Gräfin, wie auch ihr Sekretär Lucien Sabatier (Robert Hirsch) sind ihm suspekt, da sie die Tote zuvor schamlos ausgenutzt haben …
Zweiter Auftritt eines großen Detektivs
Auch wenn Georges Simenon im Laufe seiner langen Karriere natürlich die unterschiedlichsten Bücher geschrieben hat, werden ihn die meisten dann doch mit seinen Romanen rund um den Kommissar Maigret in Verbindung bringen. Insgesamt 75 hat der belgische Autor geschrieben. Diese wurden auch oft verfilmt, zuletzt in Maigret mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle. Aber auch Jean Gabin hat in der Rolle des scharfsinnigen Polizisten geglänzt. Erstmals verkörperte er ihn 1958 Kommissar Maigret stellt eine Falle, wo der Protagonist einen Serienmörder jagt. Bereits ein Jahr später folgte mit Maigret kennt kein Erbarmen ein zweiter Film. Grundlage hierfür lieferte der bereits 1932 veröffentlichte Roman L’Affaire Saint-Fiacre.
Die Geschichte fällt insofern ein wenig aus dem Rahmen, da zum einen der Mord angekündigt wird. Das schließt irgendwelche Affekttaten aus, wie man sie so oft in Krimis findet. Hier ist klar, dass etwas geplant ist. Rätselhaft ist dabei zum einen, warum man ihn überhaupt ankündigen sollte, da man eigentlich auf den Überraschungseffekt setzt. Aber auch die Frage, wie der Herzinfarkt herbeigeführt werden konnte, muss geklärt werden. Von diesen beiden Punkten abgesehen ist Maigret kennt kein Erbarmen aber ein ganz klassischer Whodunit-Krimi, bei dem eine Leiche gefunden wird und anschließend herausgefunden werden muss, wer den Mord begangen hat. Das bedeutet, dass Leute verhört werden, nach Spuren gesucht, Motiv und Möglichkeit überprüft werden müssen. Das übliche Prozedere eben.
Gemütlicher Genrevertreter
Die Fragen werden – ebenfalls ganz klassisch – erst zum Schluss beantwortet. Es gibt sogar die Gruppengegenüberstellung, wo im gemeinsamen Kreis noch einmal alles rekapituliert wird, eine Situation, wie man sie bei Agatha Christie oft fand. Die Spannung bei Maigret kennt kein Erbarmen besteht dabei in der Lösung der Rätsel, weniger in der Handlung. Während bei dem oben genannten ersten Fall von Maigret die Gefahr bestand, dass der Mörder wieder zuschlägt, da ist das hier nahezu ausgeschlossen. Das macht den Film für ein Publikum interessant, das ganz in Ruhe grübeln mag. Zuschauer und Zuschauerinnen, die einen konstanten Nervenkitzel brauchen, sind hingegen hier eher fehl am Platz. Es handelt sich um einen gemächlich-gemütlichen Genrevertreter.
Das heißt aber nicht, dass alles ganz harmlos ist. Da ist nicht nur der Mord an sich. Mit der Zeit enthüllen sich immer mehr Abgründe bei allen Beteiligten, die alte Dame war von einer Reihe gieriger und rücksichtsloser Menschen umgeben. Der Film ist dadurch schon ganz düster. Atmosphärisch ist er ebenfalls, selbst Jahrzehnte später. Und dass Gabin eine Idealbesetzung ist für eine solche Rolle, muss nicht erst betont werden. Er trägt über weite Strecken den Film quasi allein. Wer in der Stimmung ist für einen solchen traditionellen Krimi und sich nicht an dem etwas behäbigen Tempo stört, wird mit Maigret kennt kein Erbarmen gut bedient, auch wenn die Auflösung wenig glaubwürdig ist.
OT: „Maigret et l’affaire Saint-Fiacre“
Land: Frankreich, Italien
Jahr: 1959
Regie: Jean Delannoy
Drehbuch: Rodolphe-Maurice Arlaud, Jean Delannoy
Vorlage: Georges Simenon
Musik: Jean Prodromidès
Kamera: Louis Page
Besetzung: Jean Gabin, Michel Auclair, Valentine Tessier, Robert Hirsch, Michel Vitold, Paul Frankeur
Amazon (DVD „Maigret kennt kein Erbarmen“)
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)







