Hör mal wer da hämmert Home Improvement
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Hör mal, wer da hämmert

Hör mal wer da hämmert Home Improvement
„Home Improvement“ // Deutschland-Start: 15. März 1993 (Das Erste) // 21. Oktober 2021 (DVD)

Inhalt / Kritik

Tim Taylor (Tim Allen) ist der Heimwerkerkönig – zumindest der selbsternannte. In seiner Show Tool Time präsentiert er gemeinsam mit seinem Assistenten Al (Richard Karn) einem vorrangig männlichen Publikum Wege, wie sie das Eigenheim aufpeppen können. Zuhause muss er sich gemeinsam mit seiner Frau Jill (Patricia Richardson) mit seinen drei Söhnen herumschlagen: Brad (Zachery Ty Bryan), Randy (Jonathan Taylor Thomas) und Mark (Taran Noah Smith).

8 Staffeln, 4 Einheiten

Die Basiseinheit der Länge ist der Meter. Analog könnten wir festhalten, dass eine Folge die Grundheit einer Fernsehserie ist. So wie das Ångström (ein Zehnmillionstel Millimeter) nur in der physikalischen Chemie relevant ist, so spielen Untereinheiten wie Sequenz, Szene oder Einstellung für den durchschnittlichen Zuschauer kaum eine Rolle, und werden eher im Bereich der Filmanalyse interessant. Während die verschiedenen Längeneinheiten im metrischen System dezimale Vielfache des Meters sind, werden Folgen- und vor allem Staffelanzahl oft ganz unterschiedlich gehandhabt. Hör mal, wer da hämmert lief in den USA von 1991 bis 1999 und brachte es auf insgesamt 204 Folgen in acht Staffeln.

Die Einleitung ist natürlich nicht dazu gedacht, um zu zeigen wie gut sich der Rezensent wieder einmal mit allem auskennt (aber schon auch). Vielmehr soll damit der Grundstein für den Aufbau dieser Kritik gelegt werden. Dafür müssen wir zunächst eine neue Einheit einführen. Wir wollen sie, analog zum Segment, welches eine oder mehrere aufeinanderfolgende Sequenzen umfasst und mit anderen Segmenten eine Episode bildet, hier (etwas unkreativ und vielleicht verwirrend) einmal Seriensegment nennen. Dieses besteht aus einer oder mehreren aufeinanderfolgenden Staffeln, die jeweils thematisch zusammengehören. Hör mal, wer da hämmert lässt sich in vier davon unterteilen: Staffel eins bis drei, Staffel vier, Staffel fünf bis sieben, Staffel acht.

Mischform aus Series und Serial

Der geneigte Leser möge noch einen Absatz dröger Filmtheorie erlauben, bevor wir uns der inhaltlichen Auseinandersetzung widmen. Zu Fernsehserien gibt es erstaunlich wenig theoretisierende Forschung, kurioserweise gibt es gleichzeitig ein Überangebot an Begriffen, mit welchen sie zu beschreiben versucht werden. Für unsere Zwecke wollen wir Serien hier in drei Arten unterteilen, wobei die dritte eine Mischform der ersten beiden darstellt. Da wir hierzulande nicht nur überwiegend US-amerikanische Produktionen konsumieren, sondern uns in dem Bereich auch sprachlich an den angelsächsischen Kollegen orientieren, haben sich die Begriffe Series und Serial etabliert. Ein Paradebeispiel für ersteren wäre etwa Der Untermieter: Die einzelnen Folgen sind in sich geschlossen, starten immer mit einem mehr oder weniger gleichen Status Quo (bei anderen Series enden sie normalerweise auch damit), eine episodenübergreifende Erzählung findet so gut wie gar nicht statt.

Die zweite Staffel von Killing Eve knüpft nahtlos an die erste an, somit haben wir es mit dem zweiten Typ zu tun: Serials weisen fortlaufende Handlungsstränge auf. Hör mal, wer da hämmert schließlich gehört zur besagten Mischform. Während die meisten Episoden isoliert betrachtet werden können, ist allein schon das Altern der Charaktere, insbesondere natürlich der drei Kinder, ein chronologischer Marker. Je weiter die Serie fortschreitet, desto häufiger gibt es auch Rückgriffe auf frühere Episoden. Im vorliegenden Rahmen muss uns dieser trotz scheinbarer Ausführlichkeit äußerst grobe und keinesfalls vollständige Überblick nun genügen.

Zwischen Angst und Chaos

Wenden wir uns also den Seriensegmenten zu. Das Thema der Staffeln eins bis drei ist das Mannsein. Damit hat vor allem Tim zu kämpfen, in ganz unterschiedlichen Bereichen. So muss er etwa mit gutem Beispiel vorangehen, wenn er seinen Jungs beibringt, dass ein Mann vor nichts Angst hat. Blöd nur, dass sich in derselben Folge eine Schlange im Haus der Taylors herumtreibt – vor denen fürchtet Tim sich nämlich. Natürlich ist es Quatsch, dass ein Mann vor nichts Angst haben darf. Angst ist schließlich ein Urinstinkt, der zu Wachsamkeit anspornt und vor Unbesonnenheit schützen soll. Das heißt aber eben auch nicht, dass ein Mann sich von jeder Angst sofort lähmen lassen darf.

