Last Dance
© Arsenal Filmverleih

Last Dance

„Last Dance“ // Deutschland-Start: 30. November 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Für Germain (François Berléand) bricht eine Welt zusammen, als seine Ehefrau Lise (Dominique Reymond) unvermittelt stirbt. Dabei war sie die Vitale von beiden, ging sogar jeden Tag zum Tanzen, seitdem sie sich einem Ensemble für modernen Tanz angeschlossen hatte. Nun ist sie fort. Dafür sind seine beiden Kinder Mathieu (Jean-Benoît Ugeux) und Carole (Sabine Timoteo) praktisch ständig da. Und auch Nachbarin Elisabeth (Marie-Madeleine Pasquier) steht quasi dauernd vor seiner Tür, um ihn mit neuem Essen zu versorgen. Dabei bräuchte Germain Zeit für sich. Und er braucht Zeit, um ein Versprechen zu halten, welches er Lise gegeben hatte: Er will an ihrer Stelle bei der Tanzvorstellung auftreten. Die anderen, zu denen unter anderem die Choreografin La Ribot (La Ribot) und Tänzer Samir (Kacey Mottet Klein) gehören, nehmen ihn mit offenen Armen auf. Einfach ist die Geschichte dennoch nicht. Nicht allein, dass er keinerlei Erfahrungen hat. Der Rest der Familie darf zudem nichts von all dem erfahren …

Wie mit einem Verlust umgehen?

Wir alle machen irgendwann die Erfahrung, einen geliebten Menschen zu verlieren. Doch so universell die Trauer über den Verlust ist, so individuell ist doch auch, wie wir damit umgehen. Jeder hat eine eigene Methode, um sich zu verabschieden bzw. die Situation zu verarbeiten. Für Filmschaffende ist das daher ein sehr dankbares Thema: Man kann hiermit Geschichten erzählen, in denen sich fast alle wiederfinden können, ohne deshalb austauschbar zu werden. Ein originelles Beispiel, wie eine solche Trauerarbeit aussehen kann, hält Last Dance bereit. Die schweizerisch-belgische Coproduktion zwingt einen eher phlegmatischen Rentner, der in erster Linie in der Literatur liegt, zu etwas eigenartigen Bewegungen mit wildfremden Leuten. Und das auch noch auf einer Bühne, wo ihn alle sehen können. Das kostet schon richtig viel Überwindung.

Zumindest anfangs nutzt Regisseurin und Drehbuchautorin Delphine Lehericey die Situation auch zu humoristischen Zwecken, wenn Germain mit der Situation überfordert ist und keine Ahnung hat, was er da gerade tut. François Berléand (Meine geistreiche Familie) ist da schon eine gute gewählte Besetzung. Die Schweizer Filmemacherin verzichtet aber darauf, sich über ihren Protagonisten lustig zu machen. Es gibt auch keine wirklich peinlichen Szenen, in denen sich der Rentner zum Idioten macht, auf derartigen Slapstick wird dankenswerterweise verzichtet. Stattdessen konzentriert sich der Humor in Last Dance auf die schwierigen Familienverhältnisse. Ob es nun die erdrückende Fürsorge ist, mit der sie alle über ihn herfallen, oder seine diversen Versuche, sich der Non-Stop-Überwachung zu entziehen und seine Tanzversuche zu verheimlichen, das ist schon amüsant. Hinzu kommt, dass diverse Figuren auch überzeichnet sind.

Kurios-gefühlvoller Crowdpleaser

Das ist leider auch ein wenig die Schwäche des Films: Lehericey hat über die meisten ihrer Figuren gar nichts zu sagen. Einige von diesen, darunter die Tänzerinnen Marjanne (Déborah Lukumuena) und Catherine (Astrid Whettnall) scheinen zunächst wichtiger zu sein, werden mittendrin aber einfach zu den Akten gelegt. Die kurze Laufzeit von etwa 82 Minuten führt zwar dazu, dass das alles kurzweilig ist und die Geschichte flott vorankommt. Es bedeutet aber auch, dass in Last Dance manches nur an der Oberfläche bleibt oder nicht auserzählt wird. Für einen Film, der sich einer Reihe wichtiger Themen annimmt, ist das vielleicht etwas wenig. Die Tragikomödie ist mehr an Unterhaltung und Emotionalität interessiert, als sich wirklich mit all dem auseinanderzusetzen, was sie anspricht.

Wer diesen Anspruch nicht hat, kann hiermit aber viel Spaß haben. Tatsächlich ist die Geschichte ein solcher Crowdpleaser, dass der Film bei der Premiere auf dem Locarno Film Festival 2022 den Publikumspreis erhielt. Eine Überraschung ist das nicht, die Mischung aus kuriosen und gefühlvollen Momenten stimmt. Einige Szenen sind wunderschön, andere so chaotisch, dass man lauthals lachen wird. Last Dance ist perfekt, um sich einen grauen Herbsttag zu verschönern. Vor allem in Gesellschaft, ob nun im Kino oder anderswo, funktioniert das fabelhaft. Denn auch wenn hier vieles skurril ist und man oft den Eindruck hat, die Leute hätten einen an der Waffel: Bei diesem Geheimtipp wird es wunderbar menschlich und warmherzig, wenn sie am Ende doch alle irgendwie zusammenkommen und sich durchs weitere Leben helfen – ob auf oder abseits der Bühne.

Credits

OT: „Last Dance“
Land: Schweiz, Belgien
Jahr: 2022
Regie: Delphine Lehericey
Drehbuch: Delphine Lehericey
Musik: Nicolas Rabaeus
Kamera: Hichame Alaouié
Besetzung: François Berléand, Kacey Mottet Klein, La Ribot, Jean-Benoît Ugeux, Déborah Lukumuena, Astrid Whettnall, Sabine Timoteo, Anna Pieri, Lisa Harder, Luc Bruchez, Marie-Madeleine Pasquier, Dominique Reymond, Elise Havelange

Bilder

Trailer

Filmfeste

Locarno Film Festival 2023

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Last Dance
fazit
Ein Rentner will den Traum seiner verstorbenen Frau erfüllen und an ihrer Stelle bei einer modernen Tanzaufführung mitmachen. Klingt komisch? Ist es auch. Aber zugleich sehr schön: „Last Dance“ ist eine warmherzige Tragikomödie um übergriffige Familien, ungewohnte Körperbewegungen und wie sich Leute gegenseitig Halt geben können.
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