Goodnight Mommy Amazon Prime Video
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Goodnight Mommy

Goodnight Mommy
„Goodnight Mommy“ // Deutschland-Start: 16. September 2022 (Amazon Prime Video)

Inhalt / Kritik

Eigentlich hatte sich die alternde Schauspielerin (Naomi Watts) darauf gefreut, sich in dem abgelegenen Landhaus ein wenig zu erholen. Schließlich hat sie gerade erst ihre Schönheitsoperation hinter sich gebracht und will fernab der Menschen diese erst einmal verheilen lassen. Niemand soll sie so sehen. Für ihre beiden Söhne, die Zwillinge Elias (Cameron Crovetti) und Lucas (Nicholas Crovetti), ist der Anblick ihrer einbandagierten Mutter jedoch gewöhnungsbedürftig. Außerdem verhält sie sich in der letzten Zeit immer so eigenartig, ganz anders als früher. Das führt mit der Zeit zu Konflikten und einer angespannten Stimmung. Und es führt zu einem ungeheuren Verdacht: Was wenn das hinter dieser Maske gar nicht ihre Mutter ist, sondern eine Fremde, die sich nur für sie ausgibt?

Die Geschichte einer brutalen Entfremdung

Deutschsprachige Genreproduktionen haben es oft schon hierzulande ein wenig schwer, wenn sie sich gegen allerlei Vorurteile durchsetzen müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man im Ausland von einer solchen Notiz nimmt, sind noch einmal deutlich geringer. Eine der wenigen Ausnahmen ist der österreichische Film Ich seh, ich seh. Der Mix aus Drama, Thriller und Horror sorgte international für Furore, zumindest in entsprechenden Kreisen. Die Geschichte um eine zunehmend brutale Entfremdung zwischen einer Mutter und ihrer Kinder ging beim Publikum durch Mark und Bein. Ziemlich genau acht Jahre später steht nun das schon seit Längerem angekündigte US-amerikanische Remake Goodnight Mommy an, welches nicht nur den internationalen Titel des Originals beibehielt.

Tatsächlich hält sich der exklusiv auf Amazon Prime Video erhältliche Film nah an die Vorlage, zumindest was das grobe Szenario angeht. Noch immer geht es darum, dass zwei junge Zwillingsbrüder keinen Zugang mehr zu ihrer Mutter finden. Die hat in Goodnight Mommy noch immer keinen Namen. Dafür wurde aus ihr eine erfolgreiche Schauspielerin, wie eine spätere Begegnung ergibt. Ihr ein Stück weit mehr Hintergrund zu geben, wäre zwar nicht nötig gewesen. Es schadet aber auch nicht, zumal der Beruf gut gewählt wurde. Durch ihren offensichtlich Versuch, der eigenen drohenden Bedeutungslosigkeit durch eine Schönheitsoperation zu entkommen, ist schlüssig. Es verstärkt zudem den tragischen Faktor des Thrillerdramas weiter.

Schwaches Remake

Die anderen Änderungen sind sehr viel weniger glücklich gewählt. Ein großer Schock im negativen Sinn ist, wie sehr Goodnight Mommy die brutalen Szenen aus dem Original zensiert hat. Brannte sich Ich seh, ich seh ins Gedächtnis, wenn die Jungs eine grausame Seite von sich zeigen bei dem Versuch, die Fremde zu überführen, da geschieht bei der US-Fassung praktisch nichts mehr. Offensichtlich wollte man dem heimischen Publikum derartige Abgründe und sadistische Gewaltexzesse nicht zumuten. Stattdessen gibt es ein paar Traumsequenzen, damit das Genrepublikum trotzdem was zu sehen bekommt. Das ist jedoch ein recht fauler Kompromiss. Es gelingt Regisseur Matt Sobel (Brand New Cherry Flavor) nicht, das Boshafte der Vorlage zu übersetzen. Das ist ebenso enttäuschend wie unverständlich. Warum ein Remake drehen, wenn man dabei einen integralen Bestandteil weglässt?

Das wäre dann zu rechtfertigen gewesen, wenn der Film an dessen Stelle etwas anderes einbaut, das eine Neuerzählung rechtfertigen würde. Aber auch das fehlt. Weder gibt es inhaltliche Impulse, noch wurde inszenatorisch etwas nennenswert verändert. Die minimalen Abwandlungen allein reichen dafür nicht aus. Das soll dann nicht bedeuten, dass Goodnight Mommy deswegen schlecht wäre. Einige der Szenen lassen noch die Spannung des Originals erahnen. Die grundsätzlich interessanten Fragen zur Identität eines Menschen sind ebenfalls noch implizit Teil des Szenarios. Außerdem konnte mit Naomi Watts jemand für die Hauptrolle gewonnen werden, die eine versierte Charakterdarstellerin und dabei oft in psychologisch geprägten Thrillern zu sehen ist – etwa Stunde der Angst oder Shut in. Dennoch bleibt hier ein Remake übrig, das in vielfacher Hinsicht schwächer ist und kein überzeugendes Argument für das eigene Dasein liefert.

Credits

OT: „Goodnight Mommy“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Matt Sobel
Drehbuch: Kyle Warren
Musik: Alex Weston
Kamera: Alexander Dynan
Besetzung: Naomi Watts, Cameron Crovetti, Nicholas Crovetti

Bilder

Trailer

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Goodnight Mommy
fazit
„Goodnight Mommy“ hält sich zwar grundsätzlich eng an „Ich seh, ich seh“. Im Vergleich zum österreichischen Original ist das hier aber mindestens zwei Klassen schlechter. So schwächt der Film um eine brutale Entfremdung zwischen Mutter und Sohn die besonders schockierenden Szenen ab, verpasst es aber, diese Leerstellen anderweitig zu füllen. Das Ergebnis ist zwar für sich genommen nicht schlecht. Das Remake ist aber eines der überflüssigsten, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden.
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