
Kesse (Pascale Numan) liebt das Skaten ebenso wie May (Sira-Anna Faal), die beiden sind seit Kurzem ein Paar. Doch das Glück nimmt ein vorzeitiges Ende, als Kesse in einem hitzigen Moment Mays jüngeren Bruder Pepe (Lasse Berg) von einer Mauer schubst und er in den Tod stürzt. Seither will May nichts mehr von Kesse wissen, zu groß ist die Trauer von ihr und ihrer Mutter Sheila (Melika Foroutan). Aber auch Kesse fällt in ein Loch, kommt mit den Schuldgefühlen nicht klar. Ebenso hart ist es, nicht mehr zu der Skatergruppe dazu zu gehören, die das ein und alles war …
Skaten als Identifikationsmittel
Skaten wird in Filmen immer mal wieder als Identifikationsmittel von jungen Menschen verwendet. Mid90s und Dìdi sind sehenswerte Coming-of-Age-Werke, bei denen sich jeweils Jungs selbst verwirklichen bzw. suchen, die Clique wird zu einer Möglichkeit, einen Platz in dieser Welt zu finden. Mit Die feige Schönheit kommt nun ein deutscher Film, der ebenfalls in diesem Bereich spielt. Zwar sind die meisten Figuren dort schon älter, eigentlich nicht mehr in dem Bereich, der für Coming of Age eine Rolle spielt. Und doch gibt es eine Reihe von Parallelen, wenn die Frage der eigenen Identität immer wieder angesprochen wird. Gerade bei Kesse ist das ein großes Thema, bei den anderen schwingt das zumindest am Rand immer wieder mit.
Das fängt schon mit dem Geschlecht der Hauptfigur an, die sich als non-binär identifiziert, biologisch eine Frau war vor der Operation. Die feige Schönheit ist allerdings kein Thesenfilm, der sich stärker mit der Geschlechterfrage auseinandersetzt. Ein wenig wird das durch Mays jüngeren Bruder Pepe aufgegriffen, der Kesse mit dem Thema aufzieht. Ansonsten schert man sich aber kaum darum, ob Kesse nun Mann, Frau oder etwas anderes ist. Dazu passt auch, dass man sich bei der VUM Skatecrew, der einige aus dem Ensemble entnommen wurden, als queer femme Skatecrew identifiziert, eine Art Gegenentwurf zu der nach wie vor von heterosexuellen Männern dominierten Skaterszene. Dennoch, das läuft eher etwas nebenher, ist nicht das eigentliche Thema des Films. Für die meisten ist das alles Alltag.
Seltsam nichtssagend
Stärker beleuchtet wird das Thema Schuld. Schließlich hat Kesse den jüngeren Bruder in den Tod gestürzt, ob es absichtlich, versehentlich oder unbewusst war. Wie geht man damit um, einem Menschen das Leben genommen zu haben? Zumal dieser Mensch auch noch die Familie der eigenen Partnerin war. Das ist prinzipiell schon ein dankbares Thema, wird aber kaum vertieft. Während die Trauer von May und ihrer Mutter immer wieder aufgezeigt wird, wird bis zum Schluss kaum klar, was eigentlich in Kesse vor sich geht. Klar, man muss das nicht unbedingt immer bis ins letzte Detail ausformulieren. Wenn das Licht zerbricht zeigte kürzlich auf wunderbar wortlose Weise, wie Menschen mit dem Tod eines geliebten Menschen kämpfen. Bei Die feige Schönheit geschieht aber so wenig, dass es frustrierend werden kann.
Allgemein arbeitet das Drama, das bei den Hofer Filmtagen 2024 lief, mit viel Mut zur Lücke. Die feige Schönheit bleibt an vielen Stellen auf Distanz, gibt zu wenig Einblick und lässt alles Mögliche offen. Das führt dazu, dass man nicht weiß, was von Kesse zu halten ist. Sympathisch ist die Figur nicht, gerade die Unfähigkeit einer Entschuldigung kostet Sympathiepunkte. Die Hauptfigur hat aber auch anderweitig nicht genug zu bieten, ist nicht nur ein Fremdkörper in der Clique, sondern im Film insgesamt. Auf diese Weise weiß man irgendwann gar nicht mehr, was man hier eigentlich sagen will. Zum Ende hin kommt es zwar zu einer Annäherung. Das geschieht aber auf eine Weise, die eher weitere Fragen provoziert, als dass man zu nennenswerten Erkenntnissen kommt. Trotz vereinzelt vielversprechender Ansätze ist das Ergebnis seltsam nichtssagend geworden.
OT: „Die feige Schönheit“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Moritz Krämer
Drehbuch: Saskia Benter Ortega
Musik: Moritz Krämer
Kamera: Greta Isabella Conte
Besetzung: Pascale Numan, Sira-Anna Faal, Lea Meny, Melika Nazari, Marine Bourdais, Ludwig Schubert, Max Hubacher, Melika Foroutan
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