Einer der größten Running Gags von Hör mal, wer da hämmert sind Tims zahlreiche Missgeschicke beim Heimwerken. Nicht nur in seiner Show Tool Time richtet er häufiger ein kleines Unheil an (dafür wird er später einen Preis gewinnen, weil das als bewusste „what not to do“-Lehrstücke missverstanden wird), auch in der realen Welt (der Serie) bleiben Unfälle nicht aus. Das liegt teilweise an der dem Mann inhärenten Selbstüberschätzung. Opfer dieser Pannen wird dabei hauptsächlich Tim selbst, doch auch sein Assistent Al kann etwas dabei abbekommen, ebenso wie mancher Gaststar. Ob Tim nun das Stück einer Tischplatte an seine Stirn klebt, beim Herabsteigen einer Treppe mit dem Kopf gegen einen Balken donnert oder durch sein Hausdach kracht – es ist so variantenreich wie lustig.

Frauen bleiben in Hör mal, wer da hämmert selbstverständlich von dieser Tortur verschont. Wenn Slapstick witzig ist, dann ja oft nur deshalb, weil er einem Mann widerfährt, was damit zusammenhängt, dass sich niemand für Männer interessiert. Sie sind aus rein biologisch-natürlicher Sicht entbehrlich, da im Falle eines Falles ein einziger reichen würde, um die Art zu erhalten. Sehen wir aber, wie eine Frau verletzt wird, triggert das eher Mitgefühl, Besorgnis und Beschützerinstinkte (eine nennenswerte Ausnahme bildet It’s Always Sunny in Philadelphia, in welcher andere Sitcomtropen satirisch dekonstruiert werden und die einzige Frau im Hauptcast zum Amüsement des Zuschauers Schmerzen erleiden muss).

Vom Vatersein und Heranwachsen

Das Thema der vierten Staffel ist eine Art Weiterführung, Spezifizierung oder logische Folge aus den ersten dreien: Das Vatersein. Väter sind hier in allen möglichen Konstellationen präsent. Über die Wichtigkeit eines Vaters oder zumindest einer Vaterfigur für einen Mann lässt sich unter Coach Carter mehr nachlesen. Wir erfahren mehr über Tims Vergangenheit mit seinem Vater, während sich parallel dazu eine Gegenwart zwischen ihm und seinem ältesten Sohn Brad eine ganz ähnliche Geschichte entfaltet.

In Staffel fünf bis sieben wird es ernster, was allerdings nicht heißt, dass es nicht weiterhin humorvoll zugeht. Thematisch dreht sich das Seriensegment ums Heranwachsen beziehungsweise Erwachsenwerden. In einer Show, bei der drei Kinder zum Hauptcast gehören, kann der Status Quo natürlicherweise nicht über Jahre hinweg erhalten bleiben. Die Jungs werden ja nicht einfach nur körperlich größer, sondern müssen sich mit zunehmendem Alter neuen Herausforderungen stellen. So müssen sich Randy und seine Eltern in einer Folge etwa damit auseinander setzen, dass er womöglich Krebs hat. Brad hat seine erste richtige Freundin und es zeigt sich, dass die ersten vier Staffeln keinen guten Mann aus ihm gemacht haben und Tim ihn auf den richtigen Pfad zurückführen muss. Aber auch die Erwachsenen vollziehen Wandlungen. Tim etwa agiert nicht mehr so männlich-kompensatorisch, hat sogar eine Teeparty mit seiner kleinen Nichte. Da er sich bisher nur um Jungs kümmern musste, eröffnet ihm dies einen völlig neuen Horizont.

Unschlüssiges Ende

Die achte Staffel lässt sich vielleicht als die Improvisationsstaffel bezeichnen. Das darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass hier nun weitgehend auf Drehbücher verzichtet wurde und die Schauspieler einfach das taten, wonach ihnen war – wie eingangs angedeutet, ist Terminologie eine knifflige Angelegenheit. Jonathan Taylor Thomas verließ die Show (aus welchen Gründen auch immer – je nach Quelle um sich aufs College zu konzentrieren oder aber wegen Zwistigkeiten mit Allen), während der von Zachery Ty Bryan gespielte Brad nun alt genug war, um das Haus zu verlassen. Das verlangte eine neue Umorientierung, und die Staffel orientiert sich handlungsmäßig in verschiedene Richtungen, weshalb vielleicht auch von einer Experimentalstaffel gesprochen werden könnte. Besonders hervorzuheben ist hier das Serienfinale. Das Ende ist für manche vielleicht nicht befriedigend, da es bewusst nicht eindeutig gestaltet ist. Ohne hier die möglichen Optionen vorwegzunehmen, handelt es sich dabei um einen Kompromiss zwischen den Hauptdarstellern und den Autoren, da die zwei Parteien sich nicht auf ein Ende einigen konnten. So kann nun jeder selbst für sich interpretieren, wie er das Gezeigte verstehen möchte.

