Mit Liebe und Entschlossenheit Avec amour et acharnement
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Mit Liebe und Entschlossenheit

Mit Liebe und Entschlossenheit Avec amour et acharnement
„Mit Liebe und Entschlossenheit“ // Deutschland-Start: 13. Juli 2023 (Kino) // 10. November 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Sara (Juliette Binoche) und Jean (Vincent Lindon) führen eine glückliche Beziehung, seit Jahren schon. Doch dieses Glück gerät ins Wanken, als eines Tages ihr Exfreund François (Grégoire Colin) wieder in ihr Leben tritt. Auch wenn ihre gemeinsame Zeit lange zurückliegt, hat sie diese doch nie ganz überwunden. Zu intensiv war das damals alles. Nun ist François wieder da und hat seinem alten Freund Jean einen Job angeboten, gemeinsam wollen sie eine Agentur aufbauen. Sara versucht zunächst, einen Kontakt zu meiden, wohl wissend, was dies in ihr auslösen kann. Und tatsächlich dauert es nicht lang, bis sie ihm wieder mit Haut und Haaren verfallen ist und die Partnerschaft mit Jean zu zerbrechen droht …

Die Geschichte eines Liebesdreiecks

Claire Denis mag inzwischen auf die 80 zugehen. Doch noch immer ist die französische Regisseurin und Autorin sehr aktiv, dreht regelmäßig neue Filme. Diese sind dann oft von einer bemerkenswerten Unterschiedlichkeit. So legte sie 2017 mit Meine schöne innere Sonne – Isabelle und ihre Liebhaber eine Liebeskomödie vor über eine Frau, die durch ein amouröses Chaos stolpert. 2018 folgte der bizarre Science-Fiction-Horror-Trip High Life. 2022 feierten gleich neue Werke von ihr auf Festivals Premiere. So lief ihr Thriller Stars at Noon in Cannes im Wettbewerb um die Goldene Palme. Ein paar Monate früher war sie im Wettbewerb der Berlinale vertreten, diesmal mit Mit Liebe und Entschlossenheit. Und erneut war sie in einem anderen Filmgenre unterwegs, wenn die Geschichte um ein Liebesdreieck fest im Drama verankert ist.

Natürlich ist das kein für Denis unbekanntes Genre. Tatsächlich darf man sich hier mehrfach an ihren Debütfilm Chocolat – Verbotene Sehnsucht erinnert fühlen, mit dem sie 1988 gleich ihren großen Durchbruch schaffte. So geht es erneut um eine vergebene Frau und einen Mann, die Gefühle füreinander haben, sich aber dagegen wehren. Und auch das Thema Rassismus spielt eine Rolle. Wo es vor 35 Jahren um kolonialistisches Gedankengut ging, da findet die Diskussion in Mit Liebe und Entschlossenheit gerade auch im Zusammenhang mit Jeans Sohn Marcus (Issa Perica) an. Der ist dunkelhäutig, weshalb er sich notgedrungen mit Rassismus beschäftigen muss, auch wenn er sehr behütet bei Jeans Mutter Nelly (Bulle Ogier) aufwächst. Warum er dort lebt und nicht bei seinem Vater, ist zunächst unklar. So wie vieles hier unklar ist und sich erst mit der Zeit erschließt.

Aufgebauschtes Drama mit lächerlichen Figuren

Das ist nicht unbedingt verkehrt. Schock – Kein Weg zurück zeigte kürzlich, dass es einem Film ganz guttun kann, wenn er nicht mit der Tür ins Haus fällt und durch ewig lange Exposition alles vorbereiten will. Man sollte aber zumindest das Gefühl haben, dass das alles noch irgendwie zusammengehört und Teil einer Geschichte ist. Bei Mit Liebe und Entschlossenheit ist das nicht der Fall. Die Passagen wirken wie ein Fremdkörper, wie der unbeholfene Versuch, dem Drama noch eine weitergehende Relevanz zu verleihen. Wobei auch der Rest des Films nicht unbedingt mit Subtilität glänzt. Wenn an einer Stelle Sara in einem Monolog ihr Leid klagt, dass jetzt wieder alles anfängt, die schlaflosen Nächte, der Blick auf das Handy, dann ist das geradezu provokativ mit dem Holzhammer.

Vielleicht will sich Denis aber auch einfach über ihre Protagonistin lustig machen. Zumindest gibt es eine ganze Reihe von Szenen, in denen sich die drei Hauptfiguren richtig lächerlich machen. Der Höhepunkt ist eine auch körperliche Annäherung von Sara und François, die in einer kindischen Bockigkeit endet. Als Persiflage auf Amour-fou-Geschichten hätte Mit Liebe und Entschlossenheit dann auch gut funktionieren können. Als ernstzunehmendes Drama eher weniger. Die Dialoge sind zum Teil grotesk, vieles ist extrem aufgebauscht, die Figuren bieten kaum Identifikationsfläche, trotz der alltäglichen Themen. Natürlich ist der Film herausragend besetzt. Bemerkenswert sind auch die Sexszenen, in denen es naturalistisch zugeht, ebenso der Umgang mit Corona. Doch sobald sich die Leute miteinander unterhalten, fühlt man sich in eine Parallelwelt versetzt, die nichts mit Liebe oder Entschlossenheit zu tun hat. Und auch nicht mit spannenden Menschen.

Credits

OT: „Avec amour et acharnement“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Claire Denis
Drehbuch: Claire Denis, Christine Angot
Vorlage: Christine Angot
Musik: Tindersticks
Kamera: Eric Gautier
Besetzung: Juliette Binoche, Vincent Lindon, Grégoire Colin, Issa Perica, Bulle Ogier

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Mit Liebe und Entschlossenheit
fazit
Bei drei ist einer zu viel: Wenn in „Mit Liebe und Entschlossenheit“ eine Frau ihrem Ex wiederbegegnet und damit ihre aktuelle Beziehung aufs Spiel setzt, ist das im Grunde ein klassisches Liebesdreieck mit ganz viel Amour fou. Nur ist das Ergebnis so grotesk, dass die Identifikationsfläche völlig wegbricht. Trotz eines herausragenden Ensembles hat man hier das Gefühl, dass das Drama eigentlich eine Parodie sein soll. Hinzu kommen Versuche eines gesellschaftlichen Diskurses, die als völlige Fremdkörper hineingestopft wurden.
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