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Joachim Król in der Komödie "Endlich Witwer: Forever Young" (© ZDF/Hardy Spitz)

Joachim Król [Interview]

Seine Komik hat meist etwas Verschmitztes, verbunden mit einer Prise Melancholie. Seit 38 Jahren steht Joachim Król vor TV- und Filmkameras. Mit dem ZDF hat der Schauspieler die tragikomische Figur des Georg Weiser entwickelt, der in Endlich Witwer (2019) seine Frau verliert und nun all das nachholen möchte, was er in langen Ehejahren verpasst hat. Am Ende des Films verkauft der Kunstrasenfabrikant die Firma und fährt mit einem uralten Wohnmobil gen Süden. Der offene Schluss schreit geradezu nach einer Fortsetzung. In Endlich Witwer: Forever Young (2021) erfährt das Publikum nun, wie es mit Georg Weiser weitergeht. Auf seiner Reise Richtung Afrika macht er einen Stopp beim alternativen Hof seiner einstigen Freunde Jürgen (Peter Lohmeyer) und Petra (Martina Gedeck). Die drei waren in politisch aufgewühlten Jahren unzertrennlich, aber Weiser beging damals einen großen Fehler, auch in Liebesdingen. Nach Jahrzehnten des abgebrochenen Kontakts bemüht sich der ehemalige Rebell um Aussöhnung. Aus Anlass der Erstausstrahlung am 11. April um 20:15 Uhr im ZDF sprachen wir mit Joachim Król über die 68er, die Chemie bei Dreharbeiten und seinen Wunsch, den Charakter des Georg Weiser über eine lange Strecke zu entwickeln.

 

Ich habe gelesen, dass die Anregung für den ersten Teil von Endlich Witwer von Ihnen ausging und dass Ihnen eine Figur im Stile von Ekel Alfred aus der Serie Ein Herz und eine Seele vorschwebte. Warum wollten Sie einmal einen richtig griesgrämigen Spießer spielen?

Das wird immer wieder falsch zitiert. Das Stichwort Ekel Alfred ist im Rahmen der Projektentwicklung sicher mal gefallen. Aber nicht durch mich. Es hätte mich nicht interessiert, ein Wiedergänger des großartigen Heinz Schubert zu sein, so wie es mich vor einigen Jahren nicht interessiert hat, wie von Bernd Eichinger damals vorgeschlagen, sechs Heinz-Rühmann-Remakes zu drehen. Meine Anregung war, doch eine Geschichte zu erzählen von einem Mann, der in der gleichen Lebenssituation steckt wie ich damals. Ich stand kurz vor meinem 60. Geburtstag. Ein besonderer Moment in fast jeder Biographie, denke ich.

Im zweiten Teil mit dem Untertitel Forever Young hat Ihre Figur Georg Weiser eine deutliche Wandlung durchgemacht. Waren Sie an dieser Idee ebenfalls beteiligt?

Natürlich. Spätestens seit dem ersten Teil sollte ich derjenige sein, der Georg Weiser am besten kennt. Die Geschichte geht auf eine Anekdote zurück, in der ich beschrieben habe, dass ich in früher Jugend einmal eine Verabredung auf einer einsamen Straßenkreuzung irgendwo in Irland nicht eingehalten habe. Ein Treffen, das möglicherweise Folgen gehabt hätte.

Fühlten Sie sich wohl in der Haut eines Charakters, der deutlich sanftmütiger ist als der aus dem ersten Teil und der mehr dem entspricht, was man von Ihnen kennt?

Wenn Sie sagen „was man von ihnen kennt“, dann klingt das nicht schön. Ich denke, dass ich in der Vergangenheit verschiedenste Rollen gespielt habe. Es geht auch nicht darum, ob man sich „wohl fühlt“. Man steht im Dienst einer Figur und einer Geschichte, die in den meisten Fällen jemand anderes erfunden hat. Und darauf muss man Lust haben, und daran muss man Spaß haben.

Georg Weiser ist Rentner, hat seine Firma aufgegeben und reist zurück in die wilden Jahre seiner Jugend. Würden Sie Menschen, die 60 oder 65 werden, generell empfehlen, sich um das zu kümmern, was sie im hektischen Arbeitsleben versäumt haben?

Ich gebe keine Empfehlungen. Dazu fühle ich mich nicht berufen. Es gibt auch sehr ruhige, erfüllende Arbeitsleben, die keinen späten Ausgleich brauchen. Das ist wenigstens immer eines meiner Ziele gewesen.

