Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Future Is Always Nostalgic
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Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Future Is Always Nostalgic

Inhalt / Kritik

Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Future Is Always Nostalgic
„Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Future Is Always Nostalgic“ // Deutschland-Start: 28. Oktober 2021 (Kino)

Mit der Entwicklung einfacher und vor allem billiger Kameras wurde nicht nur die Fotografie an sich revolutioniert, sondern es entstand mit dem Schnappschuss eine bis heute populäre Untergattung der Disziplin, fernab von jeglicher Inszenierung. Was zunächst noch unscharfe Aufnahmen waren, sind heute, dank der Digitalfotografie, gestochen scharfe Impressionen des öffentlichen Lebens, wobei die Idee der Inszenierung bisweilen immer noch fragwürdig bleibt. Speziell in der Amateurfotografie wird immer wieder nach einem geeigneten Winkel gesucht oder liegt dem Bild eine Interpretation oder Denkweise zugrunde, was naturgemäß den Aspekt der Spontaneität zunichtemacht. Vielleicht liegt es an derlei Entwicklungen und an der Tatsache, dass die Fotografie nun, so meinen viele, in die Hände von Amateuren gelegt wurde, dass gar der Untergang der Disziplin als Kunstform prophezeit wird, und das schon seit einigen Jahren. Für jemanden wie Daido Moriyama, einen der bedeutendsten Fotografen und Künstler Japans, stellt sich diese Frage gare nicht, sind Fortschritte, individuelle wie technologische, natürliche Aspekte der Arbeit an sich und gehören integriert. „Ich trauere gar nichts nach“, antwortet er auf die Frage, ob er eigentlich wieder zurückkehren wolle zur analogen Fotografie. Es ist ein Kapitel, mit dem Moriyama abgeschlossen hat und zu dem er nicht mehr zurückkehren will.

Bereits 1996 hatte sich TV-Produzent und Regisseur Gen Iwama an das Werk Moriyamas herangetraut. In der Dokumentation Photographer Daido Moriyama 1996: What Did the Dog On The Street See? begleitet die Kamera den Fotografen bei seinen Streifzügen durch die japanische Hauptstadt, wie er Motive sucht und wie er mit den unzähligen Aufnahmen eines Tages umgeht. Wie Iwama in Interviews beschreibt, veranlasste ihn die Nachfrage eines Gastes bei einer Talkshow, bei welcher er zugegen war, sich noch einmal mit der Regiearbeit von damals auseinanderzusetzen. Da sich die Fotografie in den letzten Jahren stark verändert hatte, genauso wie die Arbeiten Moriyamas, beschloss Iwama, eine neue Dokumentation zu drehen, welche sich dieses Mal nicht nur mit dem Schaffen des großen Künstlers befassen sollte, sondern zugleich eine Art Abriss der Entwicklungen der Fotografie darstellt und wie diese das Arbeiten Moriyamas verändert haben. Herausgekommen ist dabei Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Present Is Always Nostalgic, ein Film über die Arbeitsweise und die Philosophie des Fotografen, der in Deutschland am 28. Oktober 2021 in den Kinos anläuft.

Wie man einen Künstler seziert

Generell verfolgt Regisseur Gen Iwama in Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Present Is Always Nostalgic gleich mehrere Erzählstränge, wenn man diese so nennen will. Zum einen begleitet er mit seiner Kamera, wie schon bei seiner Dokumentation von 1996, den mittlerweile 80-jährigen Moriyama bei seinen Spaziergängen durch die Stadt, wobei es ihm vor allem das Viertel Shibuya angetan hat. Auch wenn er, wie er während einer Autofahrt zugeben muss, es nicht unbedingt mag, fühlt er sich doch immer wieder wie zu Hause, wenn er durch die Gassen des Viertels geht. Egal, wohin es ihn verschlägt, Moriyama trägt stets seine Fotokamera mit sich, die er zückt und deren Auslöser er scheinbar ohne groß nachzudenken betätigt. Nicht nur Impressionen des Alltags fängt er ein, von einem Schulmädchen auf dem Nachhauseweg oder einigen Angestellten bei einem Straßenübergang, sondern auch das besondere Lokalkolorit eines Ortes wie Shibuya, die zahlreichen Bars und die Strip-Klubs. Unterbrochen von Gesprächen mit Moriyama über seine Arbeitsweise, seine Freundschaft mit Takuma Nakahira, ebenfalls Fotograf und Wegbegleiter Moriyamas, sowie seine Beziehung zu Tokio, erhält Iwamas Zuschauer einer Einblick in den Denkprozess des Künstlers und wie sich seine Herangehensweise an die Fotografie über Jahre hinweg aus verschiedene weise herauskristallisiert und verändert hat.

Einen genauso wichtigen Anteil an dieser eben besprochenen Wirkung hat auch der zweite Aspekt von  Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Present Is Always Nostalgic. Hier geht es nicht mehr nur alleine um den Fotografen, sondern um einen Verleger und einen Grafiker, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, anlässlich des 50-jährigen Jubiläums von Moriyamas längst vergriffenem Fotoband Japan. A Photo Theater diesen neu aufzulegen und bei der Paris Photo 2019 zu präsentieren. Die zahlreichen Interviews über die Aufnahmen aus dem Band, von Moriyama ironisch als Prozess der Sezierung bezeichnet, erzählen von den Hintergründen einzelner Aufnahmen, die in Iwamas Film immer wieder aufblitzen. Dann sind diese auch Begegnungen mit einem jüngeren Moriyama, der sich noch entwickeln muss, der über die Fotografie an sich grübelt und der letztlich zu einem neuen Künstler und Menschen wird.

Credits

OT: „The Past Is Always New, The Future Is Always Nostalgic: Photographer Daido Moriyama“
Land: Japan
Jahr: 2019
Regie: Gen Iwama
Drehbuch: Gen Iwama
Musik: Kazunori Miyake
Kamera: Gen Iwama

Bilder

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"Daido Moriyama – The Past Is Always New, The Present Is Always Nostalgic" ist eine hochinteressante Dokumentation über einen bedeutenden Künstler. Gen Iwama nähert sich dem Werk und der Lebensgeschichte Daido Moriyamas über die Arbeit an der Neuausgabe seines ersten Fotobandes an und gibt dem Zuschauer Einblick in die Arbeitsweise wie auch die wichtigen Lebensstationen des Fotografen.
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