Er flog voraus – Karl Schwanzer I Architektenpoem
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Er flog voraus – Karl Schwanzer I Architektenpoem

„Er flog voraus – Karl Schwanzer I Architektenpoem“ // Deutschland-Start: 16. Februar 2023 (Kino) // 19. Mai 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Karl Schwanzer war ein österreichischer Architekt, ein Visionär seiner Kunst, die er als „materialisierte Poesie“ verstanden hat. Sein wahrscheinlich bekanntestes Gebäude ist der BMW-Vierzylinder in München. Mutige Ansätze, ideenreiche Konzepte und wie die Frau von Stephen King dessen Debüt Carrie, so rettete auch Karl Schwanzer mal ein Werk aus dem Papierkorb. Es sind Anekdoten wie diese, die wir hier serviert bekommen. Geschichten über den Denker, den coolen Professor, den Reisenden, ergänzt durch Filmschnipsel, O-Töne, Animationen, Interviews und Nicholas Ofczarek, der in die Rolle des Architekten schlüpft. Aus dem Director’s Statement geht hervor, dass der Film auf die Initiative von Martin Schwanzer, dem jüngeren Sohn von Karl, hin entstanden ist.

Aufbau und Inhalt

Der Film beginnt mit einem Zusammenschnitt aus Eindrücken, die andeuten, was die Zuschauer in den folgenden ca. 70 Minuten erwarten dürfen. Anschließend trägt uns die Kamera mit einer dezent gesetzten Parallele in diese experimentelle Biografie: „In einem Gebäude springen die Lichter an“, dann: „Ein Schauspieler wird für seine Rolle hergerichtet.“ Der Regisseur führt uns vor Augen, dass sowohl die Architektur als auch der Mensch eine Vielschichtigkeit aufweist.

Die Dokumentation wurde aus verschiedenen visuellen Elementen zusammengefügt. Wir sehen Interviewte, dann gibt es verwackelte Privataufnahmen, die dem Film eine nostalgische, authentische Note verleihen. Es erinnert ein bisschen an die Iron Man-Reihe, wenn Tony Stark alte Aufnahmen von seinem Vater präsentiert; ein Visionär vor der Kamera. Ein weiteres visuelles Puzzlestück sind die Animationen, wie es im Director’s Statement heißt, Zitate zu der Graphic Novel Schwanzer – Architekt aus Leidenschaft. Gerne hätte diese Idee mehr Raum einnehmen dürfen. Sie bietet den vertrauten Sehgewohnheiten etwas Neues und Erinnerungswürdiges.

Zusätzlich verleiht ein Schauspieler, der uns auch als solcher präsentiert wird, mal auf der Bühne, mal in einem Museumszimmer, ein Gefühl für die Person des Karl Schwanzer. Zwar wirken die Szenen mit dem Schauspieler Ofczarek ein wenig aufgesetzt, ergänzen den Film insgesamt aber gut. Überschriften und Gebäude-Daten strukturieren das Werk. Der Film schließt mit einem Gedicht des Architekten, das durch die Vortragsweise besonders hervorsticht.

Stärken und Schwächen

Die größten Stärken des Films sind sein visueller und sein inhaltlicher Abwechslungsreichtum. Die Ausschnitte aus dem Buch von Schwanzer machen den Film schwerer zugänglich. Man hat nicht immer die Zeit die wissenschaftlichen Gedanken zu verarbeiten. Das gilt besonders, wenn man sich nicht mit der Thematik auskennt. Das Fragmentarische steht sich hier ein wenig selbst im Weg. Die Biografie badet ferner hin und wieder zu sehr in einem Werbefilm-Flair und weist dadurch ein paar monotone beziehungsweise sich wiederholende Stellen auf.

Zudem gibt es Aussagen, gerade zum Ende hin, über Depressionen, wie beispielsweise „Arbeit ist ein Mittel nicht depressiv zu werden“, und über die Aufopferung in der Kunst, die besonders vor dem Hintergrund seines Selbstmords vielleicht etwas besser hätten eingeordnet oder kommentiert werden können. So schweben die Worte ein wenig in der Luft.

Zielgruppen

Wahrscheinlich ist der Film nicht für jeden etwas. Für jene aber, die überlegen Architektur zu studieren und für alle Baukunstinteressierten eröffnet Max Gruber teils inspirierende Perspektiven. Besonders interessant sind wahrscheinlich die Überlegungen zu dem runden Büro und den humanistischen Ansätzen in der Gestaltung. Gruber porträtiert einen Menschen, dem man die Liebe für die Architektur durch und durch anmerken kann. Jemanden also, von dem man sicher viel über die Kunst lernen kann und als Zuschauer, Zuschauerin womöglich das Kino verlässt und die Gebäude um einen herum mit einem aufmerksameren Blick bedenkt.

Credits

OT: „Er flog voraus – Karl Schwanzer I Architektenpoem“
Land: Österreich
Jahr: 2022
Regie: Max Gruber
Drehbuch: Max Gruber
Musik: Moritz Heidegger, Pit Kaufmann
Kamera: Reinhard Mayr, Josef Philipp, Lisa Vogt, Stephan H. Wieder, Cristian Dimitrius, Florian Deissenböck, Daniel Ausweger, Thomas Benesch
Besetzung: Nicholas Ofczarek

Bilder

Trailer

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Er flog voraus – Karl Schwanzer I Architektenpoem
fazit
Mit „Er flog voraus – Karl Schwanzer I Architektenpoem“ zeigt uns Max Gruber eine visuell abwechslungsreiche Hommage/Biografie über einen visionären Architekten aus Österreich. Für Architekturinteressierte ist das hier ein aufschlussreicher Film. Die Vorlesungselemente sind an der einen oder anderen Stelle womöglich etwas zäh für jene, die sich gar nicht mit dem Thema auskennen.
Leserwertung9 Bewertungen
3.6