Endlich Witwer TV Fernsehen ZDF Mediathek
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Endlich Witwer

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„Endlich Witwer“ // Deutschland-Start: 13. Mai 2019 (ZDF)

Inhalt / Kritik

Die Distanz ist unübersehbar zwischen Georg Weiser (Joachim Król) und seiner Gattin. Er steht in der Küche und sie sitzt verdeckt im TV-Sessel, als er ihr nach über 30 Jahren aus der Ferne verkündet: „Ich willige in deinen Scheidungswunsch ein“. Damit ist alles gesagt. Als wäre nichts gewesen, begibt sich der Kunstrasenfabrikant neben seine Frau vor die Glotze. Nur dass die anscheinend ewig nörgelnde Mutter zweier längst erwachsener Kinder gar nicht antwortet, wundert dann doch. Der Grund ist für Georg Weiser nicht weiter schockierend. Die Frau ist gestorben. Umso besser, denkt der Mann kurz vor dem Rentenalter. Jetzt kann er endlich ein vorzeitiges Witwerdasein genießen. Das heißt für ihn: Endlich das Bier in den sonst überfüllten Kühlschrank zu stellen und tausend Krimis schauen. Davon darf ihn auch die von Tochter Susanne (Friederike Kempter) gegen erheblichen Widerstand durchgesetzte Putzhilfe Gisela (Anneke Kim Sarnau) nicht abhalten.

Erinnerung an wilde Jahre

Das klingt nach schwarzer Komödie. Und so funktioniert auch der fulminante Einstieg in eine höchst makabre Familienkonstellation. Aber statt die Schenkelklopfer-Kurve zu nehmen, schalten Regisseurin Pia Strietmann und Drehbuchautor Martin Rauhaus einen Gang runter. Sie gönnen dem ewigen Grantler, Pfennigfuchser und Pedanten Georg die Chance auf einen Neuanfang, der lebenswerter erscheint als das bloße Warten aufs Pokalfinale. Dadurch entwickelt sich eine eigenwillige Mixtur aus Humor und Familiendrama, die weniger durch Tempo glänzt als durch geschliffene Dialoge. Denn Georg kann auch anders, wie zuerst der Deep-Purple-Song Child in Time ankündigt und dann Uwe (Andreas Hoppe) bestätigt, der Freund aus den wilden 1970ern und 1980ern, der das alte „Atomkraft, nein danke“-Transparent von Georgs Sperrmüll rettet.

Regisseurin Pia Strietmann hat Erfahrung mit skurriler Trauerarbeit. Auch in ihrem Debüt Tage, die bleiben geht es um den Tod der Ehefrau und Mutter, der eine kaputte Familie wieder zusammenbringt. Und schon damals behandelte sie das eigentlich schwere Thema mit bemerkenswerter Leichtigkeit. Das sind beste Voraussetzungen für einen Tabubruch, der schon im Titel angelegt ist. Über den Tod der Angetrauten freut man sich nicht, und wenn doch, ist es per se lustig.

Ein Ekel wird wiederbelebt

Ursprünglich geht der Film auf eine Idee von Hauptdarsteller Joachim Król zurück. Er überraschte die Programm-Macher mit der Idee, eine Figur wie Ekel Alfred wiederzubeleben, wie es in der Pressemappe des ZDFs zum Film heißt. Die Jüngeren werden diese Rolle wohl nicht mehr kennen. Sie dreht sich um einen Menschenfeind, der in der Kult-Serie Ein Herz und eine Seele 1973 bis 1976 von Heinz Schubert gespielt wurde. Dank dieses Vorstoßes, das Ekelpaket in moderner Gestalt auferstehen zu lassen, ist Endlich Witwer natürlich ganz auf die Physiognomie und den filmografischen Hintergrund des Schauspielers zugeschnitten. Schon immer stolperte der mittlerweile 64-jährige nicht nur eigensinnig, sondern auch ein bisschen wunderlich durch die Welt. Man denke nur an seine großartige zurückgenommene Darstellung eines einsamen Eisenbahnfans, der sich in Zugvögel – Einmal nach Inari seinen Lebenstraum erfüllt und mit dem Zug ganz in den Norden Finnlands reist.

In der Rolle des Georg ist Król also „60 Jahre und kein bisschen weiser“, wie sein ehemaliger Musiklehrer (Dieter Hallervorden in einer Gastrolle) ihn beim Klassentreffen in Anspielung auf den Udo-Jürgens-Song beschreibt. Lebensschlau muss der Firmenpatriarch erst nach Jahrzehnten von Anpassung, Geldverdienen und Herrschsucht werden. Und dafür reichen 90 Minuten nicht. Die Figur ist wie Ekel Alfred auf Fortsetzungen angelegt. Am Ende dieser Auftaktfolge setzt sich Georg ans Steuer eines uralten Wohnmobils. Wo wird die Reise wohl hingehen?

Credits

OT: „Endlich Witwer“
Land: Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Pia Strietmann
Drehbuch: Martin Rauhaus
Musik: Martina Eisenreich
Kamera: Florian Emmerich
Besetzung: Joachim Król, Anneke Kim Sarnau, Friederike Kempter, Tristan Seith, Andreas Hoppe

Bilder

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Endlich Witwer
Fazit
„Endlich Witwer“ ist eine fürs Fernsehformat ungewöhnlich hintersinnige Komödie, die mit einem großartigen Hauptdarsteller aufwartet.
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