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Drei 68er unter sich: Georg (Koachim Król), Petra (Martina Gedeck) und Jürgen (Peter Lohmeyer) lassen in „Endlich Witwer: Forever Young“ die Vergangenheit wiederaufleben. (© ZDF/Hardy Spitz)

Wie haben Sie Ihren eigenen 60. Geburtstag erlebt? Auch als Anregung, bestimmte Dinge im Leben anders anzugehen?

Naja, ich habe diesen Moment, wie bereits erwähnt, zum Anlass genommen, mich künstlerisch damit auseinanderzusetzen. Im Übrigen ist eigentlich alles beim alten geblieben.

Sie sind 1957 geboren, also kein waschechter 68er, aber doch einer, der die Nachwirkungen der Jugendrebellion noch erlebt hat. Wie standen Sie damals zum Protest der Studenten?

Zum Beispiel hat das Tischgespräch in der kleinen Küche im aktuellen Film schon etwas Autobiographisches. Tatsächlich waren wir für „68“ zu jung. Aber wir standen natürlich unter dem Einfluss von Vorbildern, die gerade mal ein paar Jahre älter waren als wir. Vieles hat ja seinen Ursprung in der 68er-Zeit. Das reicht von der Studentenbewegung über die Antiatomkraftbewegung bis zu den Grünen, die jetzt für Aufrüstung stimmen müssen. Protest ist ein Ausdrucksmittel in einer demokratischen Gesellschaft. Ein Grundrecht. Das haben wir damals natürlich für legitim und notwendig gehalten.

Sie haben einmal gesagt, Sie seien ein zögerlicher Mensch. Worauf führen Sie es zurück, dass Ihre Karriere in Fernsehen, Film und Theater dennoch so erfolgreich verlaufen ist?

Wo ist der Widerspruch zwischen zögerlich und erfolgreich?

Zurzeit sind Sie auch noch im Kinofilm Wunderschön von Karoline Herfurth zu sehen, der sehr erfolgreich und lange läuft. Auch hier spielen Sie einen griesgrämigen Ehemann, ähnlich dem Georg Weiser des ersten Teils, der allmählich wieder zu sich selbst findet. Werden solche Rollen Ihnen derzeit bevorzugt angeboten?

Nein, ich denke, das ist Zufall. In Alles in bester Ordnung von Natja Brunckhorst, ein Kinofilm, der am 26. Mai Kinostart hat, werbe ich zum Beispiel ganz und gar nicht griesgrämig um eine ganz besondere Frau, gespielt von Corinna Harfouch.

Sie waren Kommissar im hessischen Tatort, haben aber die Rolle aufgegeben mit der Begründung, dass Nina Kunzendorf ebenfalls nicht mehr dabei sei. Wie wichtig ist Ihnen, dass die Chemie aller Beteiligten bei einer TV- oder Filmproduktion stimmt?

Das ist, wie man so sagt, die halbe Miete. Ich weiß nicht mehr, wer es war, aber jemand sagte einst, es gibt drei wichtige Dinge beim Film: Casting, Casting, Casting. Ich habe den Frankfurter Tatort aufgegeben, weil die Produktion auf einer neuen Partnerin bestand, die für mich nicht infrage kam.

Sie haben im Laufe ihrer Karriere fast alles gespielt. Gibt es trotzdem eine Rolle, die ihnen in ihrem Repertoire fehlt und von der Sie wünschen, man möge sie Ihnen anbieten?

Es muss großartig sein, einen Charakter über eine längere Strecke entwickeln zu können, wie es die Kollegen und Kolleginnen in den Megaserien gelegentlich tun können. Aber mein Georg Weiser hat ja auch sowas. Auch wenn bei ihm zwischendurch immer etwas Zeit vergeht.

Zur Person
Joachim Król wurde 1957 als Sohn eines Bergmanns im westfälischen Herne geboren. Er studierte Germanistik und Theaterwissenschaften an der Universität Köln und eröffnete 1981, mittlerweile in der Anti-AKW-Bewegung aktiv, mit sechs Mitstreitern in Dortmund die Politkneipe „Vor Ort“, wo auch Kabarett aufgeführt wurde. Von 1981 bis 1984 studierte er Schauspiel an der Otto-Falckenberg-Schule in München und gab 1984 sein Kinodebüt in Josef Rusnaks Sterbehilfe-Thriller Kaltes Fieber. Nachhaltige Aufmerksamkeit erzielte er 1993 mit seiner Rolle als „Kipp“ in Wir können auch anders von Detlev Buck sowie ein Jahr später als sanfter Schwuler in Sönke Wortmanns Der bewegte Mann und als schrulliger Eisenbahnliebhaber in Peter Lichtefelds Zugvögel – Einmal nach Inari (1996). Er gewann einen Bambi, zwei Deutsche Filmpreise und viele weitere Auszeichnungen.



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