Running Gags und Drama

Nun wissen wir grob über die Handlung Bescheid, haben aber keinen Platz mehr, um uns ähnlich extensiv mit den einzelnen Figuren in Hör mal, wer da hämmert zu beschäftigen. Die Serie fokussiert sich auf Tim Taylor und ist demzufolge aus seiner Sicht erzählt, selbst wenn er nicht direkt als Erzähler auftritt. Mithin haben wir bisher auch über ihn schon einiges gelernt, wobei das die Eigenrezeption nicht ersetzen kann. Jill verändert sich am wenigsten, zumindest in den ersten paar Staffeln. Das gibt der Serie eine weitere Konstante. Später wird aber auch ihr Charakter entwickelt. Die Querelen zwischen Tim und ihr sorgen für lustige, teilweise aber dramatische Momente oder Handlungsstränge. Eine andere feste Größe der Show ist der Nachbar der Taylors: Wilson Wilson jr. (Earl Hindman) fungiert als eine Art weiser Ratgeber, welcher Tim (und manchmal auch Jill) mit seinen Anekdoten und seinem umfassenden Gelehrtenwissen des Öfteren einen entscheidenden Hinweis für das weitere Vorgehen gibt. Der Clou der Figur besteht darin, dass als Running Gag niemals sein ganzes Gesicht zu sehen ist. Meist wird die untere Hälfte vom Zaun zwischen den beiden Grundstücken verdeckt, ist Wilson aber einmal anderswo, können auch ein Buch, ein Kerzenständer oder andere Gegenstände als Sichtschutz herhalten. Die Show hat an einer Stelle die perfekte Möglichkeit, damit zu brechen, lässt diese aber leider ungenutzt verstreichen.

Es lässt sich bei Hör mal, wer da hämmert viel analysieren und hineininterpretieren, aber am Ende des Tages muss das Ganze auch nicht zu sehr zerredet werden. Es handelt sich schlicht um eine Sitcom, die knapp ein Vierteljahrhundert nach ihrem Ende immer noch für Unterhaltung sorgt. Während die verschiedenen Darsteller hier und da erfolgreiche Engagements hatten, ist Allen doch der einzige, der seither weiterhin eine illustre Karriere führt. Ein echte Fortsetzung (und sei es in Form eines Reboots) hat es nie gegeben, allerdings kann Allens Sitcom Last Man Standing, die es zwischen 2011 und 2021 auf 194 Folgen in neun Staffeln brachte. in gewissem Sinne als solche betrachtet werden. Hier sieht er sich als Mike Baxter drei Töchtern gegenüber. Immer wieder gibt es Anspielungen auf oder Gastauftritte von Schauspielern aus Hör mal, wer da hämmert, allerdings in neuen Rollen – bis Mike Baxter schließlich auf Tim Taylor persönlich trifft.

Credits

OT: „Home Improvement“
Land: USA
Jahr: 1991-1999
Regie: John Pasquin, Andy Cadiff, Peter Filsinger, Andrew Tsao, Richard Compton, Geoffrey Nelson, Peter Bonerz, Albert Alarr, Shawn Shea, Patricia Richardson, Jim Praytor
Drehbuch: Carmen Finestra, David McFadzean, Matt Williams, Elliot Stern, Marley Sims, Allison M. Gibson, Susan Estelle Jansen, Peter Tolan, Billy Riback, Sheila M. Anthony, Rosalind Moore, B. K. Taylor, Laura Eve Anderson, Howard J. Morris, Maxine Lapiduss, Howard M. Gould, Stacey Hur, Darrel Campbell, Robert Zappia, Steve Gabriel, Bob Bendetson, Ekkuit Shoenman, Bruce Ferber, Max Eisenberg, Paul Wolff, Ron Bloomberg, Jon Vandergriff, Art Everett, Tim Allen, Diane Ford, Matthew Miller, Barrie Nedler, Neil Kramer, Ned Teitelbaum, Lloyd Garver, Thad Mumford, Ruth Bennett, Teresa O’Neill, Charlie Hauck, Jennifer Celotta, Adam England, Eric Horsted, Laurie Gelman, David Maples, Jennifer Fisher, Tracey Gamble, Kim Flagg, Jonathan Polack, Chris Carlisle
Vorlage: Tim Allen
Musik: Dan Foliart
Kamera: Donald A. Morgan, Gary W. Scott, Walter Glover
Besetzung: Tim Allen, Patricia Richardson, Earl Hindman, Taran Noah Smith, Jonathan Taylor Thomas, Zachery Ty Bryan, Richard Karn, Debbe Dunning, William O’Leary, Blake Clark, Pamela Anderson, Jimmy Labriola, Sherry Hursey

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Hör mal, wer da hämmert
Fazit
Bei Serien wie "Hör mal, wer da hämmert" ist immer die Gefahr gegeben, dass sie heutzutage nicht mehr so unterhaltsam sind, wie es nostalgieverklärt vielleicht im Gedächtnis gespeichert ist. Hier ist das nicht der Fall, die Sitcom sorgt immer noch für große Lacher.
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