
Man kann Herbert Gold ja so einiges vorwerfen, nicht aber, dass er unzuverlässig ist. Als der Autor nicht zu einem Treffen mit seinem als Musiker arbeitenden Sohn Ethan kommt, macht sich dieser daher große Sorgen. Schließlich ist Herbert inzwischen 99 Jahre alt, da kann es jeden Tag vorbei sein. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Ari macht er sich deshalb auf dem Weg zu dem betagten Mann, nur um sicherzugehen, dass es ihm wirklich gutgeht. Doch der Weg ist lang, immer wieder werden die beiden unterwegs aufgehalten. Während die beiden musizieren und singen, treffen sie die unterschiedlichsten Menschen, darunter vielleicht sogar eine neue Liebe, setzen sich mit der Vergangenheit auseinander – aber auch der Frage, was die Zukunft bringen soll …
Persönliches Werk zweier Brüder
Filmemachen kann sehr teuer sein. Vor allem in Hollywood werden inzwischen astronomische Summen verbraten, um große Stars zu engagieren oder in eine bombastische Optik zu investieren. Denn nur auf diese Weise, so eine weit verbreitete Ansicht der Studios, lassen sich noch Menschen in die Kinos locken und Geld verdienen. Dabei lassen sich auch mit sehr viel weniger Aufwand sehenswerte Titel produzieren. Ein Beispiel hierfür ist die Tragikomödie Brother Verses Brother, die durch einen ganz eigenen Minimalismus auffällt. Ob Geschichte, Inszenierung oder Cast, man gab sich bei der kleinen Independentproduktion mit wenig zufrieden und vertraut darauf, dass es auch so geht.
Das zeigt sich schon am beteiligten Team: Die Brüder Ari und Ethan Gold spielen nicht nur sich selbst. Sie übernahmen auch Regie, Drehbuch und Musik, waren zudem an der Produktion beteiligt. Das ist jedoch nicht nur auf ein geringes Budget zurückzuführen. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein sehr persönliches Werk der beiden. So persönlich, dass man gar nicht so genau sagen kann, wo das Privatleben endet und die Kunst beginnt, die Grenzen zwischen Dokumentation und Spielfilm sind durchlässig. Immer wieder erzählen die beiden in Brother Verses Brother aus ihrem Leben, thematisieren dabei einerseits die Arbeit, aber auch die familiären Verhältnisse. Obwohl sie Zwillinge sind und damit eine ganz besondere Verbindung zueinander haben, sind sie teils doch sehr unterschiedlich – was auch zu dem einen oder anderen Konflikt führt. Man ist sauer aufeinander, sorgt sich manchmal und versucht doch füreinander da zu sein.
Liebeserklärung an die Kunst und die Familie
Manches davon ist ernst, wenn es beispielsweise um psychische Probleme geht oder eine mangelnde Anerkennung durch den Vater. An den Stellen darf einem das Herz schon etwas schwerer werden. Insgesamt zeichnet sich der Film aber durch eine Leichtigkeit aus, entwickelt sogar mitreißende Qualitäten, wenn die zwei durch die Stadt laufen, scherzen und dabei immer wieder Lieder anstimmen. Was man eben so macht, wenn man nachts umherstreift. Dies geschieht in Echtzeit, zumindest wird das impliziert durch die minimalisierten Schnitte. Das Publikum soll bei Brother Verses Brother das Gefühl haben, live dabei zu sein. Unterstützt wird dieses durch den hohen Anteil an Improvisation, im Stil der US-amerikanischen Mumblecore-Film.
Natürlich muss man diese Art des Filmemachens, die als Live Cinema verkauft wird, schon zu schätzen wissen, um hiermit etwas anfangen zu können. Ansonsten könnte man das hier als zu banal und ereignislos empfinden, wenn praktisch nichts geschieht. Wer sich aber für menschenbezogene Geschichten interessiert, die trotz der schrägen Elemente vor allem alltäglich sind, wird fündig. Die Tragikomödie, die auf dem South by Southwest Festival 2025 Premiere hatte, ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an die Familie und an die Kunst. Die Musik wird in Brother Verses Brother nicht nur zum Ausdruck innerster Gefühle, sondern auch zu einer Möglichkeit, Verbindungen mit anderen aufzubauen, wenn nicht nur die zwei Brüder singend durch die Stadt streifen, sondern das Publikum gleich mit.
OT: „Brother Verses Brother“
Land: USA
Jahr: 2025
Regie: Ari Gold
Drehbuch: Ari Gold, Ethan Gold
Musik: Ethan GoldKamera: Stefan Ciupek, Frazer Bradshaw
Besetzung: Ari Gold, Ethan Gold
SXSW 2025
Filmfest München 2025
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