Crazy Thunder Road
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Crazy Thunder Road

Crazy Thunder Road
„Crazy Thunder Road“ // Deutschland-Start: 19. Mai 2023 (Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Während Tokio am Tag den Angestellten und sonstigen Normalos gehört, haben in der Nacht Bikergangs wie die Maboroshi Kamikazes das Sagen. Illegale Rennen und Fehden der einzelnen Gangs untereinander bestimmen weite Teile des Nachtlebens, denn die Straßen sind keinesfalls für alle da und es kommt nicht selten zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Bikern. Davon hat der Anführer der Kamikazes, Ken (Kaji Nanjo) jedoch genug, und will viel lieber mit seiner Freundin Noriko (Michiko Kitahara) ein friedliches Leben bei Tage genießen. Seine Bande steht damit kurz davor, aufgelöst zu werden, was der rebellische Jin (Tatsuo Yamada) gar nicht gerne sieht. Bevor dies geschehen kann, nimmt er kurzerhand selbst die Führung der Gangs an sich, was nicht nur intern für Streitereien sorgt, sondern ihn auch zur Zielscheibe der anderen Gruppen macht, die es auf das Territorium der Kamikaze abgesehen haben. Als Jin und seine letzten zwei Untergebenen sich einer Übermacht von Schlägern stellen müssen, greifen auf Kens Bitte hin Tadashi (Hiroshi Kaiya) und seine Leute ein, die nicht nur die Fehde ein für alle Mal beenden, sondern zudem die Kamikaze wie auch die anderen Biker von nun an unter sich vereinen.

Unter der Führung Tadashis entsteht eine neue Gang, die nach soldatischen Tugenden erzogen und im Kampf ausgebildet wird, zur Verteidigung eines neuen Japans, wie er es nennt. Anfangs scheint Jin noch überzeugt zu sein, doch je länger er in bei Tadashi ist, desto mehr merkt er eigentlich, dass sie sich mehr und mehr von ihrem alten Leben, dem Wilden und der Freiheit, entfernen. Abermals begehrt er auf und zieht damit den Zorn aller auf sich.

Ein Punk-Film

Neben seinem Kollegen Shinya Tsukamoto (Tetsuo: The Iron Man, Killing) gehört Gakuryu Ishii, besser bekannt unter dem Namen Sogo Ishii, zu einem der wichtigsten Vertreter der japanischen Underground- und Independentkinos der 1980er Jahre. Nach seinem ersten Spielfilm Panic High School (1978) legte er mit Crazy Thunder Road 1980 seinen Abschlussfilm an der Nihon Universität vor, dessen Erfolg ihm einen Vertrag bei namhaften Toei-Studio einbrachte. Es ist ein beachtlicher Film, der sich zum einen bei der Biker-Ästhetik von Filmen wie Der Wilde bedient, doch zugleich erzählerisch wie auch formal dem Punk verschrieben ist.

Die Filme Tsukamotos und Ishiis verbindet ästhetisch und narrativ sehr viel, auch wenn ihr Ansatz ein ganz anderer ist. Crazy Thunder Road ist noch der Figur des Bikers verschrieben, wie man ihn aus der Filmgeschichte kennt, sowie den Werten, die mit ihm einhergehen, also Rebellentum, Freiheit und generell eine Anti-Establishment-Agenda. Während die Rebellion bei Tsukamoto vom eigenen Körper ausgeht, der mit einer fremden Substanz in Kontakt kommt wie in Tetsuo, sind diese Ideen in Crazy Thunder Road bereits in den Figuren verankert. Dies zeigt sich in der Art und Weise, wie die nächtlichen Raubzüge der Biker dargestellt sind, oder in Aspekten wie dem Schnitt oder der Kameraführung, die zum Teil so wild und bizarr sind, dass man als Zuschauer den Überblick verliert und es einem in einer Szene sogar etwas übel wird. Dass die Filmmusik dabei ein treibender, schier niemals endender Punk-Song ist, ist in diesem Kontext nur konsequent.

Vollgas, ohne zu bremsen

Interessant an Crazy Thunder Road, wie in anderen Filmen Ishiis, sind die Figuren und ihre Beziehung zur Gesellschaft. Auch wenn wir als Zuschauer Sympathie für den von Tatsuo Yamada gespielten Jin aufbringen können, als er sich gegen ein zunehmend autoritär auftretendes System wehrt, so lässt die Inszenierung keinen Zweifel an der Zerstörung und dem Chaos die Jins Einstellung mit sich bringt. Yamada spielt einen ewig Wütenden und Unzufriedenen, der sich nicht unterordnen will und der eine bisweilen sehr problematische Auffassung von Freiheit hat sowie eine Verachtung für alles Bürgerliche. Ishii zeigt einen jungen Mann auf der Überholspur, dem es nichts ausmacht, wenn seine Bremse nicht mehr funktioniert, weil er ohnehin niemals vorhatte, alt zu werden.

Ästhetisch ist dies alles unterlegt mit einem nüchternen Grau, der die Trostlosigkeit mancher Orte – die meisten davon Industrieruinen – betont. Dies passt zu Figuren, der Weltsicht manchmal ebenso schwarz ist wie ihre Lederjacken und die sich ganz der Maschine verschrieben haben. Viele von ihnen so sehr, dass sie Metallteile in ihrem Gesicht haben, was dann schon sehr an die Maschinen-Mensch-Hybriden Tsukamotos erinnert.

Credits

OT: „Kuruizaki Sanda Rodo“
Land: Japan
Jahr: 1980
Regie: Sogo Ishii
Drehbuch: Mitsuhiko Akita, Masumi Hirayanagi, Sogo Ishii
Musik: Shigeru Izumiya, Panta & Hal, The  Mods
Kamera: Norimichi Kasamatsu
Besetzung: Tatsuo Yamada, Hiroshi Kaiya, Masamitsu Daichi, Yosuke Nakajima, Tadashi kamiya, Akihiro Kimura, Koji Najo, Michiko Kitahara

Bilder

Trailer

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Crazy Thunder Road
fazit
„Crazy Thunder Road“ ist eine Mischung aus Bikerfilm und Cyberpunk, mit sehr viel Action. Sogo Ishiis ist manchmal wilder als es ihm guttut, doch alles in allem ist die Geschichte um eine Rebellion gegen autoritäre Systeme unterhaltsam und dynamisch inszeniert
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