Murina
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Inhalt / Kritik

Murina
„Murina“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Ihre Sommer verbringt die siebzehnjährige Julija (Gracija Filipovic) mit ihren Eltern Nela (Danica Curcic) und Ante (Leon Lucev) in einem kleinen behüteten Dorf an der kroatischen Adriaküste. Doch der paradiesische Schein des tiefblauen Wassers und der weißen Klippen trügt. Wo nur möglich, kontrolliert Patriarch Ante das Leben seiner Frau und Tochter. Als eines Tages der alte Familienfreund Javier (Cliff Curtis) auftaucht und Interesse daran andeutet, Ante das Land an der Küste zur Errichtung eines Luxushotels abzukaufen, ist Julija hin- und hergerissen.  Auf der einen Seite will sie ihre Heimat vor dem ihr fremden Investor beschützen, auf der anderen Seite lockt der charmante Javier mit einem möglichen Ausweg aus der Tyrannei ihres Vaters. Doch nicht nur Julija, sondern auch Nela und Ante scheinen ihre ganz eigene Vergangenheit mit Javier zu haben, die sie nach und nach einholt.

Auf der Suche nach sich selbst

Murina wird vollständig aus der Sicht von Julija erzählt und thematisiert damit verschiedene Motive einer klassischen Coming of Age-Erzählung. Besonders in Szenen mit ihrer Mutter Nela wird deutlich, dass Julija nach ihrer eigenen Vorstellung von Weiblichkeit sucht. Dabei fungiert die selbstbewusste Nela zum einen als natürliches Vorbild, zum anderen verzweifelt Julija daran, dass ihre Mutter sich immer wieder der rechthaberischen und aggressiven Hand ihres Mannes Ante unterordnet. Doch während Julija versucht, den traditionellen Rollenerwartungen ihres Vaters zu entkommen, muss sie schmerzlich feststellen, dass sie von vielschichtigen männlichen Machtstrukturen umgeben ist. Diese greifen zwar nicht alle so offensichtlich und restriktiv wie ihr Vater in ihr Leben ein, ihren Einfluss auf die siebzehnjährige Julija wissen sie dennoch zu nutzen.

Dazu ist Murina eine moderne Interpretation des Heimatfilms. Julija kennt nur ihr Dorf an der Adriaküste. Dort ist sie zu einer begnadeten Taucherin geworden, die morgendliche Jagd nach den namensgebenden Murina, eine seltene Delikatesse aus der Familie der Moränen, gehört fest zu ihrem Tagesablauf. Das Interesse des Investors Javier bedroht ihre Heimat und das Apartment in der Hauptstadt Zagreb, welches ihr Vater Ante von den Einnahmen aus dem Verkauf für sich und seine Familie erstehen will, ist für sie keine Option. Und dennoch fordern der charmante Javier genauso wie die jungen europäischen Touristen, die am heimischen Strand feiern, ihre Heimatverbundenheit heraus und locken sinnlich mit Geschichten aus der Ferne.

Aufregendes, sinnliches Drama

Überhaupt handelt es sich bei Murina um einen Film, in dem in fast jeder Szene Sinnlichkeit mit im Spiel ist. Einen großen Anteil daran hat das Quartett der vier Hauptdarsteller, die ihrer Emotionalität freien Raum lassen. Vor allem die beiden weiblichen Hauptdarstellerinnen Gracija Filipovic und Danica Curcic spielen, als wenn sie seit Jahren als Mutter-Tochter-Paar vor der Kamera stehen würden. Dass die männlichen Hauptdarsteller Leon Lucev und Cliff Curtis gegen die beiden selbstsicheren Frauen dennoch nicht vollständig wie Karikaturen zweier verschiedener Macho-Prototypen wirken, verhindert das intelligente Drehbuch, indem den Motivationen aller Hauptcharaktere ausreichend Raum gegeben wird. Immer wieder lässt Regisseurin Antoneta Alamat Kusijanović, die gemeinsam mit Frank Graziano das Skript für den Film geschrieben hat, Genregrenzen verschwimmen. Mit Leichtigkeit springt Murina zwischen Drama, Thriller und Romanze hin und her. Unterstützt wird Kusijanović dabei von der begnadeten Kamerafrau Hélène Louvart (Niemals selten manchmal immer, Glücklich wie Lazzaro), die die Zuschauer mit einer ganzen Palette an umwerfenden Blautönen an die Adriaküste transportiert.

Bei den Filmfestspielen in Cannes gewann Regisseurin Antoneta Alamat Kusijanović prompt die Goldene Kamera für den besten Debütfilm und kann sich nun in einer Reihe mit Vorgängern wie Jim Jarmusch oder Steve McQueen wähnen. Ein weiterer großer Name, der in Verbindung mit Murina erwähnt werden kann, ist Martin Scorsese, der als Executive Producer an der Entstehung des Films beteiligt war. Murina ist ein aufregendes, sinnliches Drama, dass das Erwachsenwerden der siebzehnjährigen Julija auf vielseitige Art thematisiert. Kusijanović schafft damit ein rundum überzeugendes Portrait, das große Vorfreude auf weitere Projekte der kroatischen Newcomerin schürt.

Credits

OT: „Murina“
Land: Kroatien, Slowenien
Jahr: 2021
Regie: Antoneta Alamat Kusijanović
Drehbuch:  Antoneta Alamat Kusijanović, Frank Graziano
Musik: Evguenie Galperine, Sacha Galperine
Kamera: Hélène Louvart
Besetzung: Gracija Filipovic, Danica Curcic, Leon Lucev

Trailer

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Während die siebzehnjährige Julija das Meer und die Klippen der Adria vor fremden Einflüssen beschützen will, locken der charmante Investor Javier und die sorgenfreien Touristen mit einem Leben in scheinbarer Freiheit. Die starken Charaktere, das vielseitige Drehbuch und wunderschöne Kamerabilder machen "Murina" zu einem ganz besonderen Coming of Age-Film.
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