Our Ladies
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Our Ladies

Inhalt / Kritik

Our Ladies
„Our Ladies“ // Deutschland-Start: 29. Oktober 2021 (Sky Ticket)

Schottland in den 1990ern: So richtig viel Abwechslung bietet das Leben Orla (Tallulah Greive), Finnoula (Abigail Lawrie), Chell (Rona Morison), Manda (Sally Messham), Kylah (Marli Siu) und Kay (Eve Austin) nicht gerade. Dafür sorgt schon die katholische Mädchenschule, auf die sie gehen. Nicht dass außerhalb der Schulmauern viel mehr zu holen wäre, in ihrem Heimatort Fort William herrscht tote Hose. Da ist das höchste der Gefühle schon, wenn irgendwelche Matrosen dort Halt machen. Umso größer ist die Freude, als ein gemeinsamer Ausflug nach Edinburgh ansteht. Das Ziel ist es, dort mit dem Schulchor an einem Wettbewerb teilzunehmen. Für die Teenagerinnen bedeutet dies jedoch in erster Linie, mal aus ihrem Kaff herauszukommen und wirklich etwas zu erleben …

Die späte Sinnsuche

Manchmal dauert es eben etwas länger. Eigentlich hatte sich Michael Caton-Jones (City By The Sea, Asher) schon 1998 die Rechte gesichert, den Roman The Sopranos von Alan Warner verfilmen zu dürfen. Bis das Projekt aber tatsächlich in Angriff genommen wurde, vergingen letztendlich 20 Jahre. Und kaum war der Film fertig und feierte 2019 seine Premiere auf dem BFI London Film Festival, pfuschte das Schicksal dazwischen. Ursprünglich hätte die Adaption im März 2020 in die britischen Kinos kommen sollen. Durch die Corona-Pandemie verzögerte sich das am Ende um rund anderthalb Jahre. Hierzulande ist von Our Ladies ohnehin nicht viel zu sehen. Mehr als eine Veröffentlichung per Video on Demand war nicht drin.

Das ist schon recht schade, da der schottische Film einiges zu bieten hat. Auf den ersten Blick sieht Our Ladies nach einem eher gewöhnlichen Coming-of-Age-Werk aus. Schließlich begleiten wir hier eine Gruppe von Jugendlichen, die so langsam dem Ende ihrer schulischen Laufbahn entgegenblicken, aber noch nicht so ganz beim Leben danach angekommen sind. Manche von ihnen haben eine Vorstellung davon, wie es in Zukunft weitergehen könnte. Klassensprecherin Kay zum Beispiel wird auf die Universität gehen, das ist bereits beschlossene Sache. Kylah hofft immer noch darauf, eine Musikkarriere zu schaffen. Andere sehen den weiteren Lebensweg in erster Linie darin, den passenden Typen zu finden. Das bleibt oft aber eher vage, die Details kommen später.

Ein Leben im jetzt

Tatsächlich ist Our Ladies ein Film, der in erster Linie im jetzt spielt. Keine der Protagonistinnen mag sich mit dem beschäftigen, was passieren wird oder passieren könnte. Auch Sorgen stehen erst einmal nicht auf dem Programm. Da wird kräftig über die Stränge geschlagen, direkt vor dem Auftritt kräftig gesoffen oder mit Wildfremden ins Bett gegangen. Und wenn die Natur anderweitig ihr Recht einfordert, wird schon mal ein Waschbecken zweckentfremdet. Da geht es dann doch primär erst einmal um die Befriedigung von Bedürfnissen. Spaß jetzt, Konsequenzen später, heißt dabei das Motto. Zumal die Geschichte ihnen dabei Recht gibt, indem zwar viel von möglichen Folgen gesprochen wird. Das Publikum bekommt davon aber nur wenig zu sehen.

Das klingt nach einer dieser pubertären Teeniekomödien, bei denen schon der Gedanke an Sex irgendwie witzig sein soll – siehe American Pie und Konsorten. Doch auch wenn es hier immer mal wieder humorvolle Momente gibt, darunter zwei spaßige Besuche bei der Polizei: Die Geschichte ist durchaus ernst. Da geht es um Klassenunterschiede, um den Kampf mit Erwartungen, um ländliche Perspektivlosigkeit oder auch Geschlechterbilder. Aber das geschieht eher nebenbei, meist in einem der Streitgespräche. Die gibt es nicht zu knapp, die jungen Frauen sind nicht unbedingt auf den Mund gefallen. Das ist manchmal anstrengend, nicht immer sympathisch, zum Teil auch nicht ganz nachzuvollziehen – der eine oder andere Konflikt wirkt dann doch etwas konstruiert.

Sehenswerter Sturm und Drang

Und doch, es ist sehenswert, wie die Protagonistinnen durch die Stadt streifen, auf der Suche nach der nächsten Bar, schicken Klamotten oder einem heißen Typen. Das liegt besonders an dem Ensemble, das Caton-Jones um sich geschart hat. Die Nachwuchsschauspielerinnen dürften dabei den wenigsten etwas sagen, sonderlich groß oder namhaft sind deren Filmografien bislang nicht. Aber es gelingt ihnen, innerhalb des vorgegebene Rahmens Akzente zu setzen und Eindruck zu hinterlassen. Our Ladies bringt sicherlich keine neuen Erkenntnisse mit sich, die meisten Situationen dürften einem auch bekannt vorkommen. Das heutzutage eher weniger gebräuchliche Setting einer katholischen Mädchenschule spielt letztendlich keine Rolle. Aber es hat doch etwas Rührendes und auch Befreiendes, wie hier die Figuren voranstürmen – selbst wenn das direkt auf einen Abgrund zu geschieht.

Credits

OT: „Our Ladies“
Land: UK
Jahr: 2019
Regie: Michael Caton-Jones
Drehbuch: Michael Caton-Jones, Alan Sharp
Vorlage: Alan Warner
Musik: Roddy Hart, Tommy Reilly
Kamera: Denis Crossan
Besetzung: Tallulah Greive, Abigail Lawrie, Rona Morison, Sally Messham, Marli Siu, Eve Austin

Trailer

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„Our Ladies“ begleitet eine Gruppe Teenagerinnen auf dem Weg in die große Stadt. Die gut gespielte Tragikomödie überzeugt dabei als Momentaufnahme, in der die Wünsche groß sind, ein Ziel aber noch nicht klar zu erkennen. Ein Schritt auf dem Weg ins Erwachsenenalter, das eine absolute Katastrophe werden kann. Aber vielleicht auch nicht.
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