
Die Ziele und Versprechungen von THENTE sind groß: Endlich soll die Rechtsprechung objektiv und wirklich gerecht sein! Möglich macht das eine neue künstliche Intelligenz, welche die fehleranfällige menschliche Justiz ersetzen soll. Während die Menschen noch darüber debattieren, ob das jetzt gut ist oder nicht, wird dies bald durch den Tod von Alicia Kovack (Alba Galocha) überschattet. Die Schöpferin des revolutionären Systems und Leiterin des Unternehmens ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, noch bevor ihr Werk zum Einsatz kommen konnte. War das Zufall oder hat jemand nachgeholfen? Gleichzeitig wird die angesehene Richterin Carmen Costa (Verónica Echegui) damit beauftragt, sich das Programm genauer anzuschauen und zu überprüfen – was mit überraschenden Erkenntnissen einhergeht …
Gesetze sind für alle gleich?
Kaum ein Thema beschäftigt die Menschheit derart so sehr wie das der künstlichen Intelligenz. Während die einen sich davon erhebliche Verbesserungen für den Alltag erhoffen und in manchen Bereichen Programme wie ChatGPT auf dem Vormarsch sind, warnen andere vor unkalkulierbaren Folgen. Das macht sich auch in Filmen und Serien bemerkbar, in den letzten Jahren hat es reihenweise Titel gegeben, in denen irgendwie die Technik verrücktspielt und die Herrschaft übernimmt – siehe etwa Cassandra und AfrAId, wo jeweils eine besitzergreifende KI eine Familie für sich beansprucht. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eine der interessanteren davon ist Artificial Justice – Tödliche Gerechtigkeit, wenn eine solche Intelligenz an einer Stelle zum Einsatz kommt, wo man sie eher nicht erwarten würde: der Rechtsprechung.
Dabei ist die Idee sogar auf ihre Weise plausibel. Dass Gesetze nicht immer so ihre Anwendung finden, wie es eigentlich der Fall sein sollte, ist bekannt. Wer über die entsprechende Macht verfügt, kann die Justiz außer Kraft setzen, kann Prozesse verschleppen, für erfundene Straftaten verurteilen und jedes Mal ganz empört tun, wenn eigene Verbrechen doch ans Tageslicht kommen. Bei einer künstlichen Intelligenz, die sich nur auf die Fakten konzentriert, wäre das so nicht möglich. Ihr ist es egal, wie viel Geld du hast oder ob du andere um deine Finger wickeln kannst. Sie kennt das Gesetz und wendet das an. Das zumindest ist, was in Artificial Justice – Tödliche Gerechtigkeit behauptet wird, wenn die neue Technologie angepriesen werden soll.
Mehr Denkanstoß als Unterhaltung
Grundsätzlich hatte man daraus einen Film machen können, der wirklich über das für und wider diskutiert. Denn zur Rechtsprechung gehört auch dazu, dass nicht alles, was Gesetz ist, auch gerecht erscheint. Der Faktor Mensch ist da schon sehr wichtig. Anstatt diesen Überlegungen nachzugehen, macht Regisseur und Drehbuchautor Simón Casal de Miguel aber lieber einen Science-Fiction-Thriller draus. Spannung soll bei Artificial Justice – Tödliche Gerechtigkeit nicht durch grundsätzliche Überlegungen erzeugt werden, sondern durch ganz klassischen Nervenkitzel. Denn wie das so ist, wenn jemand sich an einem Programm bereichern möchte, selbstlos sind die Motivationen nicht immer. Die spanisch-portugiesische Coproduktion ist im Grunde in typischer Verschwörungsthriller, bei dem hinter der schicken Fassade ein Abgrund lauert.
Das ist nicht uninteressant, weil es auch einige tatsächlich beunruhigende Ausblicke in eine mögliche Zukunft gibt, in der das Gesetz gewissermaßen ausgelagert wird. Denn letztendlich ist eine künstliche Intelligenz das Produkt einiger weniger, die daraufhin zumindest indirekt bestimmen können, was für die Allgemeinheit geht. Und doch sollte man bei Artificial Justice – Tödliche Gerechtigkeit die eigenen Erwartungen im Hinblick auf die Spannungskurve eher zurückfahren. So richtig viel passiert hier gar nicht, die Ermittlungen gestalten sich handlungsarm. Der unterkühlte Thriller nimmt einen nicht so wirklich mit, zumal auch die Hauptfigur blass bleibt. Während ein diskussionsfreudiges oder nachdenkliches Publikum also auf seine Kosten kommt, werden Zuschauer und Zuschauerinnen, die einfach unterhalten werden wollen, nicht sonderlich gut bedient.
OT: „Justicia artificial“
Land: Spanien, Portugal
Jahr: 2025
Regie: Simón Casal de Miguel
Drehbuch: Simón Casal de Miguel
Musik: Sofia Oriana Infante
Kamera: Diego Cabezas
Besetzung: Verónica Echegui, Alberto Ammann, Tamar Novas, Alba Galocha, Lúcia Moniz, Afonso Pimentel, Paula Morado, Santi Prego
Amazon (DVD „Artificial Justice – Tödliche Gerechtigkeit“